Sollten die Währungshüter kommenden Donnerstag tatsächlich die Zinswende einleiten, könnte das dem Aktienmarkt einen neuen Wachstumsimpuls geben. Experten weisen allerdings darauf hin, dass die hartnäckig hohen Konsumentenpreise in Europa die Währungshüter von weiteren Zinssenkungen dieses Jahr abhalten könnten. «Die Inflation liegt immer noch deutlich über dem Ziel von zwei Prozent. Ausserdem gibt es Anzeichen dafür, dass die Wirtschaft der Euro-Zone wieder etwas an Fahrt gewinnt», sagt etwa Mark Dowding, Chefanleger beim Vermögensverwalter BlueBay. Die Notenbanker versuchen, mit straffer Geldpolitik die hohe Teuerungsrate in Schach zu halten, ohne die Konjunktur abzuwürgen.
Deswegen dürfte die EZB zunächst keinen vordefinierten Pfad für weitere Zinssenkungen ankündigen, konstatiert Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. «Es ist davon auszugehen, dass die EZB die Entwicklung der Inflation weiterhin argwöhnisch beobachten wird», fasste Oliver Kohnen, Geschäftsführer des Finanzierungsvermittlers Baufi24, zusammen.
In der abgelaufenen Woche trübten Inflationssorgen und die Zweifel an einer baldigen Zinswende in den USA die Stimmung am Aktienmarkt.
Warten auf Daten auf China und Deutschland
Die neue Konjunkturdatenwoche eröffnen die am Montag anstehenden Aussenhandelsdaten aus China. Ein Exportplus und ein über den Erwartungen liegendes Importwachstum im April haben zuletzt die Hoffnungen auf eine Konjunkturerholung in China genährt. Nun wird sich zeigen, ob der Aussenhandel auch im Mai für Schwung in der chinesischen Wirtschaft gesorgt hat, die von einer anhaltenden Immobilienkrise gebremst wird.
Im späteren Wochenverlauf richten die Investoren ihren Blick auf die Konjunktur in Deutschland. Am Donnerstag stehen die Daten zu den deutschen Industrieaufträgen im April an. Von Reuters befragte Experten erwarten ein Auftragsplus von 0,5 Prozent. Der angeschlagene Sektor hatte im März wegen der schwächelnden Binnennachfrage überraschend das dritte Auftragsminus in Folge eingefahren. Am Freitag folgen die Zahlen zur deutschen Produktion.
Ebenfalls zum Wochenschluss werden auch die deutschen Exportzahlen für April veröffentlicht. Die Ausfuhren waren im Vormonat wegen der guten Nachfrage aus den USA und China überraschend stark gestiegen. Nun wird sich zeigen, ob die Entwicklung nachhaltig ist oder nicht.
In den USA legt die Regierung am Freitag den Arbeitsmarktbericht für Mai vor. Daraus erhoffen sich Börsianer weitere Hinweise auf den Zeitpunkt der ersten Zinssenkung der US-Notenbank Fed. Die Währungshüter versuchen, mit straffer Geldpolitik die Inflation einzudämmen und dabei auch den heiss gelaufenen Arbeitsmarkt abkühlen. Wegen der hartnäckig hohen Verbraucherpreise wird an den Finanzmärkten allerdings nicht vor September mit einer Zinssenkung gerechnet.
Nvidia mit Aktiensplit
Bei den Unternehmen stehen in der neuen Woche zahlreiche Hauptversammlungen an. Zum jährlichen Treffen laden die Investoren unter anderem die Autobauer Porsche AG und General Motors, der US-Streamingdienst Netflix und die Google-Mutter Alphabet ein. Ausserdem steht zum Wochenausklang ein Aktiensplit beim Chipriesen Nvidia im Terminkalender. Die Aktie des Spezialisten im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) hat zuletzt erstmals die 1000-Dollar-Marke übersprungen. Am Donnerstag schloss sie bei 1105 Dollar. «Zu hoch, meint das Management», kommentiert Jürgen Molnar, Stratege vom Broker RoboMarkets. Daher würden nun für jede gehaltene Nvidia-Aktie zehn Anteilsscheine im Depot verbucht, was das Papier für Kleinanleger attraktiver machen solle.
(Reuters/cash)