«Heute gibt es einen absoluten Konsens dazu, dass wir alles Russische in den besetzten Gebieten, beispielsweise auf der Krim, vernichten können», sagte Podoljak. Zugleich kündigte der Berater an, dass die Zahl der Drohnenangriffe zunehmen werde, da die russische Führung zunehmend die Kontrolle sowohl über den Luftraum als auch über den Machtapparat verliere. Neben vor allem militärischen Objekten auf der Krim greift Kiew inzwischen auch Militärflughäfen und die Hauptstadt Moskau mit Drohnen an.

Podoljak berief sich dabei auch auf eine kürzliche Aussage von Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Angesprochen auf von Russland gemeldete ukrainische Drohnenangriffe auch auf Moskau hatte Baerbock am Montag gesagt: «Russland hat die Ukraine angegriffen.» Die Grünen-Politikerin fügte hinzu: «Russland bombardiert zivile Ziele in der Ukraine ohne Unterlass, Getreidesilos, Krankenhäuser, Kirchen. Und die Ukraine verteidigt sich im Rahmen des internationalen Rechts.» Podoljak sagte weiter: «Nicht wir haben diesen Krieg begonnen.»

Russische Behörden melden inzwischen fast täglich die Abwehr ukrainischer Drohnenangriffe. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, dass am Dienstag im Schwarzen Meer einen Drohnenanschlag auf russisches Gebiet verhindert worden sei. Die Drohne sei im Meeresgebiet abgestürzt. Details nannte das Ministerium nicht.

Russland wirft Westen Beteiligung am Krieg vor

Russland warf dem Westen angesichts seiner Militärhilfe für die Ukraine vor, sich direkt am Krieg zu beteiligen. Der ehemalige russische Staatschef Dmitri Medwedew legte Podoljaks Aussagen zu den vom Westen erlaubten Attacken auf die Krim als «direkten, juristisch gewichtigen Beweis für die Beteiligung des Westens am Krieg gegen Russland» aus.

Moskau habe damit die Möglichkeit, «gegen alle und jeden in den Nato-Staaten» vorzugehen, schrieb der Vizechef des nationalen russischen Sicherheitsrates bei Telegram. «Die Vorhersagen der Apokalypse rücken immer näher», meinte er und spielte damit auf die Drohung an, dass die Atommacht ihre Ansprüche unter Anwendung aller Mittel verteidigen werde.

Die Ukraine verteidigt sich mit massiver westlicher Hilfe seit mehr als 18 Monaten gegen eine russische Invasion. Einschliesslich der Krim kontrolliert Russland über 100 000 Quadratkilometer ukrainischen Staatsgebiets. Bei ihrer Gegenoffensive hat die Ukraine angekündigt, sich ihre besetzten Gebiete zurückzuholen.

Ukrainischer Generalstab berichtet von Fortschritten

Im Süden der Ukraine gehen die Kämpfe weiter. Der Generalstab in Kiew berichtete am Dienstag von Fortschritten in Richtung Werbowe, ohne nähere Details zu nennen. Der Frontabschnitt zwischen den Ortschaften Robotyne und Werbowe im Gebiet Saporischschja ist seit Beginn der ukrainischen Offensive wegen seiner strategischen Bedeutung schwer umkämpft. Nun haben die Ukrainer eigenen Angaben zufolge Robotyne eingenommen und nach Einschätzung von US-Generalstabschef Mark Milley die erste stark gesicherte Verteidigungslinie durchbrochen.

Für die ukrainischen Truppen ist damit ein wichtiger Schritt in Richtung der immer noch 75 Kilometer entfernten Stadt Melitopol geschafft, auch wenn noch unklar ist, wie stark die dahinter liegenden Verteidigungslinie der russischen Besatzungstruppen gesichert sind. Ziel der ukrainischen Offensive ist weiterhin, Richtung Küste vorzustossen und damit einen Keil zwischen die russischen Besatzungstruppen zu treiben und sie von der Versorgung abzuschneiden.

Selenskyj will Waffenproduktion maximieren

Nach mehr als anderthalb Jahren Krieg kündigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine maximale Erhöhung der Waffenproduktion für den Kampf gegen die russische Invasion an. Neben Artilleriewaffen und Munition sollten auch Drohnen, Raketen und gepanzerte Fahrzeuge im Land hergestellt werden. «Wir erhöhen den Produktionsumfang auf ein Maximum. Die Ukraine kann das. Die Finanzierung steht. Unsere Verteidigungsindustrie wird gute Ergebnisse bringen», sagte Selenskyj in seiner am Montag in Kiew verbreiteten allabendlichen Videobotschaft.

Die ukrainische Führung hatte immer wieder angekündigt, das Land zu einem der grössten Waffenproduzenten zu machen. Selenskyj traf nach eigenen Angaben mit Vertretern der Rüstungsindustrie zusammen, damit die Produktion weiter hochgefahren wird. Die Ukraine war bereits zu sowjetischen Zeiten ein wichtiger Standort für die Panzer- und Raketenproduktion.

London: Sold in russischer Armee stark gestiegen

Auch Russland hat seine Kriegswirtschaft massiv ausgeweitet - und setzt beim personellen Nachschub für die Kriegsfront vor allem auf Freiwillige. Seit Beginn des Angriffskriegs am 24. Februar 2022 hat sich der Sold in der russischen Armee nach britischen Angaben deutlich erhöht. «Der Militärdienst in den russischen Streitkräften ist seit der Invasion immer lukrativer geworden», teilte das britische Verteidigungsministerium mit.

Lohn und Bonusleistungen seien starke Motive, dem Militär beizutreten, «insbesondere für diejenigen aus den ärmeren Gebieten Russlands». Zugleich betonte die Behörde: «Es ist jedoch immer noch unwahrscheinlich, dass Russland seine Ziele bei der Rekrutierung von Freiwilligen für die Streitkräfte erreichen wird.»

Geschäftsmann soll Drohnen-Bauteile nach Russland geliefert haben

Seit langem kritisiert die Ukraine, dass Russland unter Umgehung der westlichen Sanktionen weiter Bauteile etwa für Waffen erhalte. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen einen deutsch-russischen Geschäftsmann, der elektronische Bauteile für Drohnen an Russland geliefert haben soll. Der Mann sitze in Untersuchungshaft, teilte die Behörde am Dienstag in Karlsruhe mit. Ihm werde vorgeworfen, mehrfach gegen das Aussenwirtschaftsgesetz verstossen zu haben. Als Geschäftsführer zweier Unternehmen im Saarland soll er in 26 Fällen Elektronikbauteile an ein russisches Unternehmen gegeben haben, das militärisches Material und Zubehör produziert.

Dazu gehöre auch die von russischen Streitkräften in der Ukraine eingesetzte Orlan-10-Drohne. Die zwischen Januar 2020 und März 2023 gelieferten Bauteile im Wert von mehr als 700 000 Euro, unterliegen der Russland-Embargo-Verordnung, wie die oberste deutsche Anklagebehörde weiter ausführte. Um die Sanktionen zu umgehen, habe der Deutsch-Russe die Waren zunächst aus dem Ausland nach Deutschland importiert und dann über eine Firma in Baden-Württemberg nach Russland gebracht. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 seien die Bauteile unter anderem auch über Dubai und Litauen nach Russland gelangt./bvi/DP/jha

(AWP)