Der AWP-Konsens geht für die Grossbank UBS von einem Geschäftsertrag von 12,1 Milliarden und einem Konzernergebnis von 637 Millionen Dollar aus. Neben den Quartalsergebnissen interessieren die Finanzgemeinde insbesondere die Entwicklung bei der Integration der Credit Suisse. UBS-Chef Sergio Ermotti sprach zuletzt von bereits "vielen Fortschritten". Es brauche aber noch bedeutende Restrukturierungsmassnahmen und Optimierungen. Die Integration sei "ein Marathon, kein Sprint".

Hinzu gekommen sind nach der Veröffentlichung des Bundesratsberichts zur Bankenstabilität nun die grossen Diskussionen über einen zusätzlichen Kapitalbedarf. Entscheide dürften zwar nicht vor Abschluss der PUK zum Untergang der CS fallen, der bis Ende des Jahres erwartet wird. Jegliche weitere Aussagen zur Thematik könnten den Aktienkurs jedoch deutlich bewegen, heisst es am Markt. Gemäss Finanzministerin Karin Keller-Sutter könnte es sein, dass die UBS zusätzliches Kapital in der Grössenordnung von 15 bis 25 Milliarden Franken aufbauen muss. UBS-Präsident Colm Kelleher sprach sich vehement dagegen aus. Viele Analysten sehen damit auch die geplante Kapitalrückführung an die Aktionäre in Gefahr.

Das erste Quartal 2024 ist erst das dritte Geschäftsquartal, in dem die im Juni 2023 übernommene CS vollständig zur UBS gehört. Ein Vergleich der Ertrags- und Gewinnzahlen mit den Zahlen der alten UBS aus dem ersten Quartal 2023 ist daher weiterhin nicht sehr aussagekräftig. Wegen zahlreicher schwer einschätzbarer Sonderfaktoren wie etwa Restrukturierungskosten oder Abwicklungsverluste gehen die Schätzungen der Analysten zudem weit auseinander. Beim Konzernergebnis bewegt sich die Spanne beispielsweise zwischen 399 und 800 Millionen Dollar.

Netto-Neugelder dank Win-Back-Strategie

Die UBS selbst hatte im Februar bereits eine deutlich Verbesserung des Reinergebnisses im ersten Quartal im Vergleich zum Vorquartal, zu einem gewissen Teil saisonbedingt, in Aussicht gestellt. Wie immer gibt es diverse Sonderfaktoren, welche das Ergebnis in die eine oder andere Richtung beeinflussen. Bereits bekannte Einmaleffekte sind unter anderem: Rund 1 Milliarde US-Dollar Integrationskosten, gleichzeitig jedoch auch positive Bewertungseffekte von 0,7 Milliarden. Ein Nettogewinn von rund 300 Millionen Dollar wegen des/der vollständigen Ausstiegs/Abwicklung aus dem früheren CS- Geschäft mit verbrieften Produkten (Securitized Products) einerseits und ein Nettoverlust von rund 900 Millionen in der Tochter Credit Suisse AG für den Bereich andererseits.

Im Kerngeschäft der globalen Vermögensverwaltung (GWM) rechnen Analysten mit einer angezogenen Kundenaktivität und erneut hohen Netto-Neugeldern. Diese dürften weiterhin von der Win-Back-Strategie beeinflusst sein, heisst etwa von der ZKB in einem Kommentar. So versucht die UBS seit längerem, bei der CS verloren gegangene Gelder wieder zurück zu holen. Die Investment Bank dürfte derweil im Berichtsquartal laut Management in die Gewinnzone zurückgekehrt sein. Die Geschäftseinheit soll dabei von den weiteren Integrationsfortschritten profitiert haben, aber auch von einer verbesserten Marktaktivität und einer wachsenden Pipeline. So haben etwa die internationalen Aktienmärkte im ersten Quartal 2024 klar zugelegt oder auch das Beratungsgeschäft rund um Börsengänge und Unternehmenskäufe hat wieder angezogen. Dies zeigt sich bei der US-Konkurrenz oder europäischen Pendants, die bereits ihre Quartalszahlen veröffentlich haben.

Grossteil der Kosteneinsparungen später im Jahr

Experten rechnen ausserdem mit weiteren Fortschritten bei den Kosteneinsparungen. Gemäss Guidance des UBS-Managements sollen 2024 brutto weitere 2 Milliarden eingespart werden, dies nach Kosteneinsparungen im vergangenen Jahr von bereits rund 4 Milliarden. Bis 2026 will die UBS die jährlichen Kosten um insgesamt rund 13 Milliarden Dollar im Vergleich zu 2022 senken.

Der Grossteil der diesjährigen Kosteneinsparungen dürfte aber erst später im Jahr anfallen. Zuerst braucht es noch die Zusammenführung der noch immer separat geführten rechtlichen Einheiten UBS AG und Credit Suisse AG, welche den Angaben zufolge bis Mitte Jahr über die Bühne gehen soll. Laut "Financial Times" will das UBS-Management diese sogar bereits bis Ende Mai abschliessen. Damit soll auch das CS-Management gemäss der britischen Wirtschaftszeitung in den nächsten Wochen abgeschafft werden. Damit würde auch der letzte CS-Chef, Ulrich Körner, die Grossbankengruppe verlassen.

Die Schweizer Ländergesellschaften UBS Switzerland AG und Credit Suisse (Schweiz) AG sollen dann im dritten Quartal integriert werden. Erst danach kann die CS Schweiz bis 2025 schrittweise in die UBS-Systeme überführt werden, und erst danach kann es mit der Restrukturierung so richtig losgehen. Die UBS will etwa aus verlustreichen und/oder zu risikoreichen Geschäftsfeldern aussteigen. Insbesondere das Handelsgeschäft der früheren CS soll massiv verkleinert werden.

Aktienrückkaufprogramm und Dividenden

Derzeit läuft seit Anfang April ein neues Aktienrückkaufprogramm: Bis April 2026 sollen damit Aktien im Wert bis zu 2 Milliarden Dollar zurückgekauft werden. Bisher wurden aber noch keine Titel erworben.

Nach der Ankündigung der Übernahme der CS hatte die UBS Aktienrückkäufe vorerst ausgesetzt. Anfang Februar 2024 hatte die Grossbank dann angekündigt, dass es im zweiten Halbjahr 2024 wieder mit Aktienrückkäufen losgehen soll. Für das laufende Jahr 2024 war die Rede von bis zu 1 Milliarde. 2026 sollen die Rückkäufe dann die ursprünglichen Niveaus von vor der CS-Übernahme übertreffen. 2022 gab die UBS über Aktienrückkäufe 5,6 Milliarden Dollar Kapital an ihre Aktionäre zurück.

Auch die Dividenden sollen weiter steigen. Für das Geschäftsjahr 2024 strebt die UBS eine Erhöhung der Dividende pro Aktie im mittleren Zehnprozentbereich an. Für 2023 erhielten die Aktionäre der Bank eine um 27 Prozent höhere Dividende von 0,70 Dollar pro Aktie.

Stellenabbau geht wohl weiter

2023 wurden rund 10'000 Arbeitsplätze bei der Bankengruppe abgebaut. Die Zahl der Vollzeitstellen des kombinierten Konzerns aus UBS und CS lag Ende Dezember bei rund 113'000 Personen, davon rund 30 Prozent in der Schweiz. Allein in der Schweiz soll es im Zuge der Restrukturierung insgesamt zu 3000 Entlassungen kommen. 1000 davon betreffen die Integration der CS Schweiz in die Bankengruppe, weitere 2000 andere hiesige Geschäftsbereiche der CS, wie Ermotti Ende August 2023 angekündigt hatte. Global wurde der Stellenabbau bis 2026 offiziell nicht beziffert. Laut FT plant die UBS bis zum Ende der Integration mit einem Personalbestand von insgesamt 85'000 Mitarbeitern.

Die Liste der zahlreichen offenen Rechtsfälle hat sich mit der Übernahme der CS noch verlängert. Ein bedeutender Fall ist mit dem Steuerprozess in Frankreich aber hausgemacht: Am 16. November 2023 hat das oberste Gericht des Landes das Verfahren zurück zur Vorinstanz geschickt. An der grundsätzlichen Verurteilung der UBS wegen rechtswidriger Kundenanwerbung und schwerer Geldwäscherei hielt der Kassationshof fest. Die UBS habe zwischen 2004 und 2012 illegal um reiche Franzosen geworben und die Kunden dazu bewegen wollen, Schwarzgeldkonten in der Schweiz zu eröffnen.

Neu verhandelt werden müssen allerdings die Strafzahlungen und die zivilrechtlichen Schadenersatzzahlungen. Die Vorinstanz, das Berufungsgericht hatte die UBS im Dezember 2021 zu einer Zahlung von insgesamt gut 1,8 Milliarden Euro. Darin enthalten ist eine Busse in der Höhe von 3,75 Millionen, die Einziehung von 1 Milliarde Euro und eine zivilrechtliche Schadenersatzzahlung von 800 Millionen. Die UBS hatte dagegen Rekurs eingelegt und für den Fall 1,1 Milliarden Euro zurückgestellt. Wann der neue Prozess beginnen wird, ist unklar. Experten hatten ursprünglich mit Frühjahr 2024 gerechnet.

Von den anderen offenen grösseren Rechtsstreitigkeiten in jüngster Zeit hat die UBS drei (RMBS, Archegos, Mosambik) zu Ende gebracht - zwei davon hatte sie von der CS geerbt. Ausstehend sind darüber hinaus etwa noch Klagen von ehemaligen CS-Kleinaktionären im Zusammenhang mit der Übernahme durch die UBS und dem damals gezahlten Kaufpreis. Und auch die vollständige Abschreibung der CS-AT1-Anleihen im Zuge der Not-Übernahme - angeordnet durch die Finma - könnte noch rechtlichen Ärger bringen. So hat jüngst etwa ein Hedgefonds-Manager in diesem Zusammenhang laut einem Medienbericht in den USA Klage gegen Axel Lehmann, Ulrich Körner und die UBS als Rechtsnachfolgerin der CS eingereicht.

Die UBS-Aktien notieren mit aktuell rund 24,40 Franken knapp 7 Prozent unter dem Stand von Ende 2023. Im Vergleich zum Jahres- beziehungsweise Mehrjahreshoch von Ende März bei 28,62 Franken haben sie allerdings deutlich mehr verloren (-15 Prozent). Vor allem mit Beginn der Diskussionen um höhere Kapitalvorschriften im Rahmes Bundesratsberichts zur Bankenstabilität gerieten die Titel stärker unter Druck.

(AWP/cash)