Die Pleite der österreichischen Immobiliengruppe Signa stürzt die Privatbank Julius Bär in Turbulenzen. Trotzdem steigen die Aktien am Donnerstag 6 Prozent auf 50 Franken. 

Nach hohen Kreditverlusten und einer Halbierung des Jahresgewinns muss CEO Philipp Rickenbacher seinen Posten räumen - per sofort. Bär dampft einen Teil des Kreditgeschäfts ein und streicht die Boni von Rickenbacher und fünf an den Signa-Kreditentscheiden beteiligten Geschäftsleitungsmitgliedern. Die Signa-Wertberichtigung führte bei Bär für 2023 zu einem Gewinnrückgang von 52 Prozent auf 454 Millionen Franken. Analysten hatten mit gut 800 Millionen Franken Gewinn gerechnet.

Dass Julius Bär die Signa-Kredite vollständig abschreibt, überrascht viele Experten. Nicht wenige unter ihnen hatten mit einer Abschreibung in mehreren Schritten gerechnet.

Auch Kepler Cheuvreux zeigt sich überrascht, dass Julius Bär gleich das ganze Kreditengagement abschreibt. Dennoch begrüsst der zuständige Analyst, dass die Verantwortlichen bereit sind, einen Schlussstrich unter dieses Thema zu ziehen. 

Die vollständige Wertberichtigung sei ein wichtiger Schritt, meint RBC. Allerdings müsse noch deutlicher werden, dass die Auswirkungen auf das Geschäft begrenzt seien und dass auch keine regulatorischen Massnahmen folgten. Bis Klarheit herrsche, könnte es einige Zeit dauern. Allerdings sei die Entwicklung der Netto-Neugelder ermutigend.

Der Markt schliesst nicht aus, dass die Bank im Zuge der Abwicklung der Kredite noch Gelder retten kann und zu einem späteren Zeitpunkt ausserordentliche Erträge verbucht werden könnten.
 
Auf den Stufen Betriebsertrag, bereinigter Konzerngewinn und Konzerngewinn nach IFRS werden nach dem Kahlschlag die Schätzungen klar verfehlt. Dasselbe gilt für das Kosten/Ertrags-Verhältnis. Auch beim Nettoneugeld und der Höhe der verwalteten Kundenvermögen per Ende Dezember wurden die Erwartungen nicht ganz erfüllt. Einer der wenigen Lichtblicke ist die stabile Bruttomarge und die Dividende, die auf dem gleihen Niveau wie im Vorjahr ausbezahlt werden soll. Bei möglichen Aktienrückkäufen spielt das Unternehmen selber noch auf Zeit und stellt entsprechende Informationen für später im Jahr in Aussicht.

Kosteneinsparungen stehen im Vordergrund

“Julius Bär nannte in der Medienmitteilung keinen konkreten Ausblick für 2024, jedoch könnte im Laufe des Jahres ein Aktienrückkaufprogramm angekündigt werden”, schreibt Michael Klien, Analyst bei der ZKB, in einer ersten Reaktion. Zudem stehen die Suche nach einem neuen CEO sowie der Ausstieg aus dem Private Debt Engagement im Vordergrund. Das verbleibende Private-Debt-Portfolio von 0,8 Milliarden Franken (2 Prozent des gesamten Kreditportfolios) wird über die Zeit abgebaut.

“Im operativen Geschäft machen sich die Stärke des Schweizer Frankens sowie die geringere Volatilität und die reduzierten Kundentransaktionen bemerkbar”, so der ZKB-Analyst weiter. Klien geht davon aus, dass sich dies 2024 wiedererholen wird. Kosteneinsparungen stünden daher weiterhin im Fokus.
 
Wie Vontobel-Analyst Andreas Venditti schreibt, zieht Firmenchef Rickenbacher die Konsequenzen aus dem Signa-Debakel. Venditti führt den letztjährigen Gewinneinbruch vor allem auf den Abschreiber im Kreditgeschäft zurück. Um diesen einmaligen Einschnitt bereinigt, verfehlt der Vorsteuergewinn seinen Berechnungen zufolge die Markterwartungen um rund 5 Prozent.

Der Analyst glaubt, dass der Entscheid, aus dem Private-Debt-Geschäft auszusteigen, künftig auf die Margen- und Gewinnentwicklung drücken könnte.

(cash, mit Material von AWP und Reuters)