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Alle Jahre wieder stellt sich Anlegerinnen und Anlegern im Mai stets dieselbe Frage: Lohnt es sich, auf die Sommerflaute hin bei Aktien auszusteigen – in der Hoffnung sich später wieder günstiger einzukaufen?
Dieser Überlegung liegt eine alte Börsenregel aus dem angelsächsischen Raum zugrunde, welche da lautet: "Sell in May and go away – but remember to come back in September."
In dortigen Börsenkreisen ist diese Regel nicht über jeden Zweifel erhaben. Je nachdem, welchen Betrachtungszeitraum man zugrunde legt, schneidet die New Yorker Börse in den Sommermonaten nämlich gar nicht mal so schlecht ab. Da macht es gar keinen grossen Unterschied, ob man nun den breit gefassten S&P 500 Index oder den technologielastigen Nasdaq 100 Index als Berechnungsgrundlage hinzuzieht.
Neugierig wie ich bin, habe ich mich mal ein bisschen schlau gemacht, wie es denn nun eigentlich am Schweizer Aktienmarkt ausschaut – mit einem ziemlich überraschenden Ergebnis. Im Wissen, dass Dividendenzahlungen auf lange Sicht einen massgeblichen Beitrag zum Gesamterfolg von Aktien beisteuern, habe ich mich für meine Berechnungen für den Swiss Market Index mit Dividenden-Korrektur (SMIC) entschieden. Schliesslich entrichten hierzulande nicht eben wenige Unternehmen ihre Dividende in den Monaten März und April.
Entwicklung des SMI mit Dividenden-Korrektur über die letzten zehn Jahre (Quelle: www.cash.ch)
Seit 2006 – sprich in den vergangenen 15 Jahren - legte der SMIC zwischen Ende April und Ende September durchschnittlich jeweils um 1,25 Prozent zu, wie meine Berechnungen zeigen. Das mutet tatsächlich eher etwas mager an, zumal sich für die übrigen Monate ein durchschnittliches Plus von 5,04 Prozent ermitteln lässt.
Wertvolle Punkte kostete das Börsenbarometer die Jahre vor und nach der Finanzkrise. 2007 kam es in den Monaten Juli und August zu einem empfindlichen Kursrückschlag, im Jahr darauf hingegen schon im Juni. Doch auch in den Jahren 2010, 2011 und 2015 hatte der Schweizer Aktienmarkt im Sommer Rücksetzer zu beklagen – und nicht nur dieser.
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Deswegen nun im Mai auszusteigen, nur um sich im September wieder bei Aktien einzukaufen, macht dennoch kaum Sinn. Zum einen ist ein ideales Timing an der Börse immer so eine Sache. Kaum jemandem gelingt es auf Dauer, stets zu Höchstkursen zu verkaufen und dann zu Tiefstkursen wieder einzusteigen. Zum anderen wären da auch noch die Gebühren. Wie pflegte die die verstorbene Anlegerlegende André Kostolany doch stets zu sagen: "Hin und her macht Taschen leer."
Wichtig erscheint mir aber die Erkenntnis, dass man als Anlegerin und Anleger von Anfang Oktober bis Ende April unbedingt dabei sein soll und ansonsten Gefahr läuft, die beste (Börsen-)Zeit des Jahres zu verpassen...
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Mitte März machten Berichte die Runde, wonach die Capital Group ihre Beteiligung an der Versandapotheke Zur Rose kräftig ausgebaut habe. Und tatsächlich gab sich der amerikanische Fondsriese zeitnah als Käufer von Aktien zu erkennen, nachdem er den Schwellenwert von 5 Prozent der Stimmen überschritten hatte. Gegenüber den im September zuvor gemeldeten 3 Prozent entspricht das einer deutlichen Beteiligungserhöhung.
Doch die Freude bei den nicht gerade erfolgsverwöhnten Aktionärinnen und Aktionäre der Versandapotheke sollte nicht lange währen. Vor etwas mehr als einer Woche wurde der Schwellenwert von 5 Prozent bereits wieder unterschritten. Nun trennte sich die Capital Group von weiteren Aktien – womit der Stimmenanteil sogar unter die 3 Prozent fällt.
Der Kurs der Zur-Rose-Aktien fällt wieder auf unter 100 Franken (Quelle: www.cash.ch)
Mit anderen Worten: Der mysteriöse Verkäufer von Aktien hat bei Zur Rose endlich einen Namen. Über die Gründe für das überraschend kurze Gastspiel der Amerikaner im Grossaktionariat der Versandapotheke und für die rasante Beteiligungsreduktion lässt sich bloss mutmassen. Beides könnte damit zu tun haben, dass sich der Deutsche Ärzteverband jüngst in die Diskussion um die Einführung elektronischer Medikamentenrezepte eingeschaltet hat und auf eine gemächlichere Gangart pocht.
Nicht nur dieser Widerstand aus den eigenen Reihen, auch die überraschende Beteiligungsreduktion durch den amerikanischen Fondsriesen dürfte wie Musik in den Ohren der zahlreichen Leerverkäufer klingen. Zur Erinnerung: Der Beratungsfirma IHS Markit zufolge spekulierten diese Ende April mit nicht weniger als 21,5 Prozent aller ausstehenden Aktien auf rückläufige Kurse. Das ist viel - selbst im Wissen, dass es sich bei einem Drittel davon wohl um Absicherungstransaktionen von Wandelanleihegläubigern handelt.
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