Einen kompletten Rückzug aus dem Land strebt die Bank aber nicht an. UniCredit wolle keine Schritte unternehmen, die Russland ein gerechtfertigtes Motiv geben, einzugreifen und die Kontrolle über lokale Vermögenswerte der Bank zu übernehmen, sagte Unicredit-Chef Andrea Orcel am Mittwoch zu Analysten. Unter den europäischen Instituten ist UniCredit nach der österreichischen Raiffeisen Bank das Geldhaus mit der zweitgrössten Präsenz in Russland.

Da russische Banken vom globalen Zahlungsverkehrssystem SWIFT ausgeschlossen sind, spielen westliche Banken dort eine Schlüsselrolle im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr. «Alle unsere Volkswirtschaften erwerben weiterhin ausgewählte Materialien aus Russland und diese Materialien werden über die Zahlungssysteme von drei Banken abgewickelt», sagte Orcel. UniCredit will bis Ende nächsten Jahres das Volumen grenzüberschreitender Zahlungen bei seinem Russlandgeschäft auf 8,5 Milliarden Euro verringern. Ende Juni waren es noch 11,2 Milliarden Euro.

In den vergangenen zwei Jahren hat die Bank ihr grenzüberschreitendes Engagement in Russland auf rund 300 Millionen Euro reduziert. Im Februar 2022, als der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine begann, hatte es noch bei 4,5 Milliarden Euro gelegen. Ziel der Bank ist es, dieses Engagement im nächsten Jahr auf nahezu null zu senken. Russische Einlagen sollen auf weniger als zwei Milliarden Euro abgebaut werden. Das wäre eine Verringerung um 75 Prozent verglichen mit dem Niveau von Anfang 2022.

Die Strategie der Bank, ihr Russland-Geschäft allmählich zu verringern, steht in Kontrast zu den Forderungen der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese ruft schon seit geraumer Zeit europäische Geldhäuser dazu auf, angesichts der Reputationsrisiken und der Gefahr von US-Sanktionen Russland schnell zu verlassen. Die Bank wehrt sich gegen diese Forderung und hatte deswegen einen Antrag beim Gericht der Europäischen Union in Luxemburg gestellt, um Klarheit über die Verpflichtungen zu erhalten. Die wenigen europäischen Banken, die mehr als zwei Jahre nach Kriegsausbruch noch in Russland tätig sind, waren zuletzt immer stärker unter Druck der Aufsichtsbehörden diesseits und jenseits des Atlantiks geraten.

Orcel zufolge könnte eine Befolgung der EZB-Anweisungen in bestimmten Feldern mit den russischen Gesetzen unvereinbar sein. Die Bank habe daher vor Gericht um Klarstellung gebeten, um UniCredit vor unnötigen Risiken zu schützen. Die EZB habe zugestimmt, ihre Anforderungen weiter zu präzisieren, sagte der UniCredit-Chef. Die Bank werde ihre Eingabe beim Gericht fallenlassen, sollten die Klärungen die Bedenken ausräumen.

(Reuters)