Die US-Notenbank Federal Reserve hat ihre Zinsen zum zweiten Mal in Folge unverändert gelassen. Der Leitzins bleibt in der Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent - und damit auf dem höchsten Stand seit mehr als 20 Jahren. Das teilte die Zentralbank nach einer Sitzung am Mittwoch mit.

«Die Fed lässt ihre Zinspfeile im Köcher, ist aber jederzeit bereit, noch einen abzuschiessen. Bisher ist das Inflationsrisiko nicht gebannt», so die Einschätzung von Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Trotz der straffen Linie der Notenbank hatte die US-Wirtschaft ihr Wachstum im Sommerquartal mehr als verdoppelt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Juli bis September aufs Jahr hochgerechnet um 4,9 Prozent zu. Die Fed spricht von einem «starken Tempo».

Laut KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib muss die Zentralbank den Leitzins wohl noch «eine geraume Weile» auf dem aktuellen Niveau belassen. Die BIP-Zahlen zum dritten Quartal unterstreichen aus ihrer Sicht, dass die gute konjunkturelle Lage den Preisdruck noch weiter hochhalten wird.

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank begründet in einer Notiz den Entscheid damit, dass es aus Sicht der Fed zuletzt zu keinen grösseren Überraschungen kam. Das kräftige Wachstum der US-Wirtschaft im dritten Quartal von knapp 5 Prozent war zu erwarten gewesen. Auch zeichnet sich bislang keine Schwäche am US-Arbeitsmarkt ab. Die Washingtoner Währungshüter wissen auch, dass es am Arbeitsmarkt erst dann richtig rumpelt, wenn die Wirtschaft bereits in der Rezession steckt. Für eine weitere Zinsanhebung müsste das gesamtwirtschaftliche Wachstum im Schlussquartal sich erneut als stark erweisen. Dies zeichnet sich bislang nicht ab.

Der Zinsgipfel scheint erreicht

Die Federal Reserve (Fed) hatte den Leitzins im Kampf gegen die hohe Inflation innerhalb von 16 Monaten elf Mal angehoben - zuletzt im Juli um 0,25 Prozentpunkte. Es ist eine der schnellsten und schärfsten Zinsanhebungsperioden in ihrer Geschichte. Die Notenbanker legten dann im September eine Pause ein - so wie zuvor schon im Juni. Mit der Entscheidung vom Mittwoch ist es das erste Mal seit Anfang vergangenen Jahres, dass die Fed den Leitzins bei zwei Sitzungen nacheinander unverändert lässt.

Die Federal Reserve wägt bei ihren Entscheidungen zwischen dem Inflationsrisiko und der Gefahr einer zu starken Abkühlung der Konjunktur ab. Höhere Zinsen bremsen den Preisanstieg - aber auch die Verbraucherausgaben, die die tragende Säule der US-Wirtschaft sind. Denn damit wird es unter anderem teurer, Häuser oder Autos auf Kredit zu kaufen.

Seit März 2022 hat die Fed ihren Leitzins um mehr als fünf Prozentpunkte angehoben. Die rasante Inflation war unter anderem vom Anstieg der Energiepreise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ausgelöst worden. Jüngste Wirtschaftsdaten zeigten, dass die Inflation zwar weiter höher als von der Fed angepeilt ist, sich aber abschwächt - und das Wirtschaftswachstum zugleich hoch ist. Das ist aus Sicht einiger Experten eine eher ungewöhnliche Situation.

Ungeachtet der hohen Zinsen stieg das Bruttoinlandsprodukt im Sommer im Vergleich zum Vorquartal auf das Jahr hochgerechnet um 4,9 Prozent. Das war das stärkste Wachstum der weltgrössten Volkswirtschaft seit sieben Quartalen. Volkswirte hatten im Schnitt nur ein Wachstum um 4,5 Prozent erwartet. Der Boom der US-Wirtschaft birgt das Risiko, dass die Inflation wieder Fahrt aufnehmen könnte. Die Frage für die Zukunft ist nun, ob die Fed später weitere Zinsanhebungen für notwendig halten könnte. Einige Experten in den USA können sich das bereits für den Dezember oder das kommende Jahr vorstellen, wenn die Konjunktur weiter so stark bleibt.

Andererseits stiegen zuletzt wieder die Ausfälle bei der Bedienung von Krediten und in Umfragen sprachen mehr Verbraucher von enger werdenden Finanzen. Das könnte darauf hinweisen, dass die Konsumenten-Ausgaben sich möglicherweise auch ohne weitere Zinserhöhungen abkühlen.

(AWP/Reuters/Cash)