Die Abstimmung zu solchen Grossprojekten in der alpinen Landschaft findet über die Kantonsgrenzen hinaus Beachtung. Es ist ein erster Test, wie die Stimmbürgerinnen Stimmbürger zum «Solarexpress» des Bundes stehen.

Das Walliser Dekret sieht vor, dass neu der Staatsrat als erste Instanz für Baugenehmigungen für grosse Photovoltaikanlagen zuständig ist, um die Verfahren zu beschleunigen. Dies anstelle der kantonalen Baukommission, die normalerweise diese Genehmigungen ausserhalb der Bauzonen erteilt.

Im Falle einer Beschwerde soll auch die aufschiebende Wirkung ausser Kraft gesetzt werden können, so dass ein Projekt im Falle einer Einsprache nicht automatisch gestoppt würde. Der Gesetzestext dient als Grundlage für die kantonale Umsetzung des revidierten Energiegesetzes des Bundes. Der neue Artikel 71a dieses Gesetzes will aufgrund der Bedrohung der Energieversorgungssicherheit die Errichtung grosser Photovoltaikanlagen während einer Übergangsphase bis Ende 2025 beschleunigen.

Die Mitte, die FDP, die Oberwalliser SVP und die SP Oberwallis befürworten das Dekret. Der Erlass ermögliche es, den Ansporn des Bundes durch eine Vereinfachung der Verwaltungsverfahren zu konkretisieren, betonen sie.

Anlagen müssen bis 2025 am Netz sein

Die Beschleunigung des Prozesses ist ein wichtiges Argument, zumal der Bund üppige Subventionen versprochen hat. Um von der Förderung zu profitieren, müssen bis Ende 2025 mindestens zehn Prozent der erwarteten Produktion der gesamten geplanten Anlage oder 10 Gigawattstunden ins Netz eingespeist werden. Der Beitrag des Bundes kann sich auf bis zu 60 Prozent der Gesamtinvestitionskosten belaufen.

Das Geld wird aber nach dem Prinzip «Wer zuerst kommt, mahlt zuerst» vergeben. Dementsprechend haben die kantonalen Behörden ein Interesse daran, dass die Photovoltaikprojekte zügig vorangetrieben werden. Ohne dieses Dekret könnten die Projekte im Wallis die vom Bund gesetzten Fristen für die Gewährung von Subventionen nicht einhalten, argumentieren die Befürworter.

«Wettlauf um Subventionen»

Das aus Umwelt- und Naturschutzorganisationen, den Linken und der SVP bestehende Referendumskomitee prangert dagegen «einen Wettlauf um Subventionen» und ein «unausgewogenes Dekret» an. Der Text enthalte keine tauglichen Kriterien, Projekte nach ihrer Nachhaltigkeit, der technischen Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit oder Nähe zur Infrastruktur zu priorisieren«, kritisiert Jérémy Savioz von Pro Natura.

Vincent Riesen, Direktor der Walliser Industrie- und Handelskammer, hält entgegen: »In dieser Abstimmung geht es nicht darum, bereits angekündigte Projekte oder gar die Vorzüge alpiner Solaranlagen zu diskutieren.« Der Erlass beziehe sich nur auf die Beschleunigung der Verfahren. »Die Gegner spielen die Verlängerung eines Spiels im Wallis, das bereits unter der Bundeshauskuppel ausgetragen wurde«, fügte er hinzu.

Mangel an Konsultation kritisiert

Im Abstimmungsbüchlein weist der Staatsrat darauf hin, dass er keinen grösseren Spielraum habe, Kriterien in das Dekret aufzunehmen, um die relevantesten Projekte zu fördern und Schäden an der Landschaft zu begrenzen.

Diesem Argument hält das Referendumskomitee entgegen, dass sich der Kanton Bern im Gegensatz zum Wallis genau für eine breit abgestützte Planung unter Beizug aller beteiligten Akteure wie Projektleitern, Naturschutzorganisationen, kantonalen und eidgenössischen Vertretern und Netzbetreibern entschieden habe.

Eine solche Konsultation sei umso wichtiger, als hunderte Hektaren Alpen für riesige Solarparks geopfert werden könnten, betont das Nein-Komitee. Die Umweltverbände stellten sich nicht gegen die Solaroffensive, die sie ebenfalls für notwendig hielten, sagen sie.

Allerdings dürfe dies nicht zu Lasten des naturbelassenen Alpenraumes geschehen. Ihr Wahlkampfslogan lautet: »Auf den Dächern, nicht in der Natur!" Solarpanels sollen auf Dächern bereits bestehender Gebäude und nicht auf unverbauten Alpenflächen errichtet werden.

Die Folgen eines Neins zur Abstimmung sind schwer abzuschätzen. Die Bewilligungsverfahren für Photovoltaikanlagen würden wohl in die Länge gezogen, was der Solar-Euphorie im Bergkanton einen Dämpfer versetzen dürfte. An der grundsätzlichen Realisierungsmöglichkeit von Solarparks würde sich jedoch nichts ändern.

Acht Parks geplant

Der Bundesrat rechnet mit bis zu 200 Photovoltaik-Projekten. Im Wallis wurden bislang acht Vorhaben angekündigt: Drei Projekte wurden bereits von den Einwohnern der Gemeinden Anniviers, Gondo-Zwischbergen und Hérémence genehmigt. Fünf weitere Parks in Grengiols, Saas Grund, Vispertal, Ovronnaz und Orsières befinden sich in der Planungsphase.

Laut den Befürwortern würden diese Solar-Kraftwerke fast 200 Gigawattstunden oder 10 Prozent der vom Bund gewünschten 2 Terawattstunden (TWh) produzieren. Allerdings ist in dieser Zahl der geplante Solarpark im Vispertal nicht berücksichtigt. Dieser hatte ursprünglich eine Produktion von 1,44 TWh geplant, das Projekt wird aber redimensioniert.

(AWP)