Die DHL-Aktie rutschte im Dax kurz nach Handelseröffnung um rund zwei Prozent ins Minus und erreichte damit fast das tiefste Niveau des laufenden Jahres. Etwas später drehte ihr Kurs jedoch mit rund einem halben Prozent ins Plus. Das gesamtwirtschaftliche Umfeld bleibe für den Konzern herausfordernd, schrieb Alexander Irving vom US-Analysehaus Bernstein Research.
Im ersten Quartal ging der Umsatz von DHL um gut drei Prozent auf knapp 20,3 Milliarden Euro zurück. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) sank um fast ein Fünftel auf gut 1,3 Milliarden Euro. Unterm Strich war der Gewinnrückgang auf 743 Millionen Euro ähnlich stark. Der Vergleich mit den durchschnittlichen Erwartungen der Analysten fiel durchwachsen aus: Die Erlöse waren etwas schwächer, der Gewinn im Tagesgeschäft in etwa wie erwartet, der Überschuss etwas stärker.
Finanzchefin Melanie Kreis berichtete in einer Telefonkonferenz mit Journalisten von dem Sparkurs, den der Konzern in den vergangenen Monaten eingeleitet hat. Reisen und Veranstaltungen würden konzernweit eingeschränkt. Dies reiche aber nicht aus, sagte sie. Deshalb müssten auch im operativen Geschäft Kosten gesenkt werden.
So passt DHL das Netzwerk im grössten und profitabelsten Geschäftsteil mit zeitkritischen Express-Sendungen an. Der Geschäftsbereich setzt beispielsweise kleinere Flugzeuge ein. Auch nutze DHL momentan stärker die Frachträume von Passagierflugzeugen, statt Sendungen mit eigenen Frachtjets zu transportieren, berichtete Kreis. Zudem ersetze der Konzern geleaste Flugzeuge bei Ablauf der Verträge durch kleinere Maschinen.
Auch hat der Konzern bei DHL Express und im Frachtgeschäft Personal abgebaut. Dabei sei überwiegend die natürliche Fluktuation von Angestellten genutzt worden, betonte die Managerin. In beiden Sparten ging das operative Ergebnis im ersten Quartal um rund 30 Prozent zurück.
Das europäische Paketgeschäft büsste ebenfalls an operativem Gewinn ein, was die DHL mit höheren Investitionen begründete. Das Angebot von Lieferketten-Logistik entwickelte sich hingegen positiv. Hier bietet der Konzern seinen Kunden etwa den Betrieb von Lagern und die Abwicklung von Versandretouren an. Das deutsche Brief- und Paketgeschäft schnitt ebenfalls besser ab, nachdem im Vorjahr die Tarifverhandlungen das Ergebnis belastet hatten.
Man sei zwar auf einem sehr guten Weg, sagte Kreis mit Blick auf das Geschäft im Heimatmarkt. Ein Problem seien aber die hohen Investitionen. Diese seien nötig, um den Strukturwandel zu meistern und im Klimaschutz voranzukommen. Dafür reiche das angepeilte operative Ergebnis für das Gesamtjahr von 800 Millionen im deutschen Zustellgeschäft nicht aus.
«Wir müssen hier ganz klar über die Milliarde kommen», sagte Kreis. Das würde Spielraum geben, um in Deutschland zu investieren. Der Vorstand hofft auf die geplante Postgesetz-Reform, die der Post in zentralen Punkten helfen soll, etwa indem sie weniger Zeitdruck hat bei der Beförderung von Briefen.
Während das Briefgeschäft im deutschen Heimatmarkt weiter an Bedeutung verliert, wird das vom Online-Handel getriebene Paketvolumen auch hierzulande grösser. Vor der Corona-Krise lag der Rückgang der Briefmengen noch bei zwei bis drei Prozent pro Jahr, im abgelaufenen Quartal lag das Minus bei über 6 Prozent. Man müsse sich darauf einstellen, dass es auch künftig Rückgänge im mittleren einstelligen Prozentbereich geben werde, sagte Kreis.
Auf Konzernebene kann die DHL 2024 einen weiteren Gewinnrückgang nicht ausschliessen. «Wir befinden uns in einer ungewöhnlich langen Phase mit einer geringen Dynamik im Welthandel», sagte DHL-Chef Tobias Meyer laut Mitteilung. Er geht davon aus, dass der Welthandel ab dem zweiten Halbjahr lebhafter wird, und bestätigte die Ziele für 2024 und 2026.
Der Vorstand prognostiziert für das laufende Jahr ein operatives Ergebnis zwischen 6 und 6,6 Milliarden Euro. Im schlechtesten Fall wäre das ein Rückgang von gut 5 Prozent im Vergleich zu 2023 - im besten Fall ein Anstieg um 4 Prozent. Dem Rekordniveau von 2022 bleibt die DHL damit aber in jedem Fall fern - im Zweifel noch mehrere Jahre lang. Damals hatte der Konzern im Tagesgeschäft 8,4 Milliarden Euro verdient. Für 2026 hat der Vorstand zwischen 7,5 und 8,5 Milliarden Euro in Aussicht gestellt./lew/wdw/mis
(AWP)