Donald Trump kehrt zurück ins Weisse Haus. Der Republikaner setzte sich bei der US-Präsidentschaftswahl ungeachtet zahlreicher politischer Skandale und einer Verurteilung als Straftäter überraschend deutlich gegen seine demokratische Kontrahentin Kamala Harris durch.
Vor jubelnden Anhängern in Palm Beach erklärte der 78-Jährige sich am Mittwoch zum Wahlsieger, bedankte sich für die Unterstützung und kündigte ein «goldenes Zeitalter für Amerika» an. «Amerika hat uns ein beispielloses und mächtiges Mandat erteilt.» Mehrere Staats- und Regierungschefs gratulierten Trump, darunter der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schloss sich an.
Doch damit nicht genug. Trumps Partei konnte auch bei der parallel ausgetragenen Kongresswahl den Demokraten die Mehrheit im Senat abjagen. Der Ausgang im Repräsentantenhaus stand noch nicht fest. Sollten die Republikaner ihre knappe Mehrheit in der Abgeordnetenkammer verteidigen, wäre der Kongress komplett in ihrer Hand.
Trump, der in seinem von Untergangsrhetorik geprägten Wahlkampf unter anderem einen Militäreinsatz gegen den «Feind im Innern» ins Spiel gebracht hatte, würde das das Regieren erheblich vereinfachen. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, der Republikaner Mike Johnson, kündigte an, dass die Partei in der Kongresskammer bereitstehe, von nun an umgehend im Sinne der «America First»-Agenda Trumps zu handeln.
«Wir haben ein Land, das Hilfe braucht, und es braucht sie sehr dringend»
Von Harris lag zunächst keine Stellungnahme vor. Einen geplanten Auftritt auf einer Wahlparty liess die 60-Jährige absagen. Umfragen hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen ihr und Trump erwarten lassen und nahegelegt, dass es wie 2020 Tage dauern könnte, bis das Ergebnis feststeht. Danach sah es im Laufe der Wahlnacht zunächst auch aus. Doch als nach und nach die Ergebnisse aus den umkämpften Swing States eintrudelten, kristallisierte sich unerwartet schnell heraus, dass es auf einen Sieg Trumps hinausläuft.
Da in den meisten Bundesstaaten aufgrund des Wahlverhaltens in der Vergangenheit schon vorab in der Regel klar ist, welche Partei sich durchsetzt, kam es vor allem auf die Swing States an. Denn dort haben mal die Demokraten, dann wieder die Republikaner die Nase vorn. Nach Prognosen mehrerer US-Medien gewann Trump mindestens vier der sieben Swing States. Bei den Wahlleuten, die über die Bundesstaaten vergeben werden und letztlich das Staatsoberhaupt wählen, lag Trump bis Mittag (MEZ) nach Berechnungen des Datenanbieters Edison Research mit 279 Stimmen uneinholbar in Führung.
Der Sieg hatte sich spätestens gut sieben Stunden nach Schliessung der meisten Wahllokale entlang der US-Ostküste abgezeichnet. Daraufhin rief der konservative Sender Fox News Trump als Sieger aus. Der Republikaner trat wenig später in einer Veranstaltungshalle in der Nähe seines Wohnsitzes in Florida vor seine Anhänger, die ihn mit «USA, USA, USA»-Sprechchören empfingen.
«Wir haben ein Land, das Hilfe braucht, und es braucht sie sehr dringend», sagte er und versprach, jeden Tag für die US-Bevölkerung zu kämpfen. «Wir werden unsere Grenzen reparieren und wir werden alles an unserem Land reparieren.» Dann spielte er auf das gescheiterte Attentat an, bei dem er im Juli während einer Wahlkampfrede mit einem Streifschuss am Ohr verletzt wurde und bei dem die inzwischen ikonischen Aufnahmen entstanden, die ihn mit gereckter Faust zeigen, während man seinen Lippen die Worte «Kämpft, kämpft, kämpft» ablesen kann. Viele Menschen hätten ihm gesagt, dass Gott sein Leben aus gutem Grund verschont habe: «Und dieser Grund war es, unser Land zu retten und die Grossartigkeit Amerikas wiederherzustellen.»
Nato-Partner gewarnt
Auf dem Rednerpult stand «Trump will fix it» geschrieben, darunter «Make America great again». Nachwahlbefragungen zufolge profitierte Trump besonders davon, dass ihm die Wählerinnen und Wähler mehr Wirtschaftskompetenz zutrauten als Harris. Knapp ein Drittel nannte die Wirtschaft als wichtigstes Wahlthema.
Gut 45 Prozent gaben an, dass die finanzielle Lage ihrer Familie heute schlechter sei als vor vier Jahren. Trump trat im Wahlkampf mit dem Versprechen auf, rigider gegen illegale Einwanderer vorzugehen, die Inflation auszumerzen und die Wirtschaft in den USA anzukurbeln. Bei vielen wichtigen Wählergruppen verfing das. Er kam unter anderem bei Geringverdienern, jungen Leuten und Hispanics besser an als 2020. Auch in Vorstadtbezirken, ländlichen Regionen und sogar in einigen Grossstädten, die traditionell eine Hochburg der Demokraten sind, schnitt er besser ab als vor vier Jahren.
Im Ausland wurde die Wahl ebenfalls mit Spannung verfolgt, erinnert man sich doch nur allzu gut an die Turbulenzen während Trumps erster Amtszeit. Gerade in der Aussenwirtschaft und -politik gilt er als unberechenbar. Ähnlich wie damals und getreu seinem Motto «America First» drohte Trump im Wahlkampf auch diesmal ausländischen Staaten, insbesondere China, mit drastischen Strafzöllen.
Er hat die Unterstützung der Ukraine infrage gestellt und Nato-Partner gewarnt, ihnen nicht uneingeschränkt beizustehen, wenn sie nach seiner Auffassung nicht genug in das Militärbündnis einzahlen. Auch hat er erklärt, den Krieg im Gazastreifen rasch beenden zu können, jedoch nicht erläutert, wie er dies zu tun gedenkt. Das Pariser Klimaschutzabkommen will er für die USA einseitig aufkündigen.
Mit dem Sieg feiert der erste strafrechtlich verurteilte Ex-Präsident sein Comeback in Washington. Bereits von 2017 bis Anfang 2021 war Trump Präsident, zwei Mal musste er sich einem Amtsenthebungsverfahren stellen. Kurz vor Ende seiner Amtszeit stürmten am 6. Januar 2021 wütende Trump-Anhänger das US-Kapitol, um eine Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden zu verhindern. Der Mob hing der bis heute von Trump wiederholten Falschbehauptung an, ihm sei der Sieg gestohlen worden.
Trump wäre der älteste jemals gewählte Kandidat. Bislang war dies der jetzt scheidende Präsident Biden. Der inzwischen 81-jährige Demokrat wollte eigentlich erneut antreten, überliess dann aber nach mehreren Patzern und parteiinternen Druck seiner Vizepräsidentin Harris im Sommer die Kandidatur. Auf Harris folgt JD Vance als Trumps Stellvertreter.
(AWP)