Bayer fördere ein Agrarmodell, das zu Nahrungsunsicherheit, Wasserknappheit, extremer Abholzung, Gesundheitsgefahren und Landkonflikten zulasten von Indigenen und Kleinbauern führe. Damit verstosse der Konzern gegen die OECD-Leitsätze zum verantwortungsvollen unternehmerischen Handeln. Die Beschwerde bezieht sich auf Fälle in Brasilien, Argentinien, Paraguay und Bolivien. Bayer wies die Vorwürfe zurück.

«Das Unternehmen hat es versäumt, auf die schwerwiegenden Menschenrechts- und Umweltrisiken, die unmittelbar mit seinem Geschäftsmodell in der Region verbunden sind, angemessen zu reagieren», sagte Misereor-Vertreterin Sarah Schneider. «Weder wurden die Auswirkungen der Nutzung von gentechnisch verändertem Saatgut und Pestiziden überwacht, noch wurden effektive Massnahmen ergriffen, um diese zu verhindern und abzumildern.» In Brasilien, Argentinien, Bolivien und Paraguay werde mehr als die Hälfte der Agrarfläche mit Soja-Saatgut bewirtschaftet. Hierfür wiederum wird Glyphosat eingesetzt. Bayer verkauft beide Produkte, also das Saatgut und Glyphosat-Mittel.

Kritiker sehen Bedrohungen für Menschen, Tiere und Pflanzen

Abel Areco von der Organisation BASE-IS wies darauf hin, dass Menschen an Vergiftungen und schweren Krankheiten litten und Wasserquellen verschmutzt seien. «Indigenen und bäuerlichen Gemeinschaften wird ihr Land genommen, was ihre Lebens- und Ernährungsweise beeinträchtigt.» Hinzu komme, dass die Abholzung für Soja-Anbauflächen die lokale Tier- und Pflanzenwelt bedrohe.

In einem konkreten Fall der Beschwerde geht es um eine Familie in Argentinien, die unweit von Sojafeldern lebte. Schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen führte sie auf den Einsatz von Pestiziden auf den Feldern zurück. Der Fall landete den Angaben zufolge vor einem argentinischen Gericht, lokale Beamte wurden wegen Pflichtverletzung angeklagt. Bei Razzien seien Bayer-Produkte gefunden worden. In der Beschwerde wird nun der Bogen gespannt nach Leverkusen, da die Kritiker hier auch Bayer in der Verantwortung sehen.

Reaktion von Bayer

Als Reaktion auf die Vorwürfe betonte ein Bayer-Sprecher, dass die Sicherheit der Produkte für Bayer immer an erster Stelle stehe. «In zahlreichen Sicherheits- und Zulassungsstudien zu unseren Produkten weisen wir dezidiert und anhand von fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen nach, dass unsere Produkte bei sachgemässem Gebrauch gemäss der Anwendungshinweise sicher sind und weder Menschen noch die Umwelt einem inakzeptablen Risiko ausgesetzt sind», erklärte der Bayer-Sprecher.

Die Pflanzenschutzmittel würden «gründlich auf ihre Wirkungsweise, ihre toxikologischen Eigenschaften und das Ausmass möglicher Rückstände in Pflanzen und in der Umwelt geprüft». Zulassungsstudien basierten auf den strengen internationalen Richtlinien der OECD. Ausserdem führe man umfangreiche Schulungen für Landwirte durch. Die Vorfälle aus Südamerika, die in der Studie genannt werden, seien Bayer nicht bekannt, sagte der Sprecher und wies generell darauf hin, dass die jeweiligen Behörden für die Rahmenbedingungen der Landwirtschaft in den Ländern zuständig seien.

Bayer drohen keine Sanktionen

Die Nichtregierungsorganisationen reichten ihre Beschwerde nach eigenen Angaben am Donnerstag bei der deutschen Kontaktstelle der OECD ein. Dem Bündnis zufolge hat die OECD nun drei Monate Zeit, um die Beschwerde zu prüfen. Danach könnte das Beschwerdeverfahren bis zu einem Jahr dauern. In einer Mediation sollen die Kritiker und Bayer miteinander ins Gespräch kommen. Sanktionsmöglichkeiten hat die OECD nicht.

«Wir verlangen, dass Bayer sich mit den Gemeinschaften in Verbindung setzt und mit ihnen über eine Kompensation entscheidet», sagte Silvia Rojas-Castro vom ECCHR (European Center for Constitutional and Human Rights). Ausserdem sollte Bayer seine Praktiken bezüglich gentechnisch verändertem Soja-Saatgut und Glyphosat-Produkten ändern./wdw/DP/jha

(AWP)