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Die Aktionärinnen und Aktionäre von Zurich Insurance gelten als erfolgsverwöhnt. Das mag einerseits mit dem beeindruckenden Leistungsausweis der Versicherungsgruppe unter Firmenchef Mario Greco, andererseits aber auch mit der grosszügigen Ausschüttungspolitik zu tun haben. Kommt hinzu, dass die dividendenstarken Aktien im anspruchsvollen Börsenjahr 2022 bei jenen aus dem Swiss Market Index (SMI) die Goldmedaille holten.
In den letzten Wochen bot sich den Anteilseignern jedoch ein ungewohntes Bild: Mit einer leicht negativen Kursbilanz seit Januar zählen die Valoren momentan zu den diesjährigen SMI-Schlusslichtern.
Anders als dies zu erwarten wäre, hält der für die UBS tätige Versicherungsanalyst Will Hardcastle die unterkühlte Reaktion der Börse auf das Jahresergebnis zwar für gerechtfertigt. Allerdings preist er die Aktien von Zurich Insurance jetzt erst recht mit "Buy" zum Kauf an – wenn auch mit einem etwas reduzierten 12-Monats-Kursziel von 544 (zuvor 574) Franken.
Kursentwicklung der Zurich-Aktien seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)
Seine Schlüsselbotschaft: Zieht man die bankeigenen Schätzungen hinzu, sind die Papiere der Versicherungsgruppe am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) gemessen so günstig zu haben wie seit nahezu drei Jahren nicht mehr. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Schätzungen Hardcastles für den operativen Gewinn (BOP) um durchschnittlich zehn Prozent über den durchschnittlichen Markterwartungen liegen.
Sogar noch schlechter als die Zurich-Aktien schneiden – mit einem Minus von gut fünf Prozent - jene von Novartis ab. Mit 4 Milliarden Dollar lag der operative Jahresgewinn (EBIT) zwar etwas über den von Analysten durchschnittlich erwarteten 3,8 Milliarden Dollar. Mit einmaligen Erlösminderungen beim Schuppenflechtenmittel Cosentyx hatte man dann aber schnell ein Haar in der Suppe gefunden.
Zudem wurde der Pharmakonzern an der Börse für seine vermeintliche Zurückhaltung bei den diesjährigen Gewinnvorgaben abgestraft. Er strebt ein Wachstum beim operativen Kerngewinn im mittleren einstelligen Prozentbereich an. Viele Analysten waren sogar von einer Steigerung im mittleren bis hohen einstelligen Bereich ausgegangen. Ich benutze den Betriff "vermeintlich" ganz bewusst, lässt sich die Differenz doch erklären, dass der höhere operative Kerngewinn aus dem vergangenen Jahr zu einer höheren Vergleichsbasis führt. Ungeachtet davon wurden die Aktien der Basler Pharmagruppe mit Kursverlusten abgestraft.
Kursentwicklung der Novartis-Aktien in den vergangenen Tagen (Quelle: www.cash.ch)
In den letzten Tagen gerieten die Valoren im Zuge eines durchwachsenen Zahlenkranzes beim Nahrungsmittelmulti Nestlé gleich nochmals unter die Räder. Nachdem auch das dritte Schwergewicht enttäuscht habe, sei es bei den SMI-Futures zu Verkäufen gekommen. So wird mir zumindest aus den Handelsräumen hiesiger Banken berichtet.
Für Peter Welford von Jefferies sind die jüngsten Kursverluste schlichtweg nicht nachvollziehbar. Nach einer Road-Show mit Novartis-Chef Vasant Narasimhan vor Investoren bekräftigt der bekannte Pharmaanalyst sowohl seine Kaufempfehlung als auch das Kursziel von 100 Franken.
Welford zufolge ist der erfolgreiche Markteintritt wichtiger zukünftiger Wachstumstreiber wie Pluvicto, Scremblix oder Kesimpta völlig ignoriert worden. In Erwartung weiterer guter Neuigkeiten aus der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Basler liegt er mit seinen Gewinnschätzungen für die kommenden Jahre um bis zu sechs Prozent über den durchschnittlichen Annahmen seiner Berufskollegen bei anderen Banken.
Die Aktionärinnen und Aktionäre von Zurich Insurance und Novartis kommen momentan übrigens aus ein und denselben Gründen auf keinen grünen Zweig: Da wären zum einen die Kursgewinne im ansonsten verlustreichen Börsenjahr 2022 und zum anderen die Widerstandsfähigkeit der Geschäftsmodelle, welche angesichts der beinahe schon euphorischen Börsenstimmung völlig ungefragt sind...
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