Die Schweiz stehe zwischen der EU und den USA in Bezug auf die Unternehmensbesteuerung, sagte die Bundespräsidentin am Donnerstag vor den Medien in Davos. Die Schweiz wendet seit Januar die von der OECD gewünschte Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmen an.
Brüssel übe aber immer noch «finanziellen Druck» auf Bern aus, während Washington die OECD-Mindestbesteuerung gemäss neustem Entscheid von Präsident Trump definitiv nicht anwendet. Die Schweiz werde einen Plan haben, um die Interessen der Schweizer Wirtschaft zu verteidigen, kündigte Keller-Sutter an.
Trump und seine Politik seien in allen bilateralen Gesprächen Thema gewesen. «Niemand weiss genau, was von ihm kommt», sagte sie. Keiner ihrer Gesprächspartner habe seit der Amtseinführung am Montag Kontakt mit ihm gehabt. Zu ihnen gehörte auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, den Keller-Sutter am Dienstag am Weltwirtschaftsforum (WEF) traf.
Mit China auf gleicher Linie
Ebenfalls am Dienstag unterhielt sich Keller-Sutter mit dem chinesischen Vize-Premier Ding Xuexiang. Mit ihm sei sie bezüglich der von Trump angedrohten Zölle aus den USA «auf gleicher Linie», so die Bundespräsidentin. Diese würden die Schweiz «natürlich» auch betreffen.
Sie könne sich aber vorstellen, dass es eine Überraschung gibt und die Massnahmen nicht so hart ausfallen wie angedroht. Die Schweiz wie auch China seien beide der Meinung gewesen, dass ein Handelskrieg nur Verlierer hervorbringen würde.
Milei ist Schweiz-Fan
Die Bundespräsidentin traf am WEF auch auf den ultraliberalen argentinischen Präsidenten Javier Milei. Er habe grosse Sympathien für die Schweiz, sagte sie anschliessend. Auch habe er sie nach der «ausgesprochen herzlichen Begegnung» zu sich nach Argentinien eingeladen.
Sie habe ihm auch die Botschaft mitgegeben, die Gespräche zwischen den Efta- und den Mercosur-Staaten bald abzuschliessen. Die Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation (Efta), Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein verhandeln ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. Die Schweiz strebt einen baldigen Abschluss ab. Milei habe ihr versichert, dass die Gespräche dazu gut vorangehen, so die Bundesrätin.
Keine Resultate wegen Ukraine-Schutzmandat
Keller-Sutter wie auch Aussenminister Ignazio Cassis sprachen mit Vertretern der Ukraine. Dabei war auch ein mögliches Schutzmandat Thema. «Die Gespräche laufen», sagte die Bundespräsidentin. Resultate würden noch keine vorliegen.
Bei einem Schutzmandat vermittelt die Schweiz auf Anfrage zwischen zwei Ländern, die nicht mehr miteinander sprechen. Im aktuellen Fall bat die Ukraine um ein Solches, um mit Russland zu verhandeln. Bei weiteren Konflikten, beispielsweise im Nahen Osten gebe es zurzeit keine solchen Anfragen, sagte Keller-Sutter zu Keystone-SDA.
Wehmütig wegen Amherd
Bezüglich des letzten Auftritts am WEF von der Ende März abtretenden Bundesrätin Viola Amherd sei sie schon etwas wehmütig, sagte Keller-Sutter. Dies sei immer so, wenn jemand geht. Sie habe das auch bei Sommaruga, Berset und Maurer so erlebt.
Ob Amherds Posten wieder von einer Frau besetzt werden soll, sei weiter nicht ihr Entscheid, sondern der des Parlaments, so die Bundespräsidentin auf eine Frage von Keystone-SDA.
(AWP)