Herr Saputelli, steigende Zinsen sind für Immobilien Gift. Wie entwickeln sich die Immobilienpreise in der Schweiz?
Claudio Saputelli: Der aktuelle Zyklus dauert bereits über 20 Jahre, scheint jetzt aber unter Druck zu geraten. Firmen berichten von einer sich deutlich abkühlenden Nachfrage. So wurden etwa seit diesem Sommer im Vergleich zum Vorjahr rund 60 bis 70 Prozent weniger Reservationsverträge abgeschlossen. Bei den Eigenheimpreisen macht sich das noch nicht gross bemerkbar. Bei Renditeobjekten wie Mehrfamilienhäusern hingegen gibt es erste Zeichen für tiefe zweistellige Preiskorrekturen.
Wo ist der Stimmungswandel am grössten?
Bei Premiumlagen. Dort sind die Preise ab 2020 regelrecht explodiert. Alle dachten, dass nach der Pandemie die ultratiefen Zinsen ewig andauern. Die Preise hatten sich praktisch vom Markt abgekoppelt und kommen jetzt unter Druck.
Weil es Alternativen gibt?
Genau. Die Nettoanfangsrenditen lagen bei Objekten an erstklassigen Lagen nur marginal über einem Prozent. Das liefern zehnjährige "Eidgenossen" inzwischen auch. Bei den Kurseinbrüchen der Immobilienfonds konnte man das gut verfolgen: Es gibt ganz klar eine Umschichtung vom Backstein hin zu Anleihen.
Könnten Eigenheime verschont bleiben?
Es gibt Vorzeichen für einen moderaten Preisrückgang in den nächsten Quartalen. Neuinvestitionen in "Buy to let" sind durch die höheren Zinsen praktisch unrentabel geworden. In gewissen Regionen wurden rund 50 Prozent der Neubauten von "Buy to let"-Investoren gekauft. Das Angebot dürfte etwas weniger knapp sein. Demgegenüber dämpfen höhere Ausgaben für die Hypotheken und die sinkende Kaufkraft die Nachfrage. Da Mieten nicht mehr teurer ist als Kaufen, drängt es die Mieterschaft auch nicht mehr so stark in die eigenen vier Wände.
Wirken sich Inflationsängste nicht positiv auf die Nachfrage nach Betongold aus?
Das hat sich bisher nicht gezeigt, auch weil für Investoren noch unklar ist, wie viel sie von der Teuerung auf die Mieterschaft abwälzen können. Zudem üben steigende Zinsen Druck auf die Immobilienbewertungen aus. Angebotsseitig dämpft die Inflation zudem die Bautätigkeit. Die Baukosten sind derart gestiegen, dass viele Projekte nicht mehr rentieren.
Wie hält sich das Luxussegment?
Das reagiert deutlich empfindlicher auf die Konjunktur als der Gesamtmarkt. Oft sind die Käufer Unternehmer, die nachlassende Geschäfte spüren und auch stärker unter den Verlusten an den Finanzmärkten leiden.
Dieser Artikel erschien zuerst in der "Bilanz" unter dem Titel: UBS-Immobilienexperte: "Es gibt Vorzeichen für einen moderaten Preisrückgang in den nächsten Quartalen"
1 Kommentar
Immobilien muss man mit einem Anlagehorizont von 20 Jahren oder mehr betrachten. Der Vergleich von Miete VS Kauf ist für Bünzlis ohne Geld und Assets.