Als Warren Buffett im Februar 2014 seinen berühmten jährlichen Anlagebericht veröffentlichte, blickte er zurück. 50 Jahre zuvor hatte er ein kriselndes Textilunternehmen in Massachusetts erworben und daraus schliesslich sein legendäres Anlageimperium Berkshire Hathaway geformt. Doch sein Rückblick bestand auch daraus, viele Fehler zuzugeben. Über Fehler zu sprechen, ist eigentlich sogar ein Markenzeichen von Warren Buffett. 

Sein jüngster Anlagebericht, der am Wochenende publiziert worden ist, enthält das Wort “mistake” vier Mal. Bloomberg-Autor Justin Fox hat nachgezählt. In Anbetracht des Umstandes, dass der gesamte Bericht nur 4455 Wörter enthielt, sei dies viel, so Fox. Buffett habe den kürzesten Shareholder-Newsletter innerhalb von 44 Jahren verfasst. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass sich Buffett mit 92 Jahren langsam zurückziehen wird. Berkshire steuert klar auf einen Generationenwechsel zu. Vize-Chairman Charlie Munger ist gar schon 99 Jahre alt. 

Die Häufung der Erwährung von Fehlern durch Warren Buffett  - pro 10'000 Wörtern im Anlagebrief - seit den 1970er Jahren.

Die Häufung der Erwähnung von Fehlern durch Warren Buffett - pro 10'000 Wörtern im Anlagebrief - seit den 1970er Jahren.

Quelle: Bloomberg

Die Betonung von Fehlern ist laut Fox ungewöhnlich in der Welt der Börsen-Superstars in den USA. Amazon-Gründer Jeff Bezos etwa, der auch einen viel beachteten Newsletter schreibt, habe innerhalb von 24 Jahren nur fünf Mal von Fehlern gesprochen. Nur drei davon wertet Fox als Eingeständnis - oder mögliches Eingeständnis - eines von Bezos selbst gemachten Fehlers. 

Die Erwähnung von Fehlern in Buffetts Bericht hat laut Fox durchaus eine Bedeutung. Berkshire vergleicht in einer Tabelle die jährliche Performance der eigenen Aktie mit jener des S&P 500. Leitet man daraus die relative Performance von Buffetts Gesellschaft ab, dann steht die Erwähnung von Fehlern im Zusammenhalt mit deren Aktienkurs. In den späten siebziger Jahre gab Buffett besonders oft Fehler zu. Zwischen 1979 und 1989 performte die Berkshire-Aktie im Schnitt 30 Prozent höher als der S&P 500. Ein Drittel der relativen Performance “erklärt” sich durch eine Häufung der Fehler-Erwähnung. 

Psychologisch scheint dies Sinn zu ergeben: Wenn alles gut läuft, ist man grosszügiger mit sich selber und gibt Fehler weniger bereitwillig zu. Kann also auch die Zukunft des Berkshire-Aktienkurses durch die Häufung des Wortes “mistake” in Buffetts Aktionärsbrief vorausgesagt werden? Nun, so einfach ist dies nicht. Fox verneint diese Möglichkeit gar. Allerdings: Buffett selbst ist es, der kurzfristige Aktienperformance-Betrachtungen ablehnt. Die eigentliche Lehre, die man aus Buffetts “Fehlermeldungen” ziehen kann, ist jene: Es lohnt sich, als Anlegerin oder Anleger selbstkritisch zu bleiben und bereit zu sein, Fehler zuzugeben. 

(Bloomberg/cash)