Nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamt sank das Bruttoinlandsprodukt um 0,3 Prozent. Für das neue Jahr sieht es ebenfalls nicht gut aus: Viele Experten erwarten bestenfalls ein leichtes Wachstum, etliche sogar ein erneutes Minus. Das sind die Gründe für die schlechten Aussichten:

Weltwirtschaft

Die exportabhängige deutsche Wirtschaft kann nicht mit grossem Rückenwind von der Weltkonjunktur rechnen, im Gegenteil: Der Weltbank zufolge wird das globale Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr nur um 2,4 Prozent zulegen - nach 2,6 Prozent 2023 und 3,0 Prozent 2022. Die USA - der grösste Abnehmer von Waren «Made in Germany» - werden demnach im laufenden Jahr nur um 1,6 Prozent zulegen. Viele Ökonomen rechnen dort mit einer Rezession. «Wenn die Weltwirtschaft leidet, kommt Deutschland unter die Räder», betont der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. «Das ist gewissermassen fast schon eine feststehende Regel.»

Lieferengpässe

Wegen der Attacken der Huthi-Rebellen auf Containerschiffe meiden viele Grossreedereien das Rote Meer, durch das grosse Teile des europäisch-asiatischen Handels gehen. Die Folge: Wichtige Vorprodukte kommen aktuell nicht rechtzeitig an, beklagt die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK). «Erste Läger laufen leer, Produktionsbeeinträchtigungen deutscher Unternehmen werden sichtbar», sagt DIHK-Aussenwirtschaftschef Volker Treier. Die Anzahl verschiffter Container sank im Dezember um mehr als die Hälfte, wie das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) berechnet hat. Aktuell liege das Volumen bei nur rund 200.000 Containern pro Tag. Noch im November waren es rund 500.000. Die Umleitung von Schiffen über das Kap der Guten Hoffnung in Südafrika führe dazu, dass sich die Zeit für den Transport von Waren zwischen den asiatischen Produktionszentren und den europäischen Verbrauchern deutlich um bis zu 20 Tage verlängere, sagt IfW-Experte Julian Hinz.

Bauflaute

Jahrelang boomte der Bau in Deutschland, ehe die kräftigen Zinsanhebungen der Europäischen Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die Inflation dem ein Ende bereitete. Auch in diesem Jahr dürfte die Flaute anhalten. Die Ausgaben für Bauleistungen könnten sogar erstmals seit dem Finanzkrisenjahr 2009 sinken: Prognostiziert wird ein Minus von 3,5 Prozent auf rund 546 Milliarden Euro, heisst es in einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Im vergangenen Jahr war das Bauvolumen insgesamt um 6,1 Prozent gewachsen, überzeichnet allerdings durch starke Preisanstiege. Inflationsbereinigt gab es dagegen mit 1,1 Prozent den dritten realen Rückgang in Folge, der 2024 mit minus 1,5 Prozent noch etwas grösser ausfallen soll. «Der Einbruch in der Bauwirtschaft zieht sich länger hin als erwartet», sagt Studienautorin Laura Pagenhardt.

Konsum

Hier sehen Konjunkturexperten wie die KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib zumindest «einen Silberstreif am Konjunkturhimmel». Denn in vielen Branchen wurden Tarifverträge vereinbart, bei denen der Lohnzuwachs über der erwarteten Inflationsrate liegt. Damit dürfte die Kaufkraft von Millionen Beschäftigten wachsen. «Dank kräftiger Reallohnzuwächse wird wohl vor allem der private Konsum wieder zulegen», erwartet Köhler-Geib deshalb. Allerdings ist damit noch nicht gesagt, dass die Verbraucher das zusätzlich zur Verfügung stehende Geld auch ausgeben. Stattdessen könnte es auch auf der hohen Kante landen.

Finanzpolitik

Gegen die hartnäckige Konjunkturflaute könnte der Staat vorgehen - doch wird daraus wohl nichts, auch angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zur Schuldenbremse, das dem Bund enge Fesseln in Sachen Neuverschuldung anlegt. «Die Finanzpolitik der Bundesregierung dürfte stattdessen 2024 zur Belastung für die Wirtschaft werden», sagt der wissenschaftliche Direktor des IMK-Instituts, Sebastian Dullien, voraus. «Obwohl die deutsche Wirtschaft sich in der Rezession befindet, kürzt die Bundesregierung Ausgaben und erhöht Abgaben.»

(Reuters)