Volkswagen lässt wegen der unsicheren Konjunktur Vorsicht walten: Die Wolfsburger schlugen zwar im zweiten Quartal dank der noch vollen Auftragsbücher aus dem Vorjahr mehr Fahrzeuge los und steigerten das operative Ergebnis kräftig. Bei der Frage, wieviele Autos in diesem Jahr ausgeliefert werden können, wird die Führungsspitze um Konzernchef Oliver Blume aber zurückhaltender. Sie geht für 2023 nun von einer Spanne zwischen neun und 9,5 Millionen ausgelieferten Fahrzeugen aus statt der bisher erwarteten 9,5 (Vorjahr 8,3) Millionen Einheiten, wie Volkswagen am Donnerstag mitteilte. An den übrigen Finanzzielen hielt der Konzern fest. Konkurrent Mercedes-Benz wird dagegen zuversichtlicher und hob nach einem deutlichen Ergebnisanstieg sein Gewinnziel an.

Bei der Rendite liegen zwischen dem Stuttgarter Oberklassehersteller, der auf das hochprofitable Luxussegement setzt, und dem Volumenhersteller aus Wolfsburg Welten. Während bei Mercedes im Kerngeschäft mit Pkws 13,6 Prozent vom Umsatz als operatives Ergebnis hängenblieben, fuhr Volkswagen in der Breite seines Geschäfts im zweiten Quartal mit sieben Prozent nur etwa halb soviel ein.

Transportengpässe

Sorgen bereiten den Wolfsburgern vor allem Logistikprobleme: "Wir bewegen uns nun von einem Engpass bei Chips zu einem Engpass beim Transport", sagte Finanzchef Arno Antlitz am Donnerstag bei einer Telefonkonferenz mit Analysten. Es fehlten sowohl Züge als auch Lkw-Fahrer, und das nicht nur in Europa. Auch der US-Autobauer General Motors hatte über Logistikprobleme geklagt.

Deutlich wird das Problem im Barmittelzufluss (Netto-Cashflow), der im Zeitraum April bis Juni um 72 Prozent auf 226 Millionen Euro einbrach. Antlitz sprach von einer anormalen Situation. Einerseits verfüge der Konzern über hohe Auftragsbestände, könne andererseits viele Fahrzeuge aber nicht zu den Kunden bringen. Deshalb habe man Massnahmen ergriffen, um die Engpässe zu beseitigen. Er sei daher zuversichtlich, dass die Prognose beim Mittelzufluss von sechs und acht Milliarden Euro in diesem Jahr erreicht werde, vermutlich aber eher am untere Ende der Spanne, erläutere Antlitz.

Die Prognosesenkung bei den Auslieferungen begründete der Finanzvorstand auch mit der Situation in China, wo Volkswagen unter dem Druck aufstrebender Konkurrenten steht. Den Konzernumsatz will Volkswagen unverändert um zehn und 15 Prozent steigern und peilt eine operative Rendite zwischen 7,5 und 8,5 Prozent an. Dabei soll der Sparkurs bei den Volumenmarken im zweiten Halbjahr helfen. "Wir sind zuversichtlich, dass wir unser Renditeziel erreichen werden", sagte Antlitz.

Das operative Ergebnis steigerte Volkswagen im zweiten Vierteljahr um fast ein Viertel auf 5,6 Milliarden Euro. Der Umsatz kletterte um 15,2 Prozent auf gut 80 Milliarden Euro. Weltweit wurden in diesem Zeitraum 2,3 Millionen Fahrzeuge an Kunden übergeben, 18 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Partner sollen China helfen

Auf ihrem wichtigen Markt in China will Volkswagen nun mit Hilfe heimischer Partner den Rückstand aufholen. Dazu schliesst die Hauptmarke VW mit dem Autobauer Xpeng eine langfristig angelegte Zusammenarbeit in den Bereichen Elektromobilität, Software und autonomes Fahren. Unterlegt wird die Allianz durch eine knapp fünfprozentige Beteiligung, für die Volkswagen 700 Millionen Dollar zahlt. Aus den Äusserungen am Donnerstag wurde nun klar, dass VW sich dabei Xpengs Plattform bedient. "Wir werden die G9-Plattform nutzen und sie mit Volkswagen-Technologie kombinieren", sagte Konzernchef Oliver Blume. Details seiner Chinastrategie will der Vorstand beim nächsten Kapitalmarkttag im April in Peking präsentieren.

Dazu weitet die Konzerntochter Audi ihre Zusammenarbeit mit dem chinesischen Joint-Venture-Partner SAIC aus. Ziel beider Partnerschaften ist, Neuentwicklungen schneller auf den Markt zu bringen und Autos stärker am Geschmack der technisch anspruchsvollen chinesischen Kundschaft auszurichten.

Blume hat allen Marken Renditeziele vorgegeben, um den Konzern in der aufziehenden Konjunkturflaute wetterfest zu machen. VW und Audi absolvieren dazu Fitnessprogramme, um die Kosten zu senken und die Ertragskraft dauerhaft zu steigern. VW-Markenchef Thomas Schäfer hatte in Wolfsburg die Alarmglocken läuten lassen, als er warnte, die Zukunft der Marke stehe auf dem Spiel. Um die Rendite bis 2026 zu steigern, hat die Hauptmarke ein Programm aus Effizienzsteigerungen und Einsparungen im Volumen von zehn Milliarden Euro aufgelegt.

(Reuters)