Nur noch wenige Tage, und der Negativzins in der Schweiz ist Geschichte. Am Donnerstag dieser Woche wird die Schweizerische Nationalbank aller Voraussicht nach den Leitzins auf 0,25 oder gar 0,5 Prozent anheben.  

Andere Notenbanken, vor allem die Fed in den USA und die Europäische Zentralbank (EZB) der Eurozone, haben die Zinsen bereits stärker heraufgeschraubt. Bei den Schweizer Hypothekarzinsen hat sich der weltweite Zinsanstieg über die vergangenen Monate deutlich ausgewirkt. Durchschnittlich liegt die Verzinsung für Eigenheimkredite wieder auf dem Level von 2011. Und es kann leicht noch höher gehen (cash.ch berichtete). 

Während die Banken bei den Hypotheken profitieren, gilt dies für normale Bankkundinnen und -kunden nicht. Bei den Sparkonten der meisten Leute in der Schweiz ist die Verzinsung derzeit so gut wie nicht existent. 

«Banken reagieren bei Sparzinsen langsam»

"Anfang Oktober werden wir sehen, wie die Banken bei den Sparkonten auf die Zinsschritte der Nationalbank reagieren", sagt Benjamin Manz, Geschäftsführer des Finanzprodukte-Vergleichsportals Moneyland. Er erwartet allerdings nur bei wenigen Anbietern höhere Zinsen, wie er im Gespräch mit cash.ch sagt. "Die Banken reagieren hier erfahrungsgemäss langsam. Dies gilt übrigens nicht nur für Sparkonten, sondern auch Säule-3a-Konten."

Bei Finanzdienstleistern wie der Caisse d'Epargne d'Aubonne oder bei der WIR Bank sind auf Sparkonten Zinsen von 0,4 Prozent möglich. Bei grossen Anbietern wie Raiffeisen, der Migros Bank, Cler, diversen Kantonal- und Regionalbanken, Credit Suisse oder UBS liegen die Verzinsungen unter 0,05 Prozent - wobei berücksichtigt werden muss, dass je nach gewähltem Konto und einbezahltem Betrag auch bei derselben Bank unterschiedliche Verzinsungen angeboten werden. 

3-jährige Kassenobligationen mit über 1 Prozent Zins

Klar gestiegen sind die Zinsen bei den Kassenobligationen. Diese Spar- und Anlageform, bekannt von der stark sicherheitsorientierten Generation der Grosseltern, hat unter der Niedrig- und Negativzins-Phase des vergangenen Jahrzehnts gelitten. Doch nun werden sie wieder interessant, und zwar für all jene, die nicht das ganze Vermögen an den Finanzmärkten anlegen wollen und die gewisse Beträge für einige Zeit "parkieren" können. 

Noch vor einem Jahr waren die Zinsen auf Kassenobligationen gleich wie bei Sparkonten mickrig und lagen selbst für lange Laufzeiten weit unter 1 Prozent. Empfohlen wurden Kassenobligationen denn auch vor allem zur Vermeidung von Negativzinsen. Derzeit hingegen entrichtet die Cembra Money Bank, die in den vergangenen Jahren stets die höchsten Zinssätze im Markt ausgeschrieben hat, für eine Kassenobligation mit drei Jahren Laufzeit bereits wieder 1,25 Prozent.  

Höchste Zinssätze für Kassenobligationen nach Laufzeiten

2 Jahre 3 Jahre 5 Jahre
Cembra
0,8 Prozent
Cembra
1,25 Prozent
Cembra
2 Prozent
Bank WIR
0,7 Prozent
Bank WIR
0,8 Prozent
Bank BSU
1,1 Prozent
Raiffeisen
0,6 Prozent
Raiffeisen
0,7 Prozent
Caisse d'Epargne
d'Aubonne (CEA)
1 Prozent
Banca Popolare
di Sondrio
0,45 Prozent
Caisse d'Epargne
d'Aubonne (CEA)
0,7 Prozent
Bank WIR
1,1 Prozent
Zürcher
Kantonalbank*
0,5 Prozent
Banca Popolare
di Sondrio
0,55 Prozent
Raiffeisen
0,9 Prozent
Bank Linth
0,5 Prozent
Zürcher
Kantonalbank*
0,55 Prozent
Banca Popolare
di Sondrio
0,75 Prozent

Daten: Moneyland / Stand: September 2022 / *Die Zürcher Kantonalbank hat die Sätze nach eigenen Angaben inzwischen geändert: 2 Jahre: 0,65 Prozent; 3 Jahre: 0,7 Prozent.

Sparerinnen und Sparer müssen eine Abwägung treffen, denn Geld, das in Kassenobligationen angelegt ist, ist über die Laufzeit gesperrt und der Zinssatz ändert sich nicht. Dafür unterliegen sie nicht wie Staats- oder Unternehmensanleihen Kursschwankungen. Sie fallen auch unter den Einlagenschutz für Schweizer Banken. Kassenobligationen gibt es in der Regel mit Laufzeiten bis acht Jahre und mit der Laufzeit steigt der Zinssatz. Bei Kassenobligationen mit längerer Laufzeit, für die es derzeit bis zu 2 Prozent Zins gibt, sind die Zinswahrscheinlichkeiten gegenüber dem Bankkonto schwieriger abzuschätzen.

Wenn die Bankkonten aber über eine kurze Laufzeit von drei Jahre hinweg im Schnitt weniger gut verzinst sein werden als eine Kassenobligationen, ist Geld in letzterer mit höherer Rendite angelegt. Aus Expertensicht ist diese Konstellation derzeit gegeben: "Kassenobligationen mit kurzfristigen Laufzeiten kann man im Moment guten Gewissens empfehlen: Voraussichtlich erhält man etwas mehr Zins als auf einem Sparkonto", sagt Moneyland-CEO Manz. Und für den Fall, dass die Zinsen noch deutlich steigen würden, werde man mit einer zwei- oder dreijährigen Kassenobligation nicht allzu viel verlieren.

CME FedWatch Tool: Zinsniveau-Wahrscheinlichkeiten bei Fed-Sitzungen (Basispunkte)

Datum 275-300 300-325 325-350 350-375 375-400 400-425 425-450 450-475 475-500 500-525
21.09.2022 0,0% 80,0% 20,0% 0,0%            
02.11.2022 0,0% 0,0% 0,0% 24,6% 61,6% 13,9% 0,0% 0,0% 0,0%  
14.12.2022 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 7,0% 35,0% 48,1% 9,9% 0,0% 0,0%
01.02.2023 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 3,4% 20,9% 41,5% 29,2% 5,0% 0,0%
15.03.2023 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 1,8% 12,8% 31,9% 34,9% 16,3% 2,3%
03.05.2023 0,0% 0,0% 0,0% 0,2% 2,9% 14,6% 32,2% 33,1% 14,9% 2,1%
14.06.2023 0,0% 0,0% 0,0% 0,5% 4,4% 16,9% 32,3% 30,8% 13,3% 1,8%
26.07.2023 0,0% 0,0% 0,2% 1,6% 8,0% 21,3% 31,9% 25,8% 10,0% 1,3%
20.09.2023 0,0% 0,1% 0,8% 4,2% 13,3% 25,5% 29,4% 19,5% 6,5% 0,8%
01.11.2023 0,0% 0,3% 2,0% 7,4% 17,6% 26,9% 25,9% 14,9% 4,5% 0,5%
13.12.2023 0,2% 1,2% 4,8% 12,7% 22,4% 26,4% 20,2% 9,5% 2,4% 0,2%

Darstellung und Quelle: CME Group

Derzeit öffnet sich für die kürzeren Laufzeiten also ein "window of opportunity", um mit Schuldverschreibungen mehr fürs Geld zu bekommen. Dies umso mehr, sollte der Wind in der Geldpolitik mit der Zeit wieder drehen. Dass die Zinsen über längere Zeit stramm nach oben gehen, ist mitnichten in Stein gemeisselt. Das "FedWatch Tool" der Derivatbörse CME Group auf Basis von Fed Fund Futures deutet an, dass in der zweiten Hälfte 2023 die Zinsen der amerikanischen Notenbank sinken könnten. 

Abhängig ist dies von den Inflationszahlen sowie den ökonomischen Einschätzungen der Notenbanken. Seit sich der Zinserhöhungszug in der zweiten Hälfte 2021 in Bewegung gesetzt hat, haben die Notenbanken die Zinsen in manchen Fällen nur widerwillig angehoben. Aus Angst um die Konjunktur und vor allem unter der Last sehr hoher Staatsverschuldungen hängen nicht wenige geldpolitische Trendsetter nach wie vor an der Tiefzinspolitik. Respektive, sie möchten bald zu einer solchen zurückkehren.