Sie halte es für «nicht sehr wahrscheinlich», dass die Drei-Millionen-Marke in diesem Winter noch erreicht werde, sagte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Andrea Nahles, bei Vorstellung der Januar-Statistik. Die Arbeitslosenquote stieg gegenüber Dezember um 0,4 Punkte auf 6,4 Prozent. Im Vorjahresvergleich stieg die Zahl der Arbeitslosen um 187.000 Menschen.
Der Arbeitsmarkt leide derzeit unter einer Verkettung zweier Negativfaktoren: Die aktuelle Schwäche der Konjunktur gehe einher mit strukturellen Problemen, sprich: der Transformation in der Industrie. «Wir brauchen ein paar Impulse», sagte Nahles mit Blick auf die Politik in Berlin.
Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht die Notwendigkeit politischer Impulse. «Mit einem »Made in Germany«-Bonus gilt es jetzt, gezielt privatwirtschaftliche Investitionen zu unterstützen. Zudem braucht vor allem unser produzierendes Gewerbe wettbewerbsfähige Energiepreise, vor allen Dingen durch die Senkung der Kosten des Netzausbaus», sagte Heil laut einer Mitteilung seines Ministeriums.
«Arbeitsmarktzahlen sind Alarmsignal»
Angesichts der weltpolitischen Grosswetterlage sei es auch notwendig, dass sich Deutschland und die Europäische Union weiterhin für offene Absatzmärkte einsetzten. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger betonte: «Die Arbeitsmarktzahlen sind ein Alarmsignal: Die konjunkturelle und strukturelle Schwäche der deutschen Wirtschaft trifft den Arbeitsmarkt mit voller Wucht. Es ist fünf vor zwölf.» Er forderte weniger Bürokratie und niedrigere Energiepreise.
Als erfreulich bezeichnete es Heil, dass es mehr und mehr gelinge, Ukrainerinnen und Ukrainer in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Job-Turbo trage Früchte. «Diesen Weg gehen wir konsequent weiter», sagte Heil.
Nahles wies darauf hin, dass der Beschäftigungszuwachs in Deutschland inzwischen ausschliesslich auf Menschen aus Nicht-EU-Staaten zurückzuführen sei. Die Arbeitslosigkeit sei bei Deutschen stärker gewachsen als bei Ausländern. Aus der Ukraine und den wichtigsten Asylherkunftsländern seien 138.000 Personen mehr in Beschäftigung als noch vor einem Jahr.
Befristete Arbeitsverhältnisse liefen zum Jahresende aus
Der kräftige Anstieg im Januar ist für die Jahreszeit typisch, da viele befristete Arbeitsverhältnisse zum Jahresende enden und gleichzeitig wetterabhängige Jobs, etwa auf dem Bau, wegfallen. Im Februar wird dann oft eine stabile Entwicklung beobachtet, bevor im März eine erste Frühjahrsbelebung einsetzen könnte. Für ihre Januar-Statistik zog die Bundesagentur Datenmaterial heran, das bis zum 15. Januar zur Verfügung stand.
Deutlich gewachsen ist zuletzt die Kurzarbeit. So wurde nach Hochrechnungen der Bundesagentur im November für 293.000 Beschäftigte konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt. Im Oktober waren es noch 263.000 und im September 221.000. Aktuellere Daten stehen verlässlich nicht zur Verfügung. Vom 1. bis einschliesslich 27. Januar zeigten Betriebe für 54.000 Personen Kurzarbeit an - ob diese tatsächlich in Anspruch genommen wird, ist aber noch nicht bekannt.
Weniger Stellenangebote
Die Nachfrage nach Arbeitskräften geht weiter zurück. Im Januar waren 632.000 freie Arbeitsstellen bei der Bundesagentur gemeldet. Das sind 66.000 weniger als vor einem Jahr. «Unter den aktuellen Rahmenbedingungen ist es für Arbeitslose schwierig, wieder eine neue Arbeitsstelle zu finden», sagte Nahles.
Auf dem Ausbildungsmarkt waren im Januar den Angaben zufolge noch 33.000 Bewerber um eine betriebliche Lehrstelle unversorgt, 20.000 suchten nach einer besseren Alternative. Gleichzeitig waren 15.000 Ausbildungsplätze noch unbesetzt./dm/DP/mis
(AWP)