Die Verbraucherpreise stiegen im April binnen Jahresfrist um 7,0 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat am Dienstag in einer ersten Schätzung mitteilte. Analysten hatten damit gerechnet. Noch im März lag die Teuerung bei 6,9 Prozent. Experten sagten in ersten Reaktionen zum Anstieg der Inflationsrate:
Fritzi Köhler-Geib, Chefsvolkswirtin KFW:
"Die heutigen Inflationsdaten werden mit Argusaugen betrachtet, denn der EZB-Rat hat für seine Sitzung am Donnerstag keine Forward-Guidance gegeben und aus dem Kreis der Ratsmitglieder waren zuletzt unterschiedliche Stimmen zu hören. Auf dem Tisch liegt eine weitere Erhöhung um 25 oder 50 Basispunkte. Trotz der recht hartnäckigen Kerninflation ist ein Wechsel zu kleineren Zinsschritten das wahrscheinlichste Ergebnis. Denn angesichts der rasch nachlassenden Absatzpreiserwartungen und der inzwischen weitgehend aufgelösten Materialengpässe ist ein sinkender Preisdruck von der Güterkomponente im Warenkorb absehbar. Bei den Dienstleistungen kommt es dagegen stärker auf die Lohnentwicklung an, die derzeit zwar anzieht, aber teilweise von sinkenden Profitmargen kompensiert werden könnte."
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank:
"Auf den ersten Blick sieht das nicht gut aus. Statt weiter zu fallen, steigt die Inflationsrate weiter an. Wenn es noch Argumente für weitere deutliche Zinsanhebungen der EZB bedarf, mit den April-Inflationsdaten werden sie spätestens geliefert. Zwar fiel die Inflationsrate im März deutlich, doch der neuerliche Inflationsanstieg zeigt, dass der Teuerungsdruck hoch bleibt."
Alexander Krüger, Chefökonom Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank:
"Auf dem Weg in niedrigere Gefilde hat die Inflationsrate eine Pause eingelegt. Für den eingeschlagenen Abwärtstrend ist dies zunächst unproblematisch. Es wird noch Monate dauern, bis das EZB-Preisziel langsam am Horizont sichtbar wird. Das stagflationäre Umfeld wird vorerst also anhalten. Da die Kerninflation weiter erdrückend ist, bleiben Leitzinserhöhungen das Gebot der Stunde. Finanzstabilität ist gegeben, deshalb kann die EZB am Donnerstag durchaus einen großen Zinsschritt beschließen."
Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank:
"Die Inflation ist nur deshalb etwas gestiegen, weil der starke Rückgang der Energiepreise im April 2022 aus dem Vorjahresvergleich gefallen ist. Der Inflationstrend weist weiter bergab, auch weil der Inflationsschub von den Nahrungsmitteln mittlerweile abebbt. Gut ist auch, dass die Kerninflation ohne Nahrungsmittel und Energie zum ersten Mal seit längerem etwas gefallen ist. Wegen Lohnabschlüssen von über fünf Prozent sollte der unterliegende Preisauftrieb aber hartnäckig hoch bleiben. Die EZB hat weiter ein ausgeprägtes Inflationsproblem."
(Reuters)