cash.ch: Herr Kalt, Aktien, der Dollar und Bitcoin sind am Mittwoch nach dem Sieg von Donald Trump stark gestiegen. Ist das nur ein vorübergehendes Bild - oder eines, das sich in den kommenden Monaten und Jahren verfestigen wird?
Daniel Kalt: Die Märkte haben in einer ersten Reaktion die Unsicherheit über den Wahlausgang ausgepreist. Nun wird sich zeigen, wie Trump sein Mandat tatsächlich ausfüllt, wie er innen- und aussenpolitisch agiert und seine Handelspolitik führt. Mit einer Mehrheit in beiden Kongresskammern wird er sicher mehr bewirken können. Nichtsdestotrotz darf man dies alles nicht überbewerten. Für die Märkte sind langfristig die Fundamentalfaktoren ausschlaggebend.
Trump will die Unternehmenssteuern senken. Wird dieses Steuerversprechen US-Aktien weiterhin beflügeln?
Da bin ich vorsichtig. Die amerikanische Staatsverschuldung ist heute fast doppelt so hoch wie 2016, als Trump zum ersten Mal an die Macht kam. Darum ist der Spielraum für Steuersenkungen heute viel kleiner als damals. In seiner ersten Amtszeit hat er zuerst die Steuern substanziell gesenkt und erst später handelspolitische Schritte unternommen. Diesmal könnte es anders laufen. Vorstellbar ist, dass Trump zuerst die Zölle hochschraubt, um fiskalischen Spielraum für die Senkung der Unternehmenssteuern zu schaffen. Doch letztlich werden die amerikanischen Konsumenten jene Importzölle bezahlen müssen. Das dürfte die Wirtschaft belasten.
Die Handelspolitik wird ein Thema bleiben, und die von Trump geplanten Zölle können auch die Schweiz betreffen. Inwieweit werden Schweizer Unternehmen und Aktien folglich belastet werden?
Trump ist Dealmaker, der zuerst einmal eine steile Ansage macht. Nun muss man schauen, inwieweit er diese Zölle effektiv durchsetzt. Er sprach von 60 Prozent für China und 10 oder gar 20 Prozent für alle anderen Länder. Sollten alle Güter und alle Länder betroffen sein, wären die Folgen stark - das würde auch uns weh tun. Selektive Zölle auf einige Güter und für einige Länder können umgangen werden - Unternehmen sind erfahrungsgemäss flexibel und anpassungsfähig. Sie können neue Handelsrouten erschliessen. So oder so sind Handelsschranken keine gute Nachricht für eine exportorientierte Volkswirtschaft wie die Schweiz. Stark exponiert Richtung USA ist beispielsweise die chemisch-pharmazeutische Industrie sowie generell jedes Unternehmen, das einen hohen Anteil seiner Wertschöpfung in der Schweiz hat und nach Amerika exportiert. Umgekehrt aber gibt es auch Firmen, die nicht oder nur wenig unter Zollschranken leiden würden.
Welche Auswirkungen einer republikanischen Regierung gehen auf die US-Notenbank Fed aus?
Die Inflation ist jüngst deutlich gesunken. Und im Moment sagen die Zentralbanken, ihre Mission sei erfüllt, die Inflation besiegt. Entsprechend kommen die Zinsen herunter. Ausschlaggebend ist nun die Frage, wann die Zölle kommen. Trump wird im Januar ins Amt ankommen, dann muss er die Zölle vorbereiten und einführen. Das kann Monate dauern. Bis wir eine Auswirkungen sehen, kann die Inflation auch in den USA schon wieder klar unter zwei Prozent liegen. Falls sie daraufhin wegen der Handelsschranken wieder steigt, haben wir eine Lage wie während eines Ölpreisschocks. Durch einen solchen sollten die Zentralbanken eigentlich hindurchschauen - also nicht übermässig darauf reagieren. Dennoch halte ich es für möglich, dass die Zinsen im US-Dollar aufgrund der Zölle leicht höher zu liegen kommen als bisher erwartet.
Wie lautet nach den Wahlen Ihre Prognose für den Dollar?
Der Dollar ist in der Nacht auf Mittwoch 0.8630 auf 0.8750 gestiegen. Wir gehen aber nach wie vor davon aus, dass die Fed die Zinsen weiter senkt und sich folglich der Zinsunterschied zur Schweiz verringert. Deshalb lautet unsere Prognose in einem Jahr weiterhin 80 Rappen je Dollar. Man darf zudem nicht vergessen, dass Trump ein noch höheres Haushaltsdefizit herbeiführen wird, der Staatshaushalt sich dadurch verschlechtern wird. Dies kann den Dollar auch belasten - der zurzeit bereits 20 Prozent überbewertet ist. In unserer Einschätzung liegt der faire Wert des Dollar bei maximal 80 Rappen.
Stichwort US-Staatshaushalt: Trump wurde kürzlich als «Schreckgespenst der Rentenanleger» bezeichnet. Unter ihm werde die Staatsverschuldung steigen, was die Anleihen unter Druck setze, hiess es. Stimmen Sie diesem Ausblick zu?
Das ist ein Frage des Zeithorizonts. Vorerst denke ich, dass die USA weiterhin von der Rolle des Dollars als führende globale Reservewährung und der Fähigkeit der US-Zentralbank profitieren werden, in Krisensituationen Unterstützung zu bieten. Aber die sich verschlechternde Haushaltssituation kann, wenn sie noch länger ungelöst bleibt, diese starke Position untergraben und dazu führen, dass Anleger eine höhere Rendite für längere Laufzeiten verlangen, was weitere Anstrengungen zur Schuldenkonsolidierung erschweren würde.
Vor den Wahlen hat die UBS den Goldpreis im September 2025 bei 2900 Dollar je Feinunze gesehen. Was hat sich an dieser Prognose durch den Wahlausgang geändert?
Im Moment haben wir keinen Grund, davon abzuweichen. Wir sehen die Rekordkäufe der Notenbanken. Wir sehen geopolitische Themen. Wir sehen den globalen Süden, der sich vom Dollar abkoppeln will. Und nun dürften sich mit Trump Bruchlinien zwischen Ost und West verstärken. Das alles spricht weiterhin für Gold.
Neben den US-Wahlen halten Konflikte wie der Krieg im Nahen Osten an. Denken Sie, dass sich die Folgen solcher Konflikte auf die Märkte nun verstärken werden?
Trump hat im Wahlkampf viel zu geopolitischen Themen gesagt. Er behauptete, er könne Kriege innerhalb einer oder zwei Wochen beenden. Es wird sich zeigen müssen, ob er das wirklich schafft. Eher auf der Hand liegt, dass die USA weiterhin Israel unterstützen werden. Zudem hat Trump während des Ukraine-Kriegs mehr Engagement von Europa gefordert. Wenn er er hier zurückschraubt, werden die Europäer mehr leisten müssen. Insgesamt erwarte ich eine erratischere US-Aussenpolitik unter Donald Trump. Mit Kamals Harris wäre diese Politik wohl eher in den gewohnten Bahnen verlaufen.
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Das steht uns auch noch bevor: Trump an Ueli Maurer:
Dear Mr. President:
On behalf of the people of the United States of America, it is my pleasure to congratulate the people of Switzerland as you celebrate your national day on August 1. The United States deeply values Switzerland’s vital partnership in promoting our shared ideals of economic freedom and democracy.
As we discussed when you visited the White House on May 16, the United States looks forward to strengthening our deep economic relationship and promoting innovation together. While you reflect on the proud history, prosperity, and success of the Swiss Confederation, please know that the United States greatly values your friendship and steadfast commitment to our common interests.