Die Investition in das Projekt stockte VW noch einmal auf: 5,8 Milliarden Euro wollen sich die Wolfsburger die Zusammenarbeit kosten lassen, 800 Millionen mehr als bisher geplant. Mit dem Gemeinschaftsunternehmen soll VW dann Zugriff auf die Elektro- und Softwarearchitektur der Amerikaner erhalten.

Die Kooperation hatten die beiden Unternehmen bereits Ende Juni angekündigt, im Juli gab das Bundeskartellamt seine Zustimmung. Bei der Zusammenarbeit geht es um Software, Steuercomputer sowie Netzwerk-Architektur. Der Plan sieht ein Gemeinschaftsunternehmen vor, in dem für beide Hersteller entwickelt werden soll und das sie zu gleichen Teilen führen. Basis soll die bestehende Elektronik-Architektur von Rivian sein, die weiterentwickelt werde.

Neue Elektroautos von VW sollen dann nach und nach auf Rivians Technologie und Software umschwenken. Die ersten Modelle mit der neuen Technik sollten 2027 anlaufen, sagte Blume. «Wir starten mit Volkswagen, dann Audi, Scout, Porsche und danach kommen allen anderen Marken.» Dabei gehe es um alle Fahrzeugklassen, vom Kleinstwagen bis hin zu Luxuskarossen und Sportwagen. Das werde grosse Stückzahlen und sinkende Kosten ermöglichen. Zum Einsatz kommen werde die Rivian-Technik aber nur bei Elektroautos.

Softwareprobleme verzögern Modellanläufe

Die Wolfsburger haben seit Jahren mit Problemen bei der hauseigenen Software-Entwicklung zu kämpfen, immer wieder kam es zu Verzug. Dadurch verzögerten sich bereits mehrere Modellstarts, zum Teil um mehrere Jahre. Rivian dagegen entwickelte von Anfang an eine eigene Architektur, in der die Auto-Elektronik in mehrere Zonen mit eigenen Computern aufgeteilt wird und die dadurch mit deutlich weniger Steuergeräten auskommt. Inzwischen ist dort bereits die zweite Generation der Plattform im Einsatz.

Das neue Gemeinschaftsunternehmen soll bereits an diesem Mittwoch seinen Betrieb aufnehmen. Seinen Sitz wird es in Palo Alto im US-Bundesstaat Kalifornien haben, weitere Standorte in Europa und Nordamerika sind geplant. Der Grossteil des Teams werde von Rivian kommen, hinzu kämen einige Kollegen von Volkswagen, sagte der Gründer und Chef des US-Partners, RJ Scaringe. Die Doppelspitze bilden je ein Manager von Volkswagen und von Rivian.

Von den bis zu 5,8 Milliarden Dollar, die Europas grösster Autobauer für das Projekt ausgeben will, entfallen 3,5 Milliarden Dollar auf Rivian-Anteile. Daneben sollen 2,3 Milliarden Dollar in das neue Gemeinschaftsunternehmen fliessen, davon eine Milliarde als Darlehen. Bisher war von drei Milliarden Dollar für den Rivian-Einstieg und zwei Milliarden für das Gemeinschaftsunternehmen die Rede gewesen. Man habe beide Summen noch einmal aufgestockt, bestätigte Blume.

392 Millionen Dollar Verlust bei 10'000 Auslieferungen

Für Rivian ist es eine höchst willkommene Geldspritze. Die 2009 gegründete Firma schreibt nach wie vor rote Zahlen und hat aktuell mit sinkendem Interesse an Elektroautos in den USA zu kämpfen. «Sicherlich sichert diese Partnerschaft und dieser Deal für uns das Kapital», das für den weiteren Hochlauf der eigenen Produktion benötigt werde, sagte Rivian-Chef Scaringe.

Im vergangenen Quartal lieferte Rivian rund 10'000 Fahrzeuge aus, machte dabei 874 Millionen Dollar Umsatz und 392 Millionen Dollar Verlust. Der VW-Konzern kam im selben Zeitraum auf fast 2,2 Millionen Auslieferungen, 78,5 Milliarden Euro Umsatz und verbuchte trotz eines massiven Gewinneinbruchs nach Steuern noch 1,58 Milliarden Euro Überschuss.

Rivian ist in zwei in den USA populären Fahrzeug-Kategorien aktiv, baut grosse SUVs und Pickups. Ausserdem produziert Rivian für Amazon elektrische Lieferwagen, die inzwischen auch in Europa zu sehen sind. Der weltgrösste Online-Händler ist ebenfalls ein Investor.

(AWP)