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Unter alten Börsenfüchsen ist es kein Geheimnis, dass die Baissiers das schwierigere Los als die Haussiers haben. Anders als die Haussiers müssen die Baissiers den richtigen Zeitpunkt abwarten. Erwischen sie diesen, dann schenkt es für sie so richtig ein.

Allerdings dürften die letzten Wochen bei den Baissiers als rabenschwarze in die Geschichte eingehen. Denn auch am Schweizer Aktienmarkt ist eine regelrechte Hetzjagd nach zurückgebliebenen Aktien entbrannt. In der Folge geraten die Baissiers bei immer neuen Unternehmen in Erklärungsnot, was sich vielmals in geradezu spektakulären Kurssprüngen entlädt.

Selbst negative Nachrichten sorgen nicht mehr zwingend für Wasser auf die Mühlen der Baissiers. Obschon SGS gestern mit einem deutlich schwächer als erwarteten Jahresergebnis und auch gleich noch mit einem vorsichtigen und erst noch wenig aussagekräftigen Ausblick für das laufende Jahr aufwartete, kamen die Namenaktien des Genfer Warenprüfunternehmens in den Genuss eines beeindruckenden Kursfeuerwerks. Denn schon seit Wochen hatte man sich am Markt auf eine ernüchternde Ergebnisveröffentlichung eingestellt und sich entsprechend positioniert. Bis vor wenigen Tagen war der Genfer Warenprüfkonzern mit rund 4 Prozent aller ausstehenden Aktien denn auch das im Swiss Market Index berücksichtigte Unternehmen mit den höchsten Baisseengagements.

Für einen Lichtblick für die Baissiers sorgte gestern ABB. Nur wenige Woche vor der ordentlichen Ergebnisveröffentlichung von Mitte Februar sah sich der in Zürich beheimatete Industriekonzern zu einer Gewinnwarnung veranlasst. Die fadenscheinige Begründung der Firmenverantwortlichen reichte dem Markt nicht aus , weshalb die Namenaktien aufgrund von Abgaben aus dem angelsächsischen Raum auf Tauchstation gingen. So richtig Freude wollte im Lager der Baissiers dennoch nicht aufkommen, liegen die Wetten auf rückläufige Kursnotierungen doch bei gerademal 0,66 Prozent der ausstehenden Aktien.

Kapituliert haben die Baissiers über die letzten Monate vor allem bei den zuvor rege leerverkauften Namenaktien von Nobel Biocare und Straumann. Nachdem der privat gehaltene US-Medizinaltechnikkonzern Biomet im Geschäft mit Dentalimplantaten mit überraschend starken Quartalsumsatzzahlen aufwarten konnte, mussten die Marktteilnehmer auch bei den beiden Marktführern über ihre Bücher. Nur so lässt sich erklären, weshalb sich die Wetten auf tiefere Kurse bei den Papieren der beiden Hersteller von Premiumimplantaten seit Mitte September mehr als halbiert haben. Im Fall von Straumann liegen sie aktuell bei 9,27 Prozent aller ausstehenden Aktien, bei Nobel Biocare sogar nur noch bei 2,53 Prozent.

Noch deutlicher gestaltet sich die Situation bei den Namenaktien von Lonza. Obschon die Baisseengagements bereits im vergangenen Jahr deutlich reduziert wurden, sind sie in den letzten Wochen von 4,52 auf vernachlässigbare 1,03 Prozent der ausstehenden Aktien geschmolzen. Damit haben CEO Richard Ridinger und sein Arbeitgeber von den Märkten einiges an Vorschusslorbeeren erhalten. Beide stehen nun in der Pflicht, ihre in der Vergangenheit gemachten Versprechen einzuhalten.

Ähnliches gilt übrigens auch für die Credit Suisse. Noch bis vor kurzem galten die Namenaktien der Schweizer Grossbank als die am stärksten leerverkauften Bankaktien in ganz Europa. Diesem Ruf werden sie allerdings nicht mehr länger gerecht, betragen die Baisseengagements mittlerweile doch nur noch 0,5 Prozent aller ausstehenden Aktien. In Spitzenzeiten waren es über 7,5 Prozent. Nach der Gewinnwarnung bei der Deutschen Bank wird sich allerdings zeigen müssen, ob das Anfang Februar zur Veröffentlichung anstehende Jahresergebnis überzeugen kann.

Ein solides Jahresergebnis wird hingegen bei Adecco erwartet. Zumindest legt die Geschäftsentwicklung bei anderen europäischen Mitbewerbern ein solches nahe. Gleichzeitig betrat der Westschweizer Stellenvermittler im vergangenen Jahr Neuland und platzierte eine Anleihe, um damit ein umfangreiches Aktienrückkaufprogramm zu finanzieren. Mit diesem Vorstoss verwies das Unternehmen die Baissiers in die Schranken. Dies spiegelt sich auch in den bei gerademal 0,5 Prozent der ausstehenden Aktien liegenden Baisseengagements wider.

Und auch bei den Namenaktien von Swiss Life haben die Baissiers nichts zu Lachen. Die Hoffnung auf eine grosszügigere Dividendenpolitik liessen die Papiere des in Zürich beheimateten Lebensversicherungskonzerns still und leise in die Nähe von 200 Franken klettern. Die Baissiers warfen in den letzten Wochen nach und nach ihr Handtuch, was ihre Engagements auf 0,54 Prozent aller ausstehenden Aktien dahin schmelzen liess.

Und doch gibt es sie noch, die letzten Bastionen der Baissiers. Und zwar in Form der Namenaktien von Logitech und Meyer Burger.

Mehrere Ergebnisüberraschungen in Folge bescherten den Papieren von Logitech in den letzten Monaten einen regelrechten Höhenflug, was sich für die Baissiers als sehr schmerzhaft erwies. Die Aussicht auf ein solides Weihnachtsgeschäft liess die Baisseengagements seit Mitte September von 13 auf 7,62 Prozent zurückfallen. Vorübergehend legen sie sogar bei nur 4 Prozent. Es macht ganz den Anschein, als sei sich der Markt nicht mehr ganz so sicher, ob der Westschweizer Peripheriegerätehersteller auch wirklich ein überzeugendes Quartalsergebnis vorlegen wird. Deshalb haben die Baissiers hier eher wieder Auftrieb.

Und bei den Papieren von Meyer Burger wurden die Baisseengagements gegenüber Mitte September sogar leicht von 11,4 auf 11,7 Prozent ausgebaut. Diese Entwicklung steht im Widerspruch zum Höhenflug des Aktienkurses. Vermutlich ist die allgemeine Skepsis auf die mittlerweile atemberaubende Bewertung des im bernischen Gwatt niedergelassenen Solarzulieferunternehmens zurückzuführen. Denn diese nimmt jetzt schon mehr als eine Vervierfachung des letztjährigen Umsatzes vorweg.

Für gewöhnlich sind die Baisseengagements ein zuverlässiger Gegenindikator. Das heisst: Bei stark leerverkauften Aktien laufen die Baissiers Gefahr, ihre Haltung früher oder später wieder zu überdenken und Deckungskäufe tätigen zu müssen. Im Gegenzug deuten geringe Baisseengagements auf eine gewisse Sorglosigkeit und auf mögliches Enttäuschungspotenzial hin. Für den Schweizer Aktienmarkt als solches ist die in den letzten Wochen und Monaten beobachtete Kapitulation der Baissiers deshalb nicht unbedingt ein Zeichen der Stärke.