Am Dienstag um 14.30 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) veröffentlicht das US-Arbeitsministerium die neuesten US-Inflationszahlen für den Monat Januar. Ökonomen rechnen gemäss Bloomberg mit einem leichten Anstieg der Konsumentenpreise um 0,3 Prozent. Die Inflationsrate würde sich damit in den letzten 12 Monaten von zuvor 3,4 auf 2,9 Prozent verlangsamen.

Wenn die Prognostiker Recht haben, wäre es das erste Mal seit fast drei Jahren, dass der Konsumentenpreisindex unter 3 Prozent fällt. Die Inflationsrate hatte im Dezember auf 3,4 Prozent zugelegt, nach plus 3,1 Prozent im November 2023.

Die Ökonomen der ING Bank meinen, das Hauptaugenmerk der Ökonomen gelte der Kerninflation, welche die volatilen Lebensmittel- und Energiepreise ausser Acht lässt. Die Kernrate gilt als besserer Indikator für die zukünftige Inflation. Diese dürfte etwas stärker um 0,3 Prozent anstiegen. Allerdings wollen die ING-Experten nicht ausschliessen, dass eher ein Wert von plus 0,2 Prozent erreicht wird. Fällt der Wert wie erwartet aus, dürfte das aber nur wenige Spuren auf dem Devisenmarkt hinterlassen. «Letztendlich müssen sich Anleger woanders umsehen, um die Zinserwartungen der amerikanischen Notenbank Federal Reserve zu optimieren, die derzeit im Juni eine erste Zinssenkung vorsieht», so die ING Bank.

Einen tieferen Wert als der Konsens erwartet die US-Investmentbank JPMorgan. Deren Strategen sehen eine tiefe Zahl für höchstwahrscheinlich an, welche die Desinflation-Story unterstützt. Für die weitere Börsenentwicklung bleiben die Strategen optimistisch. Obwohl der S&P 500 am letzten Freitag die 5'000-Punkte-Marke knackte, gibt es noch mehr Potenzial. Als Gründe wird die Formel aus positivem BIP-Wachstum, stärkeren Gewinnen und einer Fed, die bereit ist, ihre Geldpolitik zu lockern, angeführt.

Das unterstützt die Aktienkursentwicklung. Neben der US-Inflationsdaten liegt das zweite Augenmerk der Strategen auf den Quartalszahlen von Nvidia, welche am 21. Februar nachbörslich bekannt gegeben werden. Erst danach werden die Anlegerinnen und Anleger darüber nachdenken, welche Aktualisierungen gegebenenfalls in den Portfolios vorgenommen werden müssen, so JPMorgan.

Goldman Sachs etwas weniger zuversichtlich

Es gibt aber auch pessimistischere Stimmen wie etwa bei Goldman Sachs. Deren Ökonomen erwarten einen vorübergehenden Inflationsanstieg um 0,38 Prozent wegen überdurchschnittlicher Preiserhöhungen zu Jahresbeginn - unter anderem für verschreibungspflichtige Medikamente, Autoversicherungen, Tabak und andere medizinische Dienstleistungen.

Für die US-Aktienmärkte erwartet die US-Investmentbank bei Werten unter 0,30 Prozent bei der Kerninflation, dass sich die Kursrally an Wall Street fortsetzen wird. Ein Wert über 0,40 Prozent könnte dagegen eine Konsolidierungswelle auslösen. Alles andere dazwischen wird gemäss Goldman Sachs allerdings nur «ein Rauschen sein, und das ist wahrscheinlich der Punkt, an dem wir landen.»

Ein Anstieg von 0,3 Prozent bei der Kerninflation gilt immer noch als Obergrenze dessen, was die amerikanische Notenbank Fed kurzfristig für tolerierbar hält. Über die letzten 12 Monate dürfte die Kerninflation von 3,9 Prozent auf 3,7 Prozent sinken und damit auf einem relativ hohen Niveau stehen. Die Fed will die Inflation nachhaltig in Richtung ihres Zielwerts von 2,0 Prozent steuern, wobei das Ziel bei der Kerninflation je nach Lesart auch etwas höher bleiben dürfte. Bevor sie die Zinswende angeht, will die Fed aber sicherstellen, dass der Inflationsschub der letzten 2 Jahre auch wirklich gebrochen ist.

Thomas Daniel Marti
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