Der Steel-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Tekin Nasikkol wird mit den Worten zitiert: «Wir werden von diesen Herren kein Stück weit mehr informiert, als das Gesetz es vorsieht. Dies ist für einen traditionell mitbestimmten Konzern wie den unseren mehr als eine Provokation. Es ist eine kalkulierte Kampfansage.»
Der Bezirksleiter der IG Metall NRW, Knut Giesler, kündigte «massiven Widerstand» der Gewerkschaft an. In der Stahlsparte des Thyssenkrupp-Konzerns arbeiten rund 27'000 Menschen, davon 13'000 in Duisburg. Fast alle Standorte liegen in Nordrhein-Westfalen.
Dienstag Protest-Kundgebung statt Belegschaftsversammlung
Gesamtbetriebsrat und IG Metall hätten daher entschieden, eine für Dienstag angesetzte Belegschaftsversammlung abzusagen und stattdessen zur Teilnahme an einer öffentlichen Protestkundgebung vor der Steel-Hauptverwaltung in Duisburg aufzurufen, teilte der Betriebsrat mit. Sie soll unter dem Motto «Zukunft statt Kündigung» stehen. «Die 27'000 Beschäftigten im Stahl werden ihren Protest lautstark zum Ausdruck bringen und um eine gute Zukunft für den Stahl kämpfen», so der Betriebsrat weiter.
Zur Teilnahme aufgerufen sind auch die Beschäftigten des Stahlhersteller HKM in Duisburg, an dem die Thyssenkrupp-Stahlsparte zu 50 Prozent beteiligt ist. HKM beschäftigt rund 3000 Menschen. Zu der zunächst geplanten Belegschaftsversammlung in einem Stadion waren rund 10'000 Beschäftigte erwartet worden.
Thyssenkrupp Steel hatte vor zwei Wochen einen deutlichen Abbau von Stahlerzeugungskapazitäten am Standort Duisburg angekündigt, der auch zu einem weiteren Stellenabbau führen wird. Einzelheiten stehen noch nicht fest. Bei der ursprünglich geplanten Belegschaftsversammlung sollte es um diese Pläne gehen.
Am Freitag hatte Thyssenkrupp dann mitgeteilt, dass die Stahlsparte ein Energieunternehmen als Miteigentümer bekommt: die Holding EPCG des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky. Zunächst soll EPCG mit 20 Prozent einsteigen. Ziel ist die Bildung eines selbstständigen Gemeinschaftsunternehmens, an dem beide Partner je 50 Prozent halten. Bereits am Freitag hatten sich Arbeitnehmervertreter kritisch geäussert und die Einhaltung von Tarifverträgen gefordert, die betriebsbedingte Kündigungen bis Ende März 2026 ausschliessen.
SPD-Landtagsfraktion will an Kundgebung teilnehmen
Die Landtagsfraktion der SPD gab am Sonntag bekannt, an der Kundgebung am Dienstag in Duisburg teilnehmen zu wollen. Man wolle damit «unserer Solidarität mit den Beschäftigten Ausdruck verleihen», erklärte Fraktionschef Jochen Ott laut einer Mitteilung. «Es gab Zeiten, da war das Unternehmen ein Vorzeigebeispiel der betrieblichen Mitbestimmung. Aber diese Zeiten scheinen vorbei zu sein - und das ist ein Schlag in die Magengrube der Betroffenen.»/tob/DP/he
(AWP)