Bei den zwölf grössten globalen Banken sind die gesamten Nettoerträge mit Rohstoffen im ersten Halbjahr 2020 auf 3,8 Milliarden Dollar gestiegen und dürften laut dem Finanzdatendienst Coalition Development im Gesamtjahr 7 Milliarden Dollar übersteigen. Damit wäre es das beste Rohstoffjahr an der Wall Street seit 2011.
Der Anstieg der Handelserträge - plus 95 Prozent gegenüber dem Vorjahr - steht im Zusammenhang mit dem im April verzeichneten, erstmaligen Rutsch der Ölpreise unter Null. Anleger waren gezwungen, Wetten aufzulösen, was für die Wall Street-Händler eine Menge Chancen bot.
Der Ertragsanstieg wurde auch von Verwerfungen am Goldmarkt angeheizt. Zwar erlitten die Banken anfänglich Marktwertverluste, als die New Yorker Futures im März kletterten und einen ungewöhnlich hohen Aufschlag gegenüber den Londoner Preisen erreichten. Aber seitdem haben sie von Arbitrage-Möglichkeiten wie der Lieferung des Edelmetalls in die USA profitiert, sagt Amrit Shahani, Analysechef bei Coalition.
Rückkehr zur Stärke
"Es gab zwei günstige Faktoren: Öl und Edelmetalle", sagte Shahani. "Ich denke, dies wird das beste Jahr seit einem Jahrzehnt sein."
Der Geldsegen im Rohstoffhandel bedeutet für Banken in der Branche eine Rückkehr zur Stärke. In den letzten zehn Jahren hatten diese mit sinkenden Gewinnen zu kämpfen, als die Preise nachgaben und die Aufsichtsbehörden risikoreiche Handesgeschäfte einschränkten.
Goldman Sachs spiegelt diese veränderte Lage wider: 2017 sanken die Gewinne aus dem Rohstoffhandel auf ein Rekordtief und warfen Fragen über die Zukunft des Geschäftsbereichs auf. Bis Mai dieses Jahres hatte der Bereich bereits Handelserlöse von über 1 Milliarde Dollar erzielt, wie Bloomberg berichtet hatte.
Erträge wohl nicht nachhaltig
Allerdings rechnen nur wenige damit, dass die diesjährigen Handelserträge nachhaltig sein werden, da die extremen Marktbedingungen des Jahres 2020 sich wahrscheinlich nicht wiederholen werden.
"Bei dieser Art von Volatilität ist kaum zu sehen, wie sich das fortsetzen soll", sagte Shahani. "Ich glaube, die meisten Banken denken auch, dass dies nicht der Fall sein wird. Deshalb versuchen sie, mehr langfristige Geschäfte zu machen."
Coalition verfolgt die Rohstofferträge von Banken wie Goldman, J.P. Morgan und Morgan Stanley. Die Analyse umfasst keine australischen, kanadischen oder Schwellenländer-Banken, die in Rohstoffen stark vertreten sind, wie beispielsweise Macquarie Group.
(Bloomberg)