Der März war einer der stressigsten Monate für das globale Finanzsystem seit der globalen Finanzkrise von 2008. Was mit einem Ansturm auf eine regionale US-Bank (SVB) begann, die aufgrund einer aggressiven Zinswette das Vertrauen der Sparer verloren hatte, griff schnell auf andere mittelgrosse US-Banken über (First Republic Bank, Signature Bank) und gipfelte schliesslich in der staatlich orchestrierten Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. Seitdem haben sich die Märkte etwas beruhigt, und der Volatilitätsindex VIX notiert unter dem Stand von Ende Februar. Die Belastung des Bankensektors hat die Zentralbanken weltweit in eine Zwickmühle gebracht. Einerseits könnte ein Eingeständnis von Liquiditätsproblemen bei Banken und eine Pause bei der Straffung der Geldpolitik den Inflationsdruck verschärfen und als mangelndes Vertrauen in das Finanzsystem interpretiert werden. Andererseits kann eine übermässige Straffung zusätzlichen Stress verursachen, da sich Banken und Unternehmen zu höheren Zinssätzen refinanzieren müssen, was schliesslich eine Rezession auslösen könnte. Die EZB hielt vorerst an ihrem Kurs fest und hob den Leitzins um 50 Basispunkte an, während sich die Fed für einen Kompromiss von 25 Basispunkten entschied. Der S&P 500 und der Eurostoxx-50 schlossen den Monat leicht im Plus.
Die Beunruhigung über die finanzielle Gesundheit des Bankensektors griff auf die Kryptomärkte über. Bitcoin erlitt inmitten der SVB-Turbulenzen erhebliche Verluste, um sich dann um ca. 40 Prozent zu erholen und den Monat mit einem deutlichen Plus von 20 Prozent abzuschliessen. Es scheint, dass die Ängste um den Bankensektor das Wertversprechen von Bitcoin als Inflations- und Makroabsicherung wiederbelebt haben. Darüber hinaus sind niedrigere reale Renditen und die Erwartung von Zinssenkungen in den USA für den Kryptomarkt netto positiv zu werten. Neben den hohen Kursgewinnen ist die allmähliche Entkopplung zwischen Kryptowährungen und traditionellen Märkten hervorzuheben. Seit Anfang März liegt die 30-Tage Korrelation zwischen Bitcoin und dem S&P500-Index unter null. Geringere Korrelationen zu traditionellen Anlagen machen Kryptowährungen wieder attraktiver als Beimischung in einem Multi-Asset-Portfolio.
Die Schliessung der Krypto-freundlichen Signature-Bank ist ein Verlust für den Kryptomarkt. Signature wurde neben der ebenfalls liquidierten Silvergate-Bank von weiten Teilen des Krypto-Ökosystems als Fiat-Zugang verwendet. Im Zuge der Schliessung der Bank wurden Stimmen laut, dass die Bank vom Regulator spezifisch wegen ihren Beziehungen zu Krypto-Firmen ins Visier genommen wurde. Gut möglich, dass Krypto-Firmen nun vermehrt nach alternativen Bank-Partnern jenseits des Atlantiks Ausschau halten. So haben wir vonseiten der SEBA-Bank in den vergangenen Wochen vermehrt Anfragen von Krypto-Firmen erhalten. Das regulatorische Durchgreifen könnte auch zu innovativen "On-Chain-Lösungen" führen, die das traditionelle Finanz-System gänzlich umgehen.
Obwohl das aktuelle Bankensystem unter Basel-III robuster ist als vor 15 Jahren, haben die jüngsten Ereignisse offenbart, dass kein System vor Bank-Runs gefeilt ist. Die Transformation von kurzfristigen Verbindlichkeiten in längerfristige Aktiven ist für die meisten Banken in der Natur des Geschäfts. Damit sind die meisten Institute zumindest in der Theorie anfällig auf Bank-Runs. Die Credit Suisse musste als systemische globale Bank höhere Eigenkapitalanforderungen erfüllen als dies die meisten anderen Banken müssen. Die Psychologie eines Bank-Runs impliziert, dass ein eigentlich irrationaler Ansturm auf eine Bank für den einzelnen Investor ab einem gewissen Zeitpunkt rational wird. Im Zeitalter von sozialen Medien können Gerüchte und Vertrauensverluste eine Eigendynamik erreichen, die sogar Grössen der Industrie in die Knie zwingen können. Das Problem mit Banken, ist dass die Bücher für die Kunden und Anleger intransparent sind. Quartalsberichte werden erstens mit einer Zeitverzögerung publiziert und geben zweitens nur ein unvollständiges Bild über die Risiken ab. Diese Informationsasymmetrie verstärkt die Problematik von Bank-Runs. Das Konzept von Decentralized Finance (DeFi) könnte diesbezüglich langfristig Abhilfe verschaffen. Decentralized-Finance ist ein aufstrebendes Modell zur Organisation und Ermöglichung von Transaktionen, Börsen und Finanzdienstleistungen auf Basis von Kryptowährungen. Die Kernprämisse von DeFi ist, dass alle Transaktionen transparent auf der Blockchain abgespeichert werden. Vergabe und Liquidation von Krediten basieren auf mathematischen Algorithmen und benötigen keinerlei menschlicher Interaktion. Wenn nun beispielsweise Transaktionen und Bilanzen in Echtzeit für jeden auf der Blockchain einsehbar wären, dann würde dies die Transparenz erhöhen und die Wahrscheinlichkeit von "irrationalen" Bank-Runs verringern.