Für den Stimmungswandel ist vor allem der neue Chef der Finanzmarktaufsicht Finma verantwortlich, wie mit der Situation vertraute Personen zur Nachrichtenagentur Reuters sagten. Denn der seit dem 1. April amtierende, frühere EZB-Generaldirektor Stefan Walter hat signalisiert, dass er bei der UBS nach der Übernahme der gestrauchelten Credit Suisse dickere Kapitalpolster für angezeigt hält.

Der grösste Vermögensverwalter für Millionäre und Milliardäre rund um den Globus hofft Insidern zufolge auf eine möglichst rasche Klärung der Frage, wie hoch die Kapitalanforderungen für das Institut ausfallen. Denn die UBS-Lenker befürchteten, dass sich die Diskussionen über Monate hinziehen und die Investoren verunsichern könnten. Die UBS wolle das Lobbying in der Politik und der Öffentlichkeit intensivieren, um die neuen Regeln in ihrem Sinn zu beeinflussen, hiess es bei den mit den Plänen vertrauten Personen. Eine Schlüsselfigur sei neben Konzernchef Sergio Ermotti, der auf zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen für sein Anliegen wirbt, auch Verwaltungsrats-Vizepräsident Lukas Gähwiler, sagte einer der Insider.

«Es fehlt an Klarheit»

Die Regierung hatte Anfang April einen mehr als 300 Seiten umfassenden Bericht zum sogenannten «Too Big To Fail»-Regelwerk (TBTF) mit 22 Massnahmen veröffentlicht, die den Finanzplatz und insbesondere die UBS krisenfester machen sollen. In einer ersten Reaktion atmeten Vertreter der Konzernspitze Insidern zufolge auf, weil der Grossbank einschneidende Eingriffe erspart blieben.

Als Teil der Massnahmen sieht die Regierung dickere Kapitalpuffer vor. Sie legte aber keine Zahlen offen. Nach öffentlicher Kritik stufte Finanzministerin Karin Keller-Sutter allerdings Schätzungen als zutreffend ein, wonach die UBS weitere 15 bis 25 Milliarden Dollar an Kapital benötigen dürfte.

Es ist aber unklar, ob die UBS die 19 Milliarden, die das Institut gemäss den bereits bestehenden Bestimmungen ohnehin aufbauen muss, in dieser Summe zumindest teilweise enthalten ist oder nicht. Die Bank habe Bern ihren Standpunkt dargelegt und auf die 19 Milliarden Dollar hingewiesen, so die Insider. «Im Moment fehlt es an Klarheit, und es besteht eindeutig Klärungsbedarf», sagte Hans Gersbach, Volkswirtschaftsprofessor an der ETH Zürich. «Die Anleger müssen wissen, ob die UBS weitere 25 Milliarden Dollar auftreiben muss und in welchem Zeitrahmen.» Obwohl die neuen Regeln nicht vor 2025 oder Anfang 2026 beschlossen werden, könnte die Regierung schon vorher Klarheit über die Höhe der Kapitalanforderungen und den Zeitplan schaffen, so Gersbach.

UBS befürchtet Wettbewerbsnachteile

Die UBS und das Schweizer Finanzministerium wollten sich nicht äussern. Ein Finma-Sprecher erklärte, die Behörde müsse dafür sorgen, dass die Widerstandskraft der Banken gewährleistet sei. «Die Finma begrüsst daher die Stärkung der Kapitalbasis der Banken und steht hinter den Kapitalmassnahmen im TBTF-Bericht des Bundesrats», sagte ein Sprecher. Walter hatte Mitte Mai erklärt, dass die Credit-Suisse-Krise die Verwundbarkeit der Stammhäuser schonungslos aufgezeigt habe. «Im Fall der UBS setzen wir uns für eine volle Kapitalisierung der Beteiligungen dieser Einheit ein.» Einem Insider zufolge dürfte dies bedeuten, dass die UBS über die 19 Milliarden Dollar hinaus zusätzliches Kapital benötige. Die Finma hat bei der Festlegung der neuen Regeln eine gewichtige Stimme.

Strengere Kapitalmassnahmen sind der umstrittenste Punkt der neuen Regulierung. Die UBS befürchtet, dass sie damit im internationalen Wettbewerb benachteiligt werden könnte und der Schweizer Finanzplatz damit insgesamt Schaden nimmt. Anleger achten vor allem darauf, ob die Kapitalvorgaben die geplanten Ausschüttungen in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen gefährden. Wenn die UBS für den Fall einer schweren Krise einen überzeugenden Plan für die eigene Abwicklung vorlege und damit das Risiko für die Schweiz als Ganzes verringere, würde sich der Konzern einem Insider zufolge damit wohl einen Kapitalabschlag verdienen. Gleichzeitig könnten Analysten zufolge strengere Auflagen die UBS veranlassen, mehr Vermögenswerte zu veräussern, um Kapital freizusetzen.

(Reuters)