Trumps Anwalt Todd Blanche stellte seinen Klienten dagegen als rechtschaffen dar: «Präsident Trump ist unschuldig. Präsident Trump hat keine Verbrechen begangen». Es sei völlig legal, Geheimhaltungsvereinbarungen einzugehen. Trump - gekleidet in dunkelblauem Anzug und blauer Krawatte - war am Montag ebenfalls im Gerichtssaal anwesend. Während er den Ausführungen der Staatsanwaltschaft äusserlich meist ungerührt, stoisch und mit ernster Miene beiwohnte, drehte er sich beim Eröffnungsplädoyer Blanches zu seinem Verteidiger und hörte offensichtlich aufmerksam zu.
Wenn die Anklage die zwölf Geschworenen von den Vorwürfen überzeugt, drohen Trump mehrere Jahre Haft, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnten. Dem Fall wird Einfluss auf den Fortgang des gegenwärtigen US-Wahlkampfes zugesprochen. Trump will im November für die Republikaner erneut zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt werden und Amtsinhaber Joe Biden ablösen. Ein Urteil könnte im Juni gefällt werden. Trump hatte auf nicht schuldig plädiert und zuletzt seinen Willen bekundet, beim Prozess aussagen zu wollen.
«Er ist auch ein Mensch»
Blanche wandte sich energisch gegen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, Trump habe Berichte über Sexskandale unterdrücken und dadurch die US-Präsidentenwahl 2016 beeinflussen wollen. «Es ist nichts Falsches daran, Wahlen zu beeinflussen, das nennt man Demokratie», sagte der Anwalt. Die bezahlten Gelder seien rechtmässig geflossen. Gleichzeitig hob er auch eine menschliche Seite an Trump hervor. Dieser möge manchmal grösser als das Leben selbst erscheinen, doch das sei nicht alles: «Er ist auch ein Mann, er ist ein Ehemann, er ist ein Vater und er ist ein Mensch, genau wie Sie und wie ich.»
Die Anklage mit dem demokratischen New Yorker Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg an der Spitze wirft Trump konkret die Fälschung von Geschäftsunterlagen vor, weil die 130 000 Dollar für Daniels intern als Honorare für Trumps damaligen Anwalt Michael Cohen deklariert waren - und nicht als Rückerstattung für das von diesem bereits bezahlte Schweigegeld. Dieses Vergehen wird rechtlich gesehen dann zu einem Verbrechen, wenn mit der Fälschung der Unterlagen eine kriminelle Handlung vertuscht werden sollte.
Die Anklage argumentiert deshalb, dass die Zahlung an die Pornodarstellerin eine illegale Wahlkampfspende darstellte, mit der Trump kurz vor der Abstimmung über den neuen US-Präsidenten 2016 einen Sexskandal und Ehebruch verheimlichen wollte, um seine Chance auf das höchste Staatsamt zu wahren. Ankläger Colangelo dazu am Montag: «In diesem Prozess geht es um eine kriminelle Verschwörung und eine Vertuschung, die der Angeklagte Donald Trump inszeniert hat».
Die Verteidigung dagegen könnte den Sachverhalt so darstellen, dass es Trump bei der Zahlung lediglich darum gegangen sei, Schaden von seiner Familie abzuwenden, dass es sich also lediglich um eine private Zahlung ohne Bezug zur US-Wahl gehandelt habe. Es ist dabei unbestritten, dass die 130 000 Dollar gezahlt wurden.
Ein verurteilter Lügner als Kronzeuge
Im Zentrum des Verfahrens steht dabei auch Kronzeuge und Anwalt Cohen, der einst als Trumps rechtlicher Ausputzer bekannt war uns sich in den vergangenen Jahren gegen ihn wandte. Cohen beteuert, Trump habe ihn mit der Schweigegeldzahlung direkt beauftragt. Trumps Verteidigung stellte ihn am Montag als von Rachegelüsten Getriebenen dar.
Anwalt Blanche griff Cohen als unglaubwürdigen Kriminellen an, der bereits unter Eid gelogen habe. Der heute 57-Jährige hatte bereits 2018 unter anderem auch wegen seiner Rolle bei eben jenen Schweigegeldzahlungen an Stormy Daniels auf schuldig plädiert - und unter anderem wegen Falschaussage eine Haftstrafe abgesessen. 2018 war Trump noch US-Präsident und wurde von der Staatsanwaltschaft nicht strafrechtlich verfolgt.
Im Verfahren werden die Staatsanwälte zudem versuchen, ihre Vorwürfe mit weiteren Fällen von Zahlungen Trumps im Zusammenhang mit Sex-Vorwürfen zu untermauern. In diesem Zusammenhang wurde am Montag auch ein erster Zeuge, der ehemalige Herausgeber des Trump-nahen Schmierblatts «National Enquirer», David Pecker, aufgerufen. Hintergrund sind Gelder, die der «National Enquirer» mutmasslich im Auftrag des damaligen Präsidentschaftskandidaten ebenfalls kurz vor der Wahl 2016 für die Rechte an zwei Geschichten gezahlt hatte. Diese hatte das Blatt anschliessend jedoch nie veröffentlicht - diese also unterdrückt.
«Scheckbuchjournalismus» im Auftrag Trumps?
Bei einem der Fälle ging es um einem Angestellten im Trump Tower in New York, dem der «National Enquirer» 30 000 Dollar zahlte. Der Mann hatte behauptet, er wisse von Trumps Vaterschaft eines ausserehelichen Kindes. Das ehemalige Playmate Karen McDougal bekam zudem 150 000 Dollar. Sie hatte angegeben, eine Affäre mit Trump gehabt zu haben und wollte diese Geschichte im Wahlkampf für eine hohe Summe verkaufen. Pecker bestätigte in seiner Aussage, dass das Boulevardblatt «Scheckbuchjournalismus» betrieben habe, also für Geschichten zahlte. Seine Befragung soll am Dienstag weitergehen.
Der Prozess gegen Trump war vergangene Woche mit der komplizierten Auswahl der Geschworenen gestartet. Die polarisierende Figur Trumps wird als Problem dabei gesehen, ausreichend unbefangene Personen zu finden, die abseits ihrer persönlichen Meinung über Trump in dem Fall urteilen können. Die US-Ostküstenmetropole New York gilt zudem als liberale Hochburg in den USA. Für Trump stimmten im Stadtteil Manhattan bei der Wahl vor vier Jahren nur gut 12 Prozent.
Selbst bei einer Verurteilung und einer Haftstrafe könnte Trump weiterhin bei der nächsten Präsidentschaftswahl kandidieren. Darüber hinaus hat er das Recht, Berufung gegen ein mögliches Urteil einzulegen. Es ist unklar, wann weitere Prozesse gegen ihn wegen seiner Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol im Januar 2021, versuchten Wahlbetrugs und der Mitnahme geheimer Regierungsdokumente starten. Dort hat Trump mit Verzögerungsstrategien bislang Erfolg.
Trump ist für aggressives Verhalten auch in Gerichtsverfahren bekannt. Im Vorfeld des Prozesses griff er unter anderem Richter Juan Merchan und Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg immer wieder an und stellt diese als korrupt und parteiisch dar. Der als strikt geltende Richter Merchan hat deshalb Kommentare über Staatsanwälte, Zeuginnen und Zeugen sowie seine eigene Familie verboten./scb/DP/he
(AWP)