Das warten auf eine erste Leitzinsreduktion durch die US-Notenbank wird immer mehr zur Geduldsprobe. Höher als erwartet ausgefallene Teuerungsstatistiken lassen Zweifel an einem ersten Zinsschritt schon anlässlich des März-Treffens des Offenmarktausschusses lautwerden. Und auch die Wahrscheinlichkeit einer Leitzinsreduktion am darauffolgenden Treffen vom Mai dürfte geringer geworden sein.

Das wiederum hat auch Folgen für die Goldpreisentwicklung. Zuletzt kostete eine Feinunze des Edelmetalls erstmals seit Wochen wieder etwas weniger als 2000 Dollar. Da Edelmetalle keine Rendite abwerfen, ist die Rechnung denkbar einfach: Je höher die teuerungsbereinigten Zinsen, desto unattraktiver ist das Gold aus Anlegersicht – und umgekehrt.

Wie der Rohstoffstratege der Bank Julius Bär in einem Kommentar schreibt, zeigt sich seit der Veröffentlichung der Teuerungsstatistiken von vergangener Woche, wie verletzlich der Goldpreis momentan ist. Diejenigen Akteure, welche sich auf eine baldige Leitzinsreduktion durch die US-Notenbank hin positioniert hätten, seien von den Teuerungszahlen auf dem falschen Fuss erwischt worden.

Goldprognosen waren zuvor noch pessimistischer

Der Experte rechnet beim Gold über die nächsten 12 Monate mit einer Preiskorrektur auf 1800 Dollar je Unze. Das liegt knapp 10 Prozent unter den zuletzt bezahlten Notierungen. Auf 3-Monats-Sicht sieht er den Preis für eine Unze bei 1900 Dollar liegen.

Der Rohstoffstratege trägt damit den Erwartungen der bankeigenen Ökonomen Rechnung, wonach es in den USA bis auf weiteres zu keiner wirtschaftlichen Rezession kommt und die dortige Geldpolitik eher restriktiv bleibt. Auch den Status des Edelmetalls als sicherer Hafen in Krisenzeiten stellt er im momentanen Umfeld in Frage. Gleichzeitig warnt der Experte vor übertriebenen Spekulationen auf rasche Leitzinssenkungen. Er stuft das Gold deshalb wie bis anhin mit "Cautious" ("Vorsichtig") ein.

Mitte November war die Bank Julius Bär sogar noch vorsichtiger für das Edelmetall. Damals lag die 3-Monats-Prognose der Zürcher Bank bei 1850 Dollar je Feinunze, die 12-Monats-Prognose hingegen bei 1725 Dollar. Der Goldpreis unterscheidet sich nur unwesentlich vom Stand von Mitte November.