«Elon Musk muss weg», ruft Carolanne Fry in ihr pinkes Megafon. Die 38-Jährige führt eine Gruppe von 350 Demonstranten an, die sich vor einem Tesla-Autohaus in Portland im Bundesstaat Oregon versammelt haben. Ihr Protest richtet sich gegen den Milliardär Musk, der im Auftrag von US-Präsident Donald Trump derzeit massenhaft Beschäftigte in den Bundesbehörden entlässt und Aufträge für humanitäre Projekte stoppt. «Wir müssen Tesla zu einer toxischen Marke machen», sagt Fry. Ihr Ansatz: Musk durch wirtschaftlichen Druck zum Einlenken zwingen. Entsprechend lautet der Aufruf auf der Webseite der «Tesla Takedown»-Proteste: «Werdet überall bei den Tesla-Showrooms aktiv. Verkauft eure Teslas, verkauft eure Aktien, schliesst euch den Streiks an».
Es sind nur vergleichsweise wenige Menschen, die auf der Strasse gegen Musk protestieren. Aber sie sind ein erstes Anzeichen dafür, dass die Opposition in der zweiten Amtszeit von Trump aktiv wird. Zuletzt hatten sich insbesondere Wähler der Demokraten beschwert, dass ihre Partei nicht angemessen auf den Staatsumbau reagiert, den Musk und Trump angestossen haben. Der jüngsten Umfrage von Reuters und Ipsos zufolge befürworten ungefähr 44 Prozent der Amerikaner die Politik Trumps, die Zustimmung zu dem Republikaner bleibt damit vergleichsweise stabil.
Doch an der Börse ist erkennbar, dass Investoren zunehmend an Tesla zweifeln. Nicht nur sind die US-Indizes insgesamt im Sinkflug. Auch Tesla verliert an Glanz. Die Aktie des US-Elektroautobauers hat nach dem Wahlsieg Trumps zunächst einen Höhenflug hingelegt. Seit Mitte Dezember aber hat sie wieder rund 40 Prozent an Wert verloren. Das bereitet der Chefin einer der grössten Gewerkschaften in den USA Sorgen. Sie forderte führende Fondsmanager auf, ihre Positionen zu überdenken. «Unsere Sorge ist, dass sie wegen der Politik und der Nähe von Musk zu Trump sich zurückhalten und ihren Job nicht machen», sagte Randi Weingarten, Präsidentin der Lehrergewerkschaft. Deswegen könnten sie die Probleme bei Tesla übersehen.
Absatz bricht ein
Dabei zeichnen sich die wirtschaftlichen Probleme bei Tesla schon länger ab. 2024 verzeichnete der E-Auto-Pionier erstmals einen Absatzrückgang, die Gewinne leiden unter dem vor allem in China tobenden Preiskrieg. Seit Jahresbeginn verschärfen sich die Schwierigkeiten. In den ersten Monaten 2025 brach die Nachfrage nach Tesla-Fahrzeugen drastisch ein. So kollabierte in Deutschland im Februar der Absatz um mehr als 75 Prozent, obwohl der Elektroautomarkt insgesamt wieder anzog. Ähnlich sieht es in vielen anderen Ländern aus: In den Niederlanden wurden im Februar ein Viertel weniger Teslas verkauft, in Schweden 42 Prozent weniger, 48 Prozent waren es in Dänemark und Norwegen, 45 Prozent in Frankreich, 55 Prozent in Italien. Auch in Australien ging es um zwei Drittel abwärts.
Einen Teil des Rückgangs erklärt der Modellwechsel beim wichtigen Model Y, von dem Tesla derzeit eine modernisierte Version auf den Markt bringt. Dazu kommt die starke Konkurrenz durch chinesische und westliche Autobauer. Autoexperten verweisen auch auf die vergleichsweise alte Flotte. Musk habe zwar seine Modelle zwischenzeitlich mit Facelifts etwas aufgehübscht, sagte Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft. «Er hat im Grundsatz aber seine ursprünglich geschaffene Modellpalette nie grundlegend erneuert. Eigentlich müsste er jetzt in neu konzipierte Nachfolgemodelle investieren.» Doch das Fass zum Überlaufen gebracht habe das politische Engagement bei Trump, sagt Reindl. «Das nimmt man ihm nicht nur in den USA übel. Es ist nicht so klug, die rechte Seite abzudecken.»
Die Tesla-Autos waren lange bei liberalen US-Autofahrern als umweltfreundliche Alternative zu Verbrennerfahrzeugen beliebt. Doch inzwischen sind sie für einige zum Symbol für Trumps aggressive Politik geworden. Und so stehen sie im Mittelpunkt der Proteste. «Unsere Idee ist es, die Marke Tesla zu beflecken, den Aktienkurs zu drücken und damit direkt Musks Geldbeutel anzugreifen», sagt Carlo Voli, ein 59-jähriger Übersetzer, der bei einer Tesla-Niederlassung im Grossraum Seattle eine Demonstration organisiert hat. «Das ist etwas, was normale Menschen tun können.» Musk und Tesla äusserten sich gegenüber Reuters nicht zu den Protesten oder zum Absatzrückgang.
Auch auf Internet-Plattformen wie Instagram oder X, das inzwischen Musk gehört, wird gegen Tesla protestiert. Zu finden ist die Kritik unter den Stichworten #teslatakedown und #swasticars - ein Verweis auf die Geste Musks bei der Amtseinführung von Trump, die an einen Hitlergruss erinnert hat. Viele Tesla-Fahrer kleben Aufkleber auf ihre Fahrzeuge, auf denen steht: «Ich habe das gekauft, bevor Elon verrückt geworden ist». Andere gehen einen Schritt weiter. Rainer Eckert, ein 69-jähriger Ingenieur aus Wallingford im US-Bundesstaat Washington, hat sich zum persönlichen Boykott entschlossen. Er will sich von seinem sechs Jahre alten Fahrzeug trennen und das Geld einer gemeinnützigen Organisation spenden.
(Reuters)
4 Kommentare
Kaufe nie einen Tesla und verkaufe deinen Tesla. So einfach geht das. Musk ist nicht mehr tragbar.
Die in Europa unterirdischen Beliebtheitswerte von Musk sind lediglich die eine Hälfte des Problems. Dass die italienische Regierung als Musk freundlicher Club Abstand von der Akquisition von Starlink nimmt, zeigt die andere Hälfte des Problems: Musk zusammen mit der USA werden als im aller höchsten Masse unerlässlich eingestuft.
Aufruf zum Verkauf von Occasion-Tesla Autos? Dazu ist es zu spät. Da bleibt vermutlich nur verschenken …
Da würde ich aber vorgängig die aktuellen Verkaufs- und Auslieferungszahlen des neuen Modell Juniper ansehen. Tesla ist und bleibt ein klarer Leader in Sachen Elektromobilität.