Die US-Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten fallen zunehmend schwächer aus, Gewinnmitnahmen durch Investoren setzen die Aktienmärkte seit Anfang September unter Druck. Die US-Börse hält sich an das saisonale Drehbuch, wonach der September historisch betrachtet ein schwächerer Monat ist. Da halfen auch die rekordhohen Aktienrückkäufe durch US-Unternehmen wenig, welche in der abgelaufenen Börsenwoche den Höhepunkt erreicht haben. 

Das Fenster für Aktienrückkäufe beginnt sich nun aber zu schliessen, da ab Anfang Oktober die Berichterstattung der Firmen zum dritten Quartal ansteht. Die Nachfrage nach Aktien schon bis zum Beginn des geschlossenen Fensters dürfte um 35 Prozent sinken, schätzt Goldman Sachs. Den Start dieser sogenannten «Blackout»-Periode veranschlagt die US-Investmentbank auf den 13. September. Danach wird die Nachfrage weiter nachlassen, wenn die Hälfte der Unternehmen ins Blackout geht und somit keine eigenen Aktien zurückkaufen darf.  

Wie wichtig Aktienrückkäufe gerade für amerikanische Firmen sind, zeigt eine Studie des US-Brokers Pavilion Global Markets. Die Aufschlüsselung der Kursgewinne des S&P 500 Index von etwas mehr als 100 Prozent über die letzten zehn Jahre sieht wie folgt aus: 21 Prozent ist auf Expansion der Bewertungsmultiplikatoren zurückzuführen, 31,4 auf Gewinnsteigerungen, 7 Prozent auf Dividendenerhöhungen und 40,5 Prozent auf Aktienrückkäufe. 

Erhöhte Volatilität auch in der Schweiz

Die Kombination aus unsicherer Konjunkturlage und dem Ausbleiben der Aktienrückkäufe bis in die vierte Oktoberwoche dürfte die Schwankungsanfälligkeit der Aktienmarkt hoch halten. Derzeit notiert der Volatilitätsindex auf den S&P 500 Index (VIX) bei etwas mehr als 19 Punkten, nachdem er letzte Woche bis auf 22 Punkte hochgeschossen ist. Der VIX steht damit ein Drittel höher als während des jüngsten Kursanstiegs im S&P500 Index von etwas mehr als zehn Prozent zwischen Ende Mai und Ende Juli, als der VIX zwischen zwölf und fünfzehn Punkten hin und her pendelte. 

Die Volatilität ist allerdings nicht nur an den US-Börsen erhöht. Die durchschnittliche, tägliche Schwankungsanfälligkeit an der Schweizer Börse gemessen am Volatilitätsindex auf den Swiss Market Index (SMI) beträgt 0,96 Prozent im Vergleich zu den «normalen» 0,60 bis 0,70 Prozent. 

Trotz hoher Volatilität kein Crash

Das bemerkenswerteste Merkmal der Kursentwicklung des VIX in der letzten Woche war nicht das Ausmass des Anstiegs von 14 auf 22 Punkte, sondern wie gut die Volatilitätshändler die Bewegung vorhergesehen hatten, schreibt Ed Tom, Direktor Derivatives Market Intelligence, von der Derivatebörse Chicago Board Options Exchange (Cboe) in einem Kommentar am Montag. Während des Rückgangs des S&P 500 Index von 4,2 Prozent in der abgelaufenen Börsenwoche hielt sich der VIX-Index treu ans Drehbuch und «rutschte» nach oben ab.

Infolgedessen mussten die Volatilitätshändler ihre Positionen nur leicht nach oben anpassen und keine grosse Positions- und Preisanpassungen vornehmen - so wie dies zum Beispiel am Montag, den 5. August der Fall war. «Aus Sicht der Stimmung deutet die Entwicklung des VIX auf eine erhöhte Besorgnis, aber auf einen Mangel an Panik hin, da es zu einer geordneten und disziplinierten Preiskorrektur kam», so Tom weiter.

Fundamental hat sich seit Anfang September nicht viel verändert. Erstens blieben die Revisionen bei den Unternehmensgewinnen im Rahmen der Erwartungen. Zweitens fielen die jüngsten Konjunkturdaten durchzogen aus - sprich weder sonderlich positiv noch negativ. Somit bleibt das Narrative einer sanften Landung der US-Wirtschaft immer noch das Hauptszenario des Marktes. 

Nick Colas und Jessica Rabe von der Analysefirma DataTrek führen an, der globale Aktienausverkauf letzte Woche sei von den US-Technologiewerten angeführt worden. Der Kursrückgang war dabei nicht wirklich auf Rezessionsängste zurückzuführen, sondern eher auf eine Korrektur bei den Bewertungen. Der eine oder andere Investor dürfte deshalb die tieferen - sprich vernünftigeren - Bewertungen und Kurse dazu nutzen, sich neu zu positionieren.  

Hier schliesst sich denn auch der Kreis. Das Volumen der Aktienrückkäufe an Wall Street war 2024 bisher mit 893 Milliarden Dollar das höchste aller Zeiten, wie Goldman Sachs festhält. Nach dem Ende der «Blackout»-Periode in der vierten Oktoberwoche werden US-Unternehmen wieder eigene Aktien zurückkaufen. Das wird wieder eine wichtige Stütze für die US-Börsen sein.

Zusammen mit den vernünftigeren Bewertungen ist das eine gute Basis für die Fortsetzung der Rally bis zum Jahresende, auch wenn es vorerst holprig bleibt. Daran dürften auch die Rezessionsängste und die Ungewissheit über den Ausgang bei den US-Präsidentschaftswahlen nicht viel ändern. Erst eine wirklich eintretende Rezession dürfte zu einer grösseren Korrektur führen. 

Thomas Daniel Marti
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