Wenn am Montag im US-Bundesstaat Iowa der Startschuss im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner fällt, dann gilt Donald Trump als klarer Favorit. Umfragen deuten darauf hin, dass der Ex-Präsident sich bei der Abstimmung in dem ländlich geprägten Bundesstaat im Mittleren Westen gegen seine ärgsten Rivalen Nikki Haley und Ron DeSantis durchsetzen kann. Die Frage ist nach Auffassung von Experten somit jedoch nicht so sehr, ob Trump gewinnt. Wichtig sei vielmehr, wie deutlich der Sieg ausfalle in der ersten Runde des parteiinternen Wahlmarathons, der sich in den kommenden Monaten durch sämtliche Bundesstaaten zieht.
Trump geht mit gewaltigen Erwartungen in die Vorwahlen. Es geht darum, für die eigentliche Präsidentschaftswahl im November den Herausforderer von Amtsinhaber Joe Biden zu finden, der bei den Demokraten als Kandidat gesetzt gilt. Die amerikanische Statistik- und Datenwebsite FiveThirtyEight, die Meinungsumfragen zusammenstellt und auswertet, schätzt Trumps Unterstützung in Iowa auf über 50 Prozent, womit er dort mehr als 30 Prozentpunkte vor Haley oder DeSantis liegt. Dass es am Ende so kommt, hält zumindest der Politikwissenschaftler David Peterson von der Iowa State University für durchaus denkbar. Er sieht Trump allein schon deshalb im Vorteil, weil dieser bereits einmal Präsident war. Hinzu kämen Trumps Stellung in der Partei - er ist mit Abstand der bekannteste Vertreter der Republikaner und nach wie vor eine ihrer prägendsten Gestalten - sowie die starke Basis christlicher Wähler in Iowa. Peterson rechnet daher damit, dass Trump mit 35 Prozentpunkten Vorsprung in dem Bundesstaat siegt. «20 Punkte wären enttäuschend.» Alles darunter würde Trumps Konkurrenz erst recht keinen K.o.-Schlag verpassen.
Der unvermeidliche Kandidat?
Mindestens 15 bis 20 Prozentpunkte müsse der Vorsprung betragen, sagt wiederum Doug Heye, ein Politikstratege der Republikaner. Sonst laufe Trump Gefahr, dass ihm der Anschein des unvermeidlichen Kandidaten abhandenkomme - was wiederum Haley oder DeSantis einen Schub verschaffen könnte. «Das ist ein absolutes Minimum für Trump. Alles, was darunter liegt, zeigt Verletzlichkeit und wird als solche aufgebauscht werden.»
Trumps Wahlkampfberater versuchen, die Erwartungen zu dämpfen. «Ein Sieg ist ein 'Sieg», sagt etwa Chris LaCivita, einer von Trumps Kampagnen-Manager - und fügt im selben Atemzug hinzu, dass noch nie ein Bewerber die Abstimmung der Republikaner in Iowa mit mehr als 12,8 Prozentpunkten Vorsprung gewonnen hat.
Ein Problem könnte die Wahlbeteiligung werden. Im Trump-Lager geht die Sorge um, dass die Anhänger des 77-Jährigen angesichts des komfortablen Umfrage-Vorsprungs es nicht für nötig halten könnten, zur Wahl zu gehen. Das gilt umso mehr, als dass für Montag auch noch eisige Temperaturen vorhergesagt sind, weshalb es sich manch ein Wähler oder eine Wählerin lieber zu Hause gemütlich machen könnte.
Komet Haley
Und dann ist da auch noch der Aufstieg von Nikki Haley in den Umfragen gerade rechtzeitig zum Auftakt der Vorwahlen. In Medien ist bereits vom Kometen Haley die Rede. Sollte die Ex-Gouverneurin von South Carolina sich in Iowa den zweiten Platz sichern, würde das ihren Anspruch als klare Alternative zu Trump untermauern und ihr für Runde zwei in New Hampshire am 23. Januar Auftrieb geben, sagen Analysten. Zwei jüngst veröffentlichte Umfragen zeigen, dass Haley in New Hampshire den Abstand zu Trump verkürzen konnte, weshalb sich schon jetzt das Augenmerk über Iowa hinaus verstärkt auf die Vorwahl in dem Bundesstaat im Nordosten der USA richtet. Haleys Wahlkampf-Sprecherin Olivia Perez-Cubas wollte nicht darüber spekulieren, wie weit Trump und seine frühere UN-Botschafterin am Montag in Iowa auseinander liegen könnten. Sie gab sich aber zuversichtlich: «Wir werden in Iowa eine starke Leistung zeigen und mit diesem Schwung nach New Hampshire ziehen.»
Bloss nicht Platz drei - DeSantis setzt voll auf Iowa
Schwieriger gestaltet sich dagegen seit geraumer Zeit der Auftritt von DeSantis. Der Gouverneur von Florida musste zuletzt in Umfragen einige Dämpfer einstecken. Mitarbeiter des einstigen Trump-Weggefährten haben eingeräumt, dass ein dritter Platz in Iowa womöglich das Aus für DeSantis' Kampagne bedeuten würde - nicht zuletzt, weil er auch in Umfragen zu New Hampshire derzeit hinter Haley liegt. Mehr als jeder andere Bewerber hat DeSantis daher seine Energie auf Iowa konzentriert, wo er alle 99 Landkreise besuchte, um Wähler zu mobilisieren. Sein Kommunikationschef Andrew Romeo setzt darauf, dass die Strategie aufgeht. «Wir glauben, dass die Menschen in Iowa unseren Ansatz belohnen werden.»
Doch selbst ein Sieg in Iowa ist noch längst keine Garantie dafür, dass man die Nominierung bereits in der Tasche hat. Ein symbolträchtiger Auftakterfolg beschert Medien- und Wähleraufmerksamkeit, doch nur drei der republikanischen Bewerber, die die acht Abstimmungen in Iowa zwischen 1976 und 2016 gewannen, wurden letztendlich zum Kandidaten der Partei gekürt. Trump etwa verlor 2016 in Iowa gegen Ted Cruz, setzte sich aber dann im weiteren Verlauf doch noch durch, wurde als Kandidat aufgestellt und siegte schliesslich bei der Präsidentschaftswahl gegen die Demokratin Hillary Clinton.
Der Unterschied: Damals startete Trump als unerfahrener Quereinsteiger und Aussenseiter. Diesmal ist er Favorit. Und das gelte selbst dann, wenn Haley in Iowa stark abschneiden und anschliessend New Hampshire gewinnen sollte, meint Wahlexperte Kyle Kondik von der University of Virginia unter Verweis auf den allgemeinen Umfragenvorsprung Trumps.
(Reuters)