Die St. Galler Kantonalbank schreibt im Konsens mit den Marktteilnehmern, dass die Fed am Mittwoch ihren Leitzins um weitere 0,25 Prozentpunkte auf 5.25 bis 5.50 Prozentpunkte anheben wird. "Dies wird von den Finanzmärkten erwartet und alles andere wäre eine grosse Überraschung. Wir gehen davon aus, dass es für die Fed der letzte Schritt im laufenden Zinserhöhungszyklus sein wird."

Von Interesse ist dabei weniger der Zinsentscheid an sich, sondern die damit einhergehenden Erläuterungen der Fed, wie es in Zukunft weitergehen könnte. So schreibt die ING Bank, dass die Federal Reserve voraussichtlich am 26. Juli ihre geldpolitische Straffung wieder aufnehmen wird. Die Inflation mässigt sich, liege aber immer noch deutlich über dem Zielwert. Angesichts des angespannten Arbeitsmarktes und der robusten Wirtschaftstätigkeit könnten die Verantwortlichen der Fed das Gefühl haben, dass sie kein Risiko eingehen wollen. "Deshalb wird die Fed die Aussicht auf weitere Zinserhöhungen signalisieren, aber da sich der Kreditzyklus dreht, bezweifeln wir, dass sich diese Meinung durchsetzen wird", so die Ökonomen der ING Bank..  

Ähnlich argumentiert auch Jonathan Pingle von der UBS und schreibt in einem Kommentar, dass bei der FOMC-Sitzung nächste Woche die Leitzinsen um 25 Basispunkte anheben wird zusammen mit einer Warnung, dass weitere Erhöhungen angebracht sein könnten. Damit würde sich die Fed um deren Präsidenten Jerome Powell alle Optionen offen halten, um bei Bedarf flexibel agieren zu können. "Wir gehen davon aus, dass die Kommentare des Vorsitzenden Powell nach der Sitzung nicht dazu führen werden, dass er sich auf der FOMC-Sitzung im September oder im November zu einer weiteren Zinserhöhung verpflichtet. Er mag sagen, dass eine weitere Zinserhöhung irgendwann in diesem Jahr ein gutes Basisszenario sei, aber wir erwarten von ihm, dass er vorsichtig ist und die Datenabhängigkeit berücksichtigt." 

Auch für Blackrock dürfte dies ebenfalls der letzte Zinsschritt gewesen sein. Der US-Vermögensverwalter geht jedoch noch einen Schritt weiter und meint mit Blick auf die sinkenden Inflationszahlen, dass vermutlich nicht einmal die Fed selbst eine Zinserhöhung im Moment für notwendig hält. "Bisher sind Bremsspuren beim Konsum überschaubar, der für über zwei Drittel der aggregierten Nachfrage steht. Und mit jedem Quartal, das nach dem Überschreiten des neutralen Zinssatzes ins Land geht, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die amerikanische Volkswirtschaft eine Rezession doch wird vermeiden können." Zwar sind die Wirkungsverzögerungen der geldpolitischen Straffung lang und variabel, aber inzwischen spricht einiges dafür, dass die Realwirtschaft die Schocktherapie der Fed besser verkraftet als viele befürchtet hatten. Zu beobachten sind weiterhin die möglichen negativen Auswirkungen der höheren Zinsen. Das sind die Immobilienmärkte, allen voran die Gewerbeimmobilien, sowie die Konsumentenkredite. Für endgültige Entwarnung ist und bleibt es zu früh, hält Blackrock fest. 

Die aktuellen Notierungen der Fed Fund Futures deuten mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass die Fed am Mittwoch den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte erhöht.

Thomas Daniel Marti
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