Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von April bis Juni um 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu, wie das Statistikamt am Donnerstag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Plus von 3,5 Prozent gerechnet, nachdem es im ersten Vierteljahr noch zu einem Plus von 3,9 Prozent gereicht hatte.

Zum Wachstum beigetragen haben Anreize der Regierung vor der Wahl im Mai, aus der Präsident Recep Tayyip Erdogan als Sieger hervorgegangen ist. Sie verdoppelte in den vergangenen gut anderthalb Jahren den Mindestlohn und gab Rekordbeträge für Sozialhilfe aus. Dadurch konsumierten die Türken mehr, was die Konjunktur ankurbelte. «Die Verbraucherausgaben waren aussergewöhnlich stark», sagte Volkswirt William Jackson von Capital Economics. Vor dem Urnengang hatte die Zentralbank die Zinssätze lange gesenkt, um mit billigem Geld Wachstum, Exporte und Investitionen anzuregen.

Wegen der hartnäckig hohen Inflation und der drastischen Abwertung der Landeswährung Lira hat die Notenbank aber mittlerweile einen Kurswechsel vollzogen. Der Leitzins wurde von 8,5 auf 25,0 Prozent heraufgesetzt. Damit soll die Inflation bekämpft werden. Aktuell liegt die Teuerungsrate bei fast 48 Prozent und dürfte im August nach Prognose von Ökonomen auf mehr als 55 Prozent gestiegen sein. «Im zweiten Halbjahr wird sich das Wachstum abschwächen», sagte Ökonom Jackson angesichts der gestiegenen Kreditkosten. Für das gesamte Jahr 2023 sagen Analysten ein Plus von 2,9 Prozent voraus.

Höhere Zinsen machen eine Währung für Investoren attraktiver. Der Kurs der türkischen Lira ist in den vergangenen zwei Jahren zum Dollar um rund 70 Prozent eingebrochen. Das macht Importe für das rohstoffarme Land teurer und trägt damit zur hohen Inflation bei.

(Reuters)