Nach einem langen und erbittert geführten Streit hat das US-Repräsentantenhaus neue milliardenschwere Hilfen für die Ukraine bewilligt. Die Parlamentskammer beschloss am Samstag ein Paket, das etwa 61 Milliarden Dollar vorsieht, um die Ukraine im Krieg gegen Russland zu unterstützen. Die Regierung des demokratischen US-Präsidenten Joe Biden forderte seit Monaten die Bewilligung, die auch von Militärs und Verbündeten als dringend notwendig für Kiew im Kampf gegen Moskau beschrieben wurde.

Nach der Verabschiedung im Repräsentantenhaus müssen die Vorlagen noch vom Senat angenommen werden. Es gilt als sicher, dass dieser die Hilfen billigt. Bidens Demokraten haben im Senat eine Mehrheit. Der Senat wird sich am kommenden Dienstag mit dem Gesetzentwurf befassen und am Nachmittag einige vorläufige Abstimmungen abhalten. Die endgültige Verabschiedung wird für nächste Woche erwartet. Biden kündigte an, das Gesetz danach umgehend unterzeichnen zu wollen.

Die Republikaner verfügen im Repräsentantenhaus nur über eine vergleichsweise kleine Mehrheit von 218 zu 213 Stimmen. In den USA gibt es keinen Fraktionszwang. Der Präsident der Kammer, Mike Johnson, sah sich mit erbosten erzkonservativen Parteikollegen konfrontiert, die weitere Hilfen an die Ukraine ablehnten und auf die steigende US-Staatsverschuldung von 34 Billionen Dollar verwiesen. Der Abgeordnete Bob Good erklärte am Freitag, die Gesetzesentwürfe stellten ein «Abgleiten in den Abgrund einer noch grösseren Finanzkrise» dar. Dagegen hatte der einflussreiche Präsidentschaftsbewerber Donald Trump am Donnerstag erklärt, das Überleben der Ukraine sei wichtig für die USA.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich beim US-Repräsentantenhaus. «Ich bin dem Repräsentantenhaus der USA, beiden Parteien ...für die Entscheidung dankbar, die die Geschichte auf dem richtigen Weg hält», schrieb Selenskyj nach der Abstimmung auf X. Das Gesetz werde «eine Ausweitung des Krieges verhindern, Tausende und Abertausende von Menschenleben retten und unseren beiden Nationen helfen, stärker zu werden».

Bundesaussenministerin Annalena Baerbock erklärte auf X, dass nun eine grosse Hürde für die US-Ukrainehilfe genommen sei. «Die Herzen der wichtigsten Ukraineunterstützer schlagen wieder im Takt. Die USA und Europa stehen gemeinsam auf Seiten der Freiheit - gegen Putins Terrorkrieg. Heute ist ein Tag der Zuversicht für die Ukraine und Europas Sicherheit.»

Russland: US-Hilfen für Kiew werden Krisen verschärfen

Russland reagierte mit Kritik auf die Milliardenhilfen. Diese dürften «die Krisen in der ganzen Welt verschärfen», sagte eine Sprecherin des russischen Aussenministeriums. Der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow sagte der Agentur Tass, dass die Hilfen die Ukraine «weiter ruinieren» und zu mehr Toten in dem Konflikt führen würden. Russland werde mit Massnahmen im eigenen Interesse reagieren.

Die Vorlage war eine von insgesamt vier Gesetzentwürfen, die der von Republikanern beherrschten Kongresskammer zur Bewilligung vorgelegt wurden. Die anderen drei Vorlagen, die verabschiedet wurden, umfassten Gelder (rund 13 Milliarden Dollar) für Israel und Taiwan sowie ein Gesetz zur nationalen Sicherheit.

Die Union begrüsste die Entscheidung des US-Repräsentantenhausest, die milliardenschwere Waffenhilfe für die Ukraine freizugeben - und sieht nun die Bundesregierung am Zug. «Der heutige Tag kann zum Wendepunkt werden», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, der Nachrichtenagentur Reuters. «Das neue 60-Milliarden-Dollar-Hilfspaket wird nicht nur den ukrainischen Militärs die Mittel geben, auf die sie so dringend warten.» Das Paket gebe vor allem der Zivilbevölkerung Hoffnung, dass sich ihre Standfestigkeit und Zuversicht auszahle, fügte er hinzu. «Spät, aber nicht zu spät sendet Amerika ein starkes Signal der transatlantischen Partnerschaft.»

Zudem unternahm das Repräsentantenhaus einen neuen Anlauf für ein mögliches Verbot der Videoplattform Tiktok. Es stellte Tiktok ein Ultimatum für die Loslösung von ihrem chinesischen Mutterkonzern ByteDance. Wenn dies nicht geschieht, soll Tiktok in den USA aus den App-Stores von Apple und Google verbannt werden. Kritiker von Tiktok werfen der Plattform Nähe zur chinesischen Regierung und etwaige Datenspionage vor. Tiktok weist alle Vorwürfe zurück.

(Reuters)