Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, warf der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann am Mittwoch in Berlin «niveaulose und bösartige» Äusserungen vor. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses hatte der SPD zuvor im Deutschlandfunk «Appeasement»-Politik vorgeworfen und SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in die Nähe der Positionen von AfD und BSW gerückt. Die Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge wiederum kritisierte Kanzler Olaf Scholz (SPD) für dessen Bemerkung, dass die deutsche Debatte über die Ukraine-Hilfe «an Lächerlichkeit nicht zu überbieten» sei.

In den vergangenen Wochen hatten vor allem Grüne- und FDP-Politiker die Entscheidung des Kanzlers kritisiert, der Ukraine keine Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Dutzende Ampel-Parlamentarier hatten ihre abweichende Meinung bei einer Bundestagsdebatte in einer schriftlichen Erklärung zu Protokoll gegeben. Als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses hatte Strack-Zimmermann dabei sogar zweimal mit einem Antrag der oppositionellen Union gestimmt. Scholz und SPD-Politiker verwiesen dagegen mehrfach darauf, dass Deutschland der mit Abstand grösste europäische Waffenlieferant der Ukraine sei.

Mast warf Strack-Zimmermann, die auch FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl ist, zudem schwere Versäumnisse in deren Arbeit als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages vor. So waren aus einer geheimen Sitzung des Verteidigungsausschusses vergangene Woche Informationen von Generalinspekteur Carsten Breuer über Taurus-Marschflugkörper nach aussen gedrungen. Mehr als 100 Personen waren in der geheimen Sitzung anwesend.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Wolfgang Hellmich, forderte Konsequenzen, weil sich die Frage stelle, wie Strack-Zimmermann überhaupt noch «unabhängig und vertrauensvoll» den Ausschuss leiten könne. «Ich werde daher anregen, diese und weitere Fragen in einer Runde der demokratischen Obleute ohne die Ausschussvorsitzende zu besprechen», kündigte Hellmich an. Strack-Zimmermann wies die Vorwürfe zurück.

Die Emotionen hatte die FDP-Politikerin auch deshalb nach oben getrieben, weil sie darauf verwiesen hatte, dass der thüringische AfD-Vorsitzende Björn Höcke und die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht die Äusserung des SPD-Fraktionschefs über ein «Einfrieren» des Konflikts in der Ukraine begrüsst hätten. Mützenich «geht in die Richtung, den Russen die Arbeit abzunehmen», sagte Strack-Zimmermann. Mast begründete ihren Vorwurf der «Bösartigkeit» damit, dass dabei unterschlagen werde, dass der SPD-Fraktionschef das Wort «Einfrieren» in einer Frage verwendet habe und er zudem zu den entschiedensten Unterstützern einer grösseren Militärhilfe für die Ukraine zähle.

Erst am Vorabend hatten Scholz, Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Einheit der Ampel-Koalition beschworen. Es wäre ein Vorteil, dass «der Spirit für die ganze Regierung schon mal neu gezündet wird», hatte der Kanzler auf einer SPD-Veranstaltung gesagt, an der auch Habeck und Lindner teilnahmen. Wegen der zuletzt grossen Spannungen in der Ampel hatte Scholz zudem der FDP-Bundestagsfraktion am Dienstag zwei Stunden Rede und Antwort gestanden.

Die Grünen sind verärgert über den Kanzler und dessen Kritik an der Debatte. «Ich kann als Fraktionsvorsitzende der Grünen Bundestagsfraktion sagen, dass wir als Grüne damit weitermachen werden», kündigte Dröge an. «Da ist nichts lächerlich dran, wie manche meinen. Das ist keine Debatte, die man an irgendeiner Stelle beenden kann.»

(Reuters)