Klar, es ist nicht alles in Schutt und Asche gelegt. Aber ein Verlust von über 8 Prozent beim Swiss Market Index (SMI) in vier Handelstagen, nämlich von letztem Montag bis Donnerstag, ist schon sehr happig. Seit Sonntag breitet sich das Coronavirus auch in Europa inklusive der Schweiz aus, und seither herrscht an den Märkten Alarmstufe rot. Die Jahresperformance des SMI hat sich von zwischenzeitlich 6 Prozent nun in kurzer Zeit in ein Minus von 3,9 Prozent verwandelt (Stand Freitagmorgen vor Börsenbeginn).
Laut Remo Rosenau, Leiter Aktienresearch bei der Helvetischen Bank in Zürich, sind "wir an den Märkten noch nicht bei der Panik angekommen", wie er im cash-Börsen-Talk sagt. Sonst wären die Verluste wohl noch deutlicher. Aber die Angst habe die Anleger schon erfasst, sagt Rosenau. Schliesslich ist das Ausmass der Schäden, welche das Virus in der Wirtschaft und bei Unternehmen hinterlässt, überhaupt noch nicht abschätzbar.
Das Tableau des SMI von Montag bis zum Börsenschluss am Donnerstag ist in der Tat ein Bild des Grauens. Die Aktie der Credit Suisse schmiert in diesen vier Handelstagen 15 Prozent ab und ist damit der grösste SMI-Verlierer in diesem Zeitraum, vor der UBS mit knapp 13 Prozent. Am besten schneidet noch die Aktie von Alcon ab, das Unternehmen präsentierte diese Woche die Jahreszahlen.
Performance der SMI-Aktien vom 24. bis 27. Februar 2020 (Quelle: Bloomberg)
Am breiten Markt fielen die Verluste bei einigen Aktien noch deutlicher aus: Leclanche (22 Prozent) Lastminute.com (19 Prozent), Idorsia (16 Prozent) oder Autoneum (16 Prozent) musste schwer untendurch. Aber es gab auch einige wenige Gewinner in diesen vier Handelstagen, so zum Beispiel Implenia (22 Prozent), Züblin (2 Prozent) oder Orior (1 Prozent).
Der Börsensturz kommt mitten in der Zeit, in der die Schweizer Firmen ihre Jahresabschlüsse präsentieren. Die Leistung der Firmen vom letzten Jahr rückt dabei oft in den Hintergrund. Vielmehr interessiert die Investoren die Auswirkungen des Coronavirus auf die Geschäfte im laufenden Jahr.
Bis wann dauert die Baisse?
Remo Rosenau hat bereits viele Präsentationen von Jahresabschlüssen besucht. Die Firmenverantwortlichen sind "unaufgeregt" und "nicht im Panikmodus", wie er resümiert. Aber man erkenne, dass die Produktionsausfälle gerade in China Bremsspuren bei den eigenen Firmen hinterlassen würden. Bis wann aber die Baisse am Aktienmarkt anhalten wird, kann Rosenau nicht sagen.
Goldman Sachs geht jedenfalls davon aus, dass die Abwärtsbewegung weiter anhält und beim S&P 500 erst Ende Juli eine Bodenbildung stattfinden könnte, wie von der US-Grossbank am Donnerstag zu erfahren war (zum Artikel gehts hier). Analysten der Citigroup äussern ebenfalls grosse Zweifel, dass die Märkte sich schon bald erholen könnten.
Wenn die Leute Angst hätten wie derzeit, sei der langfristige Aspekt der Geldanlage schnell vergessen. Daher sagt Rosenau: "Wer schon investiert ist, der sollte keine Aktien verkaufen und höchstens mit Absicherung arbeiten". Und wie sollen sich Leute verhalten, die noch keine Aktien haben? "Denen würde ich raten, ein Drittel der gewünschten Position jetzt zu kaufen", so Rosenau. "Und dann den Rest kaufen, wenn die Märkte weiter sinken sollten." Und falls die Märkte nicht mehr gross sinken, hätte man wenigstens einen Drittel gekauft, so Rosenau.
Bei den Einzelaktien kommt es laut Rosenau für langfristig orientierte Anleger gar nicht so darauf an, ob man jetzt speziell tief gefallene Aktien kauft, defensive Titel oder auf eine gewisse Branche bevorzugt. "Wir setzen auf qualitativ hochstehende Aktien mit strukturellem Wachstum mit hohen Renditen auf dem eingesetzten Kapital", so Rosenau. "Es sind Aktien für schwierige wie gute Zeiten". Er nennt die Titel von Schindler, SGS, Sika oder Givaudan, aber auch die "Alphatiere" Roche, Novartis oder Nestlé. Rosenau setzt auch auf Aktien aus dem Halbleiterzyklus wie VAT oder Comet.
Im cash-Börsen-Talk äussert sich Remo Rosenau auch zur Aktie von Novartis und zur Frage, ob die Dividendenausschüttungen der Schweizer Firmen nun einen vorläufigen Höhepunkt erreicht haben.