Allein seit der letzten Zinssitzung der Federal Reserve (Fed) vergangene Woche haben die Mega-Caps unter den Tech-Titel der Wall Street rund 570 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung verloren. Die Notenbank der USA kündigte weiter steigende Zinsen an. Die vor noch nicht allzu lange Zeit bejubelten Firmen wie Google, Amazon, Apple, Microsoft oder Facebook büssten aber auch weiter Börsenwert ein, weil ihre Quartalszahlen nicht überzeugten. 

Die Big-Tech-Titel verlieren damit ihren Einfluss in grossen Indices. Nachdem die Zeiten des billigen Geldes vorbei sind, fällt der S&P 500 nach Marktkapitalisierung gewichtet gegenüber einer gleich-gewichteten Version des breiten US-Marktindex' auf einen Tiefststand. 

Bei Tech untergewichtet

Wem dies allerdings nützt, sind die Faktor- oder Quant-Investoren. Gemeint sind Analysten oder Fondsteams, die Aktien auf mathematisch definierte Aspekte hin untersuchen, sei dies die Bewertung oder deren Kursverlauf. Fonds, die auf diesem Ansatz basieren, sind bei Tech typischerweise untergewichtet. Damit profitieren sie jetzt von der grösser gewordenen Marktbreite. An 11 der 13 zurückliegenden Handelstage, an denen der S&P 500 über 2 Prozent fiel, haben Fonds mit Faktor-Strategien in Richtung Value, Qualität, Momentum und niedrige Volatilität Rendite erzielt. 

"Man erhält breiter gestreute Auswahl von Gelegenheiten, so dass mehr Faktoren eine Rolle spielen", sagt Sean Phayre, Leider Quantiative Investments bei Abrdn Investment Mangement. 2019 und 2020 hätten im Gegensatz zu heute dagegen "eindimensionale" Märkte geboten. Beispiele von Fonds, die zuletzt deutlich zugelegt haben, sind der "AQR Equity Market Neutral Fund" - 21 Prozent Kursgewinn seit Oktober - oder der "Jupiter Merian Global Equity Absolute Return Fund", der 7 Prozent im Plus liegt. Im Tech-Bullenmarkt litt dieser Fonds schwer. 

Wenn sich der Markt um wenige Titel oder Sektoren dreht und die Renditen sich in einem vergleichsweise kleinen Teil des Marktes konzentrieren, verlieren die Quant-Fonds fast schon naturgemäss. Dies war der Fall, als die FAANG oder GAFAM genannten Mega-Caps der Tech-Branche in die Höhe schossen. Den Quant-Fonds und deren Mathe-Cracks in der Analyseabteilung kommt jetzt aber zugute, dass sie den ganzen Aktienmarkt nach Mustern absuchen. Deswegen investieren sie auch breit über verschiedene Marktsektoren hinweg. Der S&P 500 hat im Oktober im Zuge einer breiteren Rally - genannt auch "Old Economy Rally" - 8 Prozent gewonnen, während die Tech-Grössen gefallen sind. 

Fast schon exotische Anlageformen auf der Gewinnerseite

Der Momentum-Faktor hat sich jüngst zu diesem Gewinnerclub dazugesellt. Diese "chamäleon"-artige Anlageform ist bei den Quants sehr beliebt und sie setzt schlicht auf Gewinneraktien des vergangenen Jahres: Entsprechend haben so anlegende Fonds am der Marktwende Anfang 2022 noch massiv verloren. Doch eine Orientierung hin zu Gesundheits- und Energietiteln zahlt sich nun aus. Der 12 Milliarden Dollar schwere börsengehandelte Fonds "iShares MSCI USA Momentum Factor ETF" hat im vergangenen Monat zwei Milliarden Dollar Neugeld angezogen. Er schlug mit einer Performance von 13 Prozent im Oktober den Markt deutlich.

"Momentum ist eine Strategie für alle Wetterlagen", schrieb Christopher Harvey, Chef-Aktienstratege bei Wells Fargo, in einem Kommentar. Die Inflation sowie die Beschäftigungslage in den USA dürften für weitere Probleme sorgen und damit Momentum-Strategien nützen. Von den Firmen hinter den typischen Momentum-Aktien haben in der aktuellen Berichtssaison 87 Prozent die Gewinnprognosen übertroffen. Im gesamten S&P 500 sind es nur 70 Prozent. 

Die Value-Strategie bei den Quants geht ebenfalls auf, weil hoch bewertete Aktien in der Anlegergunst sinken, dafür tief bewertete Gelegenheiten mehr ins Zentrum rücken. Auch die Stategie mit dem Fokus auf tiefer Volatilität hat profitiert. Weniger schwankungsanfällige Aktien, darunter viele Gesundheitstitel, haben einen guten Lauf. Dies hat sich noch einmal verstärkt, seit Amazon, Google oder Microsoft schwache Resultate vermeldeten und der früheren Tech-Euphorie einen weiteren Dämpfer versetzten. Die Denkweise hinter jenem einseitigen Blick, der die exzessiven Kursanstiege unter den Tech-Aktien ermöglicht habe, sei "zerbrochen", sagt Abrdn-Stratege Phayre. Wer unter der Billiggeld-Phase gelitten habe, erhalte nun einen "Payback". 

(Bloomberg/cash)