Nachdem die Credit Suisse bereits seit Jahren ihre Geschäftsfelder neu ausrichtet, verdichten sich seit letzter Woche auch bei der UBS die Hinweise : Die grösste Schweizer Bank plant die grosse Umstrukturierung. Dem europäischen Branchentrend folgend wird vor allem das Investmentbanking einer Schlankheitskur unterzogen. Wie viele Stellen gestrichen werden, ist noch unklar. Die UBS hat bislang noch keine Stellung bezogen. Bereits mit dem Stellenantritt von UBS-CEO Sergio Ermotti wurde die Division redimensioniert. 

Die UBS steht in Europa nicht alleine da: Die Deutsche Bank streicht ganze 18'000 Stellen, vor allem im Aktiengeschäft. Bei der britischen HSBC fallen 5000 Stellen weg, beim Konkurrenten Barclays sind es deren 3000. Bei der BNP Paribas verschwinden 2200 Stellen und die ebenfalls französische Grossbank Société Générale verkündete im April, 1600 Jobs abzubauen, 1200 davon im Investmentbanking. Kurz: Europas Banken befinden sich derzeit in einem Selbstfindungsprozess.

Der negative Euro-Einlagenzins belastet die Gewinne der Europäischen Grossbanken. Das höhere Zinsniveau in den USA ist für Yves Becker, Experte für Bankaktien bei der Zürcher Kantonalbank, ein entscheidender Punkt, weswegen die US-amerikanischen Grossbanken derzeit die Nase vorne haben. "US-Banken können deutlich mehr Cash generieren." Wegen des höheren Zinsniveaus und der guten Wirtschaftslage in den USA sei es einfacher für die Banken, Profite zu machen, so Becker.

Tiefzinsen belasten US-Banken weniger

Tatsächlich stellen die Gewinne der US-Banken jene ihrer europäischen Konkurrenten deutlich in den Schatten. Marktführer JP Morgan verdiente 2018 mit 31 Milliarden Dollar knapp doppelt so viel Geld wie die Deutsche Bank derzeit an der Börse bewertet ist (14,5 Milliarden Euro). Diese Diskrepanz zeigt sich auch, wenn man US- und europäische Banken insgesamt vergleicht:

Laut einer Studie der Beratungsfirma EY schlossen US-Banken das Jahr 2018 mit einem Nachsteuergewinn von umgerechnet 138 Milliarden Euro ab – ein sattes Plus von 88 Prozent. Europas Banken konnten ihren Profit lediglich um 35 Prozent steigern auf 52 Milliarden Euro. Eine Studie der Deutschen Bank aus dem Frühjahr zeigt, dass europäische Banken durch die Niedrigzinsen rund 40 Prozent ihres Marktwerts verloren – und zwar an US-Banken.

Doch es sind nicht allein die unterschiedlichen Zinsniveaus. Dass US-Banken ihre europäischen Konkurrenten abgehängt haben, hat viel zu tun mit der Finanzkrise von 2008 und wie die Banken und die Politik reagiert haben. "Die US-Banken haben es geschafft, sich schneller zu restrukturieren. Bilanzen wurden zurückgefahren und Kapital aufgebaut", sagt ZKB-Experte Becker. In Europa herrsche hingehen ein grosses Flickwerk an regulatorischen Bestimmungen und Vorgaben. Hierzulande habe man daher noch mit hausgemachten Problemen zu kämpfen.

Grössere Volumina in USA

Neben den unterschiedlichen Zinsbedingungen und den niedrigeren regulatorischen Auflagen haben US-Banken einen weiteren grossen Vorteil: den grösseren Markt. Je tiefer die Zinsen sind, desto geringer sind die Margen für einzelne Transaktionen. Heisst: Es geht ums Volumen - ein Grund, weswegen das Investmentbanking in europäischen Banken zurückgefahren wird.

"Im Investmentbanking ist die Skalierbarkeit von grosser Bedeutung. Da haben die US-Banken klare Vorteile", sagt Becker. Das Problem: Das Investmentbanking frisst enorm viel Kapital. Damit sich das Geschäft rentiert, braucht es grosse Volumina. US-Banken können das einerseits finanziell besser stemmen, andererseits steht ihnen ein grösserer Markt zur Verfügung. Hinzu kommt: Die Dichte an Banken in Europa ist grösser als in den USA, die hiesige Bankenlandschaft stark zerstückelt, was sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirkt.

In Banken investieren?

Diese Entwicklung schlägt sich folgerichtig auf die Performance der Banken-Titel aus. Während der Dow Jones US Banks Index in den letzten 10 Jahren sich mehr als verdoppeln konnte, brach der EURO STOXX Banks Index um mehr als die Hälfte ein.

Kursentwicklung des EURO STOXX Banks Index in den letzten 10 Jahren, Quelle: cash.ch.

Gründe, die für ein Investment in europäische Banktitel sprechen, muss man lange suchen." Ein Punkt, der für europäische Bankentitel derzeit spricht, ist deren tiefe Bewertung," sagt Stefan Frischknecht, zuständig für Schweizer Aktien bei Schroders. Der Aktienexperte möchte das aber nicht als Kaufempfehlung verstanden wissen. Zu unsicher seien die zukünftigen Rahmenbedingungen. Insgesamt sei man derzeit eher zurückhaltend, was Bankentitel angeht.

Citigroup sticht besonders hervor

Auf der anderen Seite ist kurz- bis mittelfristig nicht abzusehen, dass US-amerikanische Banktitel an Performance einbüssen. Die höheren Zinsen, die geringere Regulierung sowie die bessere Marktstellung werden sich weiterhin positiv auf die Geschäfte der US-Banken auswirken. Eine Bankaktie, die für Anleger besonders von Interesse sein könnte, ist Citigroup.

Kursentwicklung des Dow Jones US Banks Index in den letzten 10 Jahren, Quelle: cash.ch.

Ein Analyst empfiehlt gegenüber cash die Valoren der US-Bank aufgrund ihrer starken Position im Investmentbanking. Zusätzlich habe die Bank ein enorm hohes Kosten-Einsparungsprogramm durchgeführt, welches bald Früchte tragen sollte und sich positiv auf die Eigenkapitalrentabilität auswirken dürfte. Zudem sei die Bank - wie viele US-Grossbanken - globaler aufgestellt. Dadurch sei sie weniger anfällig für weitere Zinssenkungen.

Im Juli liefterte die US-Grossbank überraschend gute Quartalszahlen. So hat sie im vergangenen Quartal trotz einer anhaltenden Flaute im Handelsgeschäft deutlich besser verdient als erwartet. Der Überschuss stieg im Jahresvergleich um rund sieben Prozent auf 4,8 Milliarden Dollar. Laut Analysten beweist Citigroup damit, dass sie trotz eines schwierigeren Umfelds gute Ergebnisse liefern kann.