Die Zinssätze für 10-jährige US-Staatsanleihen stiegen im vergangenen Monat um 25 Basispunkte auf 4,05 Prozent, während die Rendite für zweijährige Staatsanleihen um 2 Basispunkte auf 4,76 Prozent sank. Im Klartext bedeutet dies, dass die Wahrscheinlichkeit einer sanften Landung gestiegen ist, sagt Tim Hext, Leiter Staatsanleihenstrategien bei Pendal gegenüber Bloomberg. "Es liegt nicht so sehr daran, dass sich die Amerikaner keine Sorgen mehr um die Wirtschaft machen. Aber sie machen sich weniger Sorgen.“

Eine sanfte Landung der Wirtschaft wird immer wahrscheinlicher, schreibt auch die UBS in einer Kundennotiz am Dienstag. Solide Berichte über alles - vom Arbeitsmarkt bis zu den Bestellungen langlebiger Güter in den USA - hätten en die Befürchtungen gemildert, dass die bisherigen Straffungen der Zentralbanken eine bevorstehende Rezession auslösen könnten. Und die jüngsten Inflationszahlen hätteen die Wahrscheinlichkeit verringert, dass die Zentralbanken eine immer restriktivere Geldpolitik verfolgen müssen, um den Preisdruck abzumildern, so die UBS-Ökonomen.

Doch je wahrscheinlicher eine sanfte Landung wird, desto stärker werden diese guten Nachrichten auch auf den Finanzmärkten eingepreist. "Wir betrachten die zunehmende Beliebtheit von Positionen, die mit günstigeren Wirtschaftsergebnissen, einer Abschwächung der globalen Aktivität ausserhalb der USA und der Möglichkeit eines erneuten Anhaltens des Inflationsdrucks verbunden sind, als drei der grössten Herausforderungen für die These der sanften Landung."

Obwohl die UBS-Strategen diese Risiken genau beobachten, ist die Bank der Ansicht, dass diese Bedrohungen für die Expansion und Markterholung wahrscheinlich überwunden werden. Die Positionierung für eine sanfte Landung scheint immer noch ein attraktives Risiko-Ertrags-Verhältnis zu bieten. "Wir sind weiterhin in globalen Aktien übergewichtet und bevorzugen Engagements, die stärker an der Wirtschaftsstärke der USA ausgerichtet sind." Dazu gehören der gleichgewichtete S&P 500-Index, mittelgrosse US-Unternehmen und zyklische Werte gegenüber defensiven Werten, erläutert die UBS.

Defensive Sektoren sehen attraktiv aus

Der Marktstratege Marko Kolanovic von JP Morgan, der bereits seit Anfang Jahr pessimistisch ist, bleibt hinsichtlich der Aktienperformance skeptisch. "Seit letztem Dezember haben wir in unserem Modellportfolio eine defensivere Haltung bei Aktien und Unternehmensanleihen eingenommen, indem wir sie schrittweise auf eine stärkere Untergewichtung umgestellt und gleichzeitig das Risiko über eine Rohstoff-Übergewichtung beibehalten haben“, schrieb Kolanovic in einem Kommentar. "Diese defensive Haltung hat sich nicht durchgesetzt, und als Folge davon mussten wir angesichts der starken Rallye bei Aktien und Krediten seit Jahresbeginn einen erheblichen Verlust in unserem Modellportfolio hinnehmen.“

Die defensive Haltung wurde in den letzten Wochen noch mehr herausgefordert, da die sanfte Landung zum vorherrschenden Narrativ bei Kunden und Marktteilnehmern geworden ist, erklärte Kolanovic. "Wir sind nicht damit einverstanden, dass eine sanfte Landung als das wahrscheinlichste Szenario angesehen und eingepreist wird, und wir bleiben in unserem Modellportfolio defensiv und behalten Rohstoff-Übergewichtung bei.“

Zu den Einwänden gegen die Erwartung einer sanften Landung zählen unter anderem, dass die Zentralbanken der entwickelten Märkte in naher Zukunft wahrscheinlich keine Lockerungen vornehmen werden und die Verringerung der durch die Notenbanken zur Verfügung gestellten Liquidität anhalte. Zudem dürften die Ausfälle bei sich verschärfenden Kreditbedingungen zunehmen.

Bei den Rohstoffen sind seine bevorzugten Investments Erdgas, Agrarprodukte, Gold und Basismetalle. Mit Blick auf Aktien stellt Kolanovic fest, dass von den im S&P 500 gelisteten Unternehmen 73 Prozent beim Gewinn und 61 Prozent beim Umsatz die Erwartungen übertroffen haben. "Diskretionärer Sektor, Technologiesektor und Gesundheitswesen waren in diesem Quartal bemerkenswerte Spitzenreiter bei den Gewinnsteigerungen“, sagte er. Aber er versichert, dass "das Gesamtbild weiterhin darin besteht, dass sich sowohl das Umsatz- als auch das Gewinnwachstum im Abwärtstrend befinden.“

"Wir glauben, dass die mittlerweile völlig übereinstimmende Ansicht, dass der schlimmste Druck hinter uns liegt, in Frage gestellt werden könnte, da die Auswirkungen der geldpolitischen Straffung in der Vergangenheit nur mit Verzögerung wirken und bestimmte Wachstumsstützen wie übermässige Ersparnisse und hohe Gewinnmargen nachlassen.“ meint Kolanovic. Gerade die Tech-Indizes könnten im zweiten Halbjahr Schwierigkeiten haben, weiter zu steigen.

Kolanovic empfiehlt Anlegern deshalb folgende Positionierung: "Eine Übergewichtung Growth versus Value bleibt eine erfolgreiche Strategie, aber reine Defensivwerte könnten im zweiten Halbjahr am besten dastehen, da zyklische Werte zu weit in die Zukunft blicken.“ 

Im vergangenen Jahr lag Marko Kolanovic, einer der bekannteren "Wall-Street-Bullen", allerdings mit den meisten seiner optimistischen Börsen-Prognosen falsch. Sein Aktienexposure stutzte er erst im Dezember zurück, aber da hatte der Dow Jones auf Jahressicht bereits bis 20 Prozent nachgegeben.

 

(cash/Bloomberg)