Am Donnerstag erklomm der deutsche Leitindex erstmals seit Mai wieder ein neues Allzeithoch und nahm damit Kurs auf die 19.000-Punkte-Marke. «Die Zeichen stehen auf Zinssenkungen und damit bessere Finanzierungsbedingungen – das ist der Treibstoff für die Börse und weiter steigende Aktienkurse», sagt Jürgen Molnar von RoboMarkets. In der abgelaufenen Woche hat der Dax bis Freitagmittag 1,7 Prozent auf 18.954 Zähler zugelegt - zeitweise stieg er auf ein frisches Rekordhoch von 18.961,670 Punkten.

Immer mehr Anleger gehen davon aus, dass die US-Notenbank Fed im September die lang ersehnte Zinswende einleiten wird. Zentralbank-Chef Jerome Powell hatte den Finanzmärkten auf dem Notenbankforum in Jackson Hole das Signal für einen Lockerungsschritt im September gegeben. Die US-Währungshüter halten den Leitzins seit über einem Jahr in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent. Eine Mehrheit der jüngst von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Ökonomen geht davon aus, dass der Leitzins am 18. September um einen Viertel-Prozentpunkt gesenkt wird: Weitere Schritte nach unten im selben Umfang dürften demnach im November und Dezember folgen.

US-Arbeitsmarktbericht mit Spannung erwartet

Timing und Tempo der anvisierten Zinssenkungen macht die Fed von den US-Inflations- und Wirtschaftsdaten abhängig. Neue Hinweise auf das Vorgehen der Notenbanker erhoffen sich die Investoren daher am Mittwoch vom Beige Book, dem Konjunkturbericht der Fed. Am Freitag steht zudem der Arbeitsmarktbericht der US-Regierung auf der Agenda. «Sollte sich darin eine schnellere Eintrübung der Beschäftigungslage zeigen, muss es entsprechend schneller gehen mit der Lockerung der Geldpolitik», heisst es in einem Kommentar der LBBW. Ein massvoller, geordneter Abstieg vom Zinsgipfel sei aus heutiger Sicht das wahrscheinlichste Szenario. Allerdings «stehen die USA doch an einem Punkt in der konjunkturellen Entwicklung, wo sich die Vorzeichen rasch ändern können», warnen die LBBW-Analysten. Anfang des Monats war an den Finanzplätzen Panik ausgebrochen, als schwache Zahlen vom Jobmarkt die Angst vor einer Rezession in den USA geschürt hatten.

In der Eurozone ist der erste Zins-Schritt nach unten bereits getan. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte im Juni die Zinswende vollzogen, als sie den Zinssatz vom Rekordhoch von 4,50 auf 4,25 Prozent drückte. Angesichts des zuletzt nachlassenden Teuerungsdrucks in Deutschland wie auch im Euro-Raum setzen viele Anleger darauf, dass bei der Sitzung am 12. September die Geldpolitik erneut gelockert wird. Die Inflationsdaten gäben zwar grünes Licht für die EZB, allerdings gebe es auch weiterhin gute Gründe für einen moderaten Zinssenkungskurs, der von Sitzung zu Sitzung neu beurteilt wird, meint Christian Lips, Chef-Volkswirt der NordLB. Wie es um die Konjunktur in der Euro-Zone bestellt ist, dürften die endgültigen Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe und die Dienstleistungen im August zeigen, die Montag beziehungsweise Mittwoch veröffentlicht werden.

Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen im Blick

Zum Gesprächsthema am Markt könnten in der neuen Woche auch die Wahlen im Osten Deutschlands werden. Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP dürften mit bangen Blicken auf den Sonntag schauen. Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen sagen Umfragen den Regierungsparteien miserable Zahlen voraus. Die FDP wird demnach in beiden Parlamenten nicht vertreten sein, auch die Grünen müssen um den Einzug bangen und selbst die SPD kratzt teilweise an der Fünf-Prozent-Hürde. In Thüringen könnte erstmals die AfD stärkste Kraft werden, die in beiden Ländern als «gesichert rechtsextrem» eingestuft wird.

Zwar gilt eine Regierungsbeteiligung als ausgeschlossen, weil keine Partei mit der AfD koalieren will. Doch Werte von bis zu 30 Prozent erschweren die Koalitionsbildung und könnten der Partei Blockademöglichkeiten etwa bei der Benennung von Richtern oder Verfassungsänderungen auf Landesebene geben. Die Wahl-Ergebnisse aus Thüringen dürften am Markt genau beobachtet werden, weil sie für politische Unsicherheit sorgen könnten, sagte Thierry Wizman, Devisen- und Zinsstratege bei Macquarie.

Auf der Aktienseite rückt im Dax die Überprüfung der Indizes durch die Deutsche Börse (Mittwoch) in den Fokus. Bahnbrechende Änderungen werden nicht erwartet. Zwar gäbe es mit dem Dialyse-Spezialisten Fresenius Medical Care (FMC) und dem Anlagenbauer GEA zwei Konzerne, die sich gemessen an der Marktkapitalisierung des Streubesitzes für die erste Börsenliga qualifizieren würden - doch es fehlen die Absteiger. Auch im MDax sollte sich nicht viel tun.

(Reuters)