Die Pläne stellten Vertreterinnen und Vertreter der Mitte-Partei, Grünen und GLP, des Arbeitnehmer-Dachverbands Travail Suisse und des überparteilichen Frauendachverbands Alliance F am Donnerstag in Bern den Medien vor. Nach ihren Angaben sind im künftigen Initiativkomitee sechs Parteien und die Zivilgesellschaft vertreten.
«Betriebswirtschaftliche Überlegungen»
Die Schweiz brauche mehr Kinder, mehr Fachkräfte und starke KMU-Betriebe, sagte der Schwyzer Mitte-Nationalrat Dominik Blunschy. Grosse Firmen gewährten bereits heute mehr Elternzeit als vorgeschrieben. «Aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen, nicht aus sozialen.»
Bis 2030 fehlten der Schweiz gemäss Zahlen der Arbeitgebenden eine halbe Million Fachkräfte, so Blunschy. KMU-Betriebe brauchten gleich lange Spiesse, weil sie sich längere Familienzeit oft nicht leisten könnten, setzte der Aargauer Unternehmer Philippe Kühni hinzu. Und am grössten sei der Fachkräftemangel bei kleinen Firmen auf dem Land.
Eine paritätisch aufgeteilte Elternzeit ermögliche es Frauen, nach einer Geburt schneller und mit höherem Pensum in den Arbeitsmarkt zurückzukehren, hielt Grünen-Parteipräsidentin Lisa Mazzone fest. Für Väter schaffe sie ein neues Recht und sorge dafür, dass Kinderbetreuung und Hausarbeit auch Männersache werde.
Je 18 Wochen
Die Allianz will, dass Väter und Mütter je Anrecht auf 18 Wochen Elternzeit haben, die grundsätzlich nacheinander bezogen werden muss und die den heutigen Mutter- und Vaterschaftsurlaub ersetzen. Bis zu vier Wochen sollen gleichzeitig bezogen werden können. Für tiefe Einkommen soll die Entschädigung bei hundert Prozent des Salärs liegen.
Finanziert werden soll die Elternzeit aus der Erwerbsersatzordnung. Die Lohnbeiträge müssten um 0,25 Prozentpunkte auf 0,75 Prozent erhöht werden, rechnete Kathrin Bertschy vor, Berner GLP-Nationalrätin und Co-Präsidentin von Alliance F. Gemäss einer Ecoplan-Studie sei mit Kosten von rund einer Milliarde Franken im Jahr zu rechnen.
Doch diese Investition in die Vereinbarkeit lohne sich, sagte Bertschy. Denn gemäss der Studie würden bei 80'000 Geburten im Jahr jährlich 2200 bis 2500 Vollzeitbeschäftigte mehr in den Arbeitsmarkt kommen. «Das sind Mütter.» Damit verbessere sich auch die wirtschaftliche Situation der Frauen.
Bei mittlerweile siebzig Prozent aller Geburten werde eine Vaterschaftsentschädigung ausgerichtet, sagte Adrian Wüthrich, Präsident von Travail Suisse und ehemaliger SP-Nationalrat. Zusätzliche Familienzeit für Väter sei wichtig, und die Möglichkeit dafür werde breit genutzt.
Vorstösse und Initiativen
Die Forderung nach einem entschädigten Elternurlaub für Väter und Mütter steht seit Jahren im Raum. Erwerbstätige Mütter erhalten während 14 Wochen eine Mutterschaftsentschädigung. 2020 hiess das Schweizer Stimmvolk zwei Wochen Vaterschaftsurlaub gut; dieser wurde Anfang 2021 eingeführt.
Auslöser für diese Abstimmung war eine Initiative für vier Wochen Vaterschaftsurlaub, mit Erwerbsersatz. Im Parlament setzte sich dann der indirekte Gegenvorschlag für zwei Wochen durch.
Vorstösse und Initiativen für einen Ausbau der Elternzeit gab es in den vergangenen Jahren mehrfach. Als bisher einziger Kanton befürwortete Genf im Juni 2023 einen 24-wöchigen Elternurlaub. Einführen darf Genf diesen aber nicht, weil der Bundesrat findet, dass die Finanzierung nicht mit dem Bundesrecht vereinbar ist.
Das Thurgauer Parlament hingegen lehnte im vergangenen Mai ein Standesbegehren für eine Elternzeit von mindestens zwanzig Wochen auf Bundesebene ab. Der Kanton Bern sagte im Juni 2023 Nein zu einer 24-wöchigen Elternzeit-Initiative. Und in Zürich hatte im Mai 2022 eine Initiative für 36 Wochen Elternzeit an der Urne keine Chance.
(AWP)