Volkswagen setzt künftig auf Technologie aus dem Silicon Valley, um seine Software fitt zu machen: Der Wolfsburger Autobauer holt sich nach jahrelangen Problemen bei der Softwaretochter Cariad nun Hilfe bei dem Elektroauto-Startup Rivian und nimmt für ein Software-Gemeinschaftsunternehmen bis zu fünf Milliarden Dollar in die Hand. Im Folgenden eine Übersicht über die wichtigsten Fragen bei dem Geschäft:

Was steht hinter der Entscheidung?

Der ehemalige VW-Chef Herbert Diess gründete Cariad als eigenständige Software-Firma. Er träumte davon, Cariad zu einem führenden Unternehmen in Europa zu machen und die Software auch an andere Autobauer zu verkaufen. Doch von diesen Träumen ist nach fortwährenden Problemen nicht mehr viel übrig, schon die aktuelle Softwareversion für die neuen Autos von Porsche und Audi machte vor allem mit Verzögerungen Schlagzeilen. Um zu verhindern, dass auch die Software für die künftigen Fahrzeuge auf der SSP-Plattform, die ab 2028 auf den Markt kommen sollen, sich wieder verspätet, setzt VW-Chef Oliver Blume nun auf die Zusammenarbeit mit Rivian. Wie schon bei der Partnerschaft mit Xpeng in China zielt das Projekt darauf ab, schneller zum Ziel zu kommen und die nötigen Investitionen unter Kontrolle zu halten.

Ein wichtiger Grund ist, dass die Entwicklung beim «Software Defined Vehicle» sich grundsätzlich von der althergebrachten Herangehensweise eines Autobauers unterscheidet: Statt das Auto zu entwerfen und die nötige Steuerung später einzubauen, steht hier die Software am Anfang und das Fahrzeug wird darauf abgestimmt. Cariad-Chef Peter Bosch selbst spricht von einem «Paradigmenwechsel», der stattfinden müsse. Mit der Kooperation solle nun vorgebaut werden, um ein Debakel wie bei der Software für Fahrzeuge wie den Porsche Macan und den Audi Q6 Etron zu verhindern, die mit jahrelanger Verspätung auf den Markt kamen, sagte ein Insider.

Was bringen die beiden Parteien ein?

Volkswagen bringt das Geld mit und liefert Skaleneffekte. Insgesamt werden bis zu fünf Milliarden Dollar investiert, Geld, das Rivian für die Entwicklung neuer Modelle dringend benötigt.

Der US-Elektroautobauer steuert im Gegenzug seine Patentrechte an der Software bei, die sowohl für Rivian-Fahrzeuge als auch für Volkswagen-Modelle genutzt werden soll. Die ersten Autos mit Rivian-Technologie - Software, Zentralrechner und Kabel - sollen ab 2028 auf die Strassen kommen, in erster Linie zunächst bei Fahrzeugen auf der SSP-Plattform von Audi und Porsche. Möglicherweise könnten einzelne Elemente aber auch schon davor zum Einsatz kommen. Die Rivian-Ingenieure haben bereits Komponenten getestet, um zu sehen, wie die Technologie kombiniert werden kann.

Wie ist das Geschäft strukturiert?

Die geplante Zusammenarbeit enthält zwei wesentliche Faktoren: Da ist zum einen das geplante Gemeinschaftsunternehmen, an dem Volkswagen und Rivian jeweils einen Anteil von 50 Prozent halten sollen. VW investiert bis zu zwei Milliarden Dollar in das Projekt, die Hälfte davon Ende 2024 und den Rest 2026. Dabei geht es um Direktinvestitionen und Kredite.

Das zweite Element ist eine direkte Beteiligung von Volkswagen an Rivian im Volumen von bis zu drei Milliarden Dollar in mehreren Schritten. Auf Basis des derzeitigen Börsenwertes käme VW letztlich damit auf einen Anteil von 25 Prozent an Rivian und wäre damit grösster Aktionär vor Amazon.

Was bedeutet das für Cariad?

Die Software-Tochter wird sich künftig vor allem auf die Softwareversionen für die Fahrzeuge konzentrieren, die derzeit schon auf dem Markt sind oder bald kommen sollen. Dazu kommt die Verantwortung für das Thema autonomes Fahren, das auch bei Cariad weiterentwickelt werden soll. Schon jetzt arbeiten kaum Entwickler an der neuen Software für die SSP-Plattform, bei der die Verantwortung auf das Gemeinschaftsunternehmen übergeht. Unklar ist derzeit, wie viele und welche Mitarbeiter von Cariad in das neue Gemeinschaftsunternehmen wechseln. Zuständig bei Cariad für das Thema Software Defined Vehicle ist übrigens mit Sanjay Lal ein ehemaliger Rivian-Manager. 

(Reuters)