Die beiden Erzrivalen bauten am «Super Tuesday» bei den Vorwahlen ihrer Parteien wie erwartet ihre Siegesserien aus. Trump liess im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner keinen Zweifel daran aufkommen, dass er seiner einzigen verbliebenen parteiinternen Kontrahentin Nikki Haley haushoch überlegen ist. Der Ex-Präsident triumphierte im Laufe der Nacht in einem Bundesstaat nach dem anderen und setzte sich so von Haley nahezu uneinholbar weiter ab. Präsident Biden war derweil auf Kurs, jeden der 15 Bundesstaaten, in denen die Demokraten abstimmten, für sich zu entscheiden. Als Amtsinhaber gilt er in seiner Partei ohnehin als Kandidat gesetzt.

Dass Trump nach 2016 und 2020 ein drittes Mal von den Republikanern nominiert wird, daran bestanden schon vor dem «Super Tuesday» kaum Zweifel. Von bis dahin zehn Vorwahlen hatte er neun gewonnen. Am Dienstag kamen weitere erdrutschartige Siege hinzu. Wie die Demokraten wählten auch die Republikaner in 15 Bundesstaaten, so vielen wie an keinem anderen einzigen Tag. Quer durchs Land über mehrere Zeitzonen hinweg stimmten sie darüber ab, wen sie im November als Kandidaten in die eigentliche Präsidentschaftswahl schicken wollen.

Während im Westen die Wahllokale zum Teil noch geöffnet hatten, wurde von Osten her Trump in einem Bundesstaat nach dem anderen bei den Republikanern als Sieger ausgerufen - darunter in Maine, Virginia, North Carolina, Alabama, Arkansas, Colorado, Tennessee, Oklahoma und Texas. Haley konnte Prognosen zufolge im liberal gesonnenen Vermont punkten, lag aber ansonsten nahezu hoffnungslos zurück. Die ehemalige UN-Botschafterin war mit nur einem Sieg auf ihrem Konto in den Wahlmarathon gezogen. Der Druck auf die 52-Jährige aufzugeben, dürfte weiter wachsen.

Bei den Vorwahlen geht es für die Bewerber darum, möglichst viele Delegiertenstimmen zu sammeln. Diese Delegierten sind es, die auf den Parteitagen im Sommer letztlich die Kandidaten offiziell küren. Bei den Republikanern wurden am «Super Tuesday» auf einen Schlag 865 und damit mehr als ein Drittel aller verfügbaren Stimmen vergeben. Trump hatte vor dem Abstimmungsmarathon bereits mehr als 270 angesammelt. Für eine Nominierung braucht er formell mindestens 1215 Delegierte. Sein Wahlkampfstab peilt an, diese Zahl spätestens bei den Vorwahlen in zwei Wochen zu erreichen.

Biden und Trump schiessen sich aufeinander ein

Doch auch wenn er rein rechnerisch die Kandidatur am Super-Wahl-Dienstag noch nicht unter Dach und Fach bringen konnte, schoss Trump sich schon ganz auf Biden ein. «Der 5. November wird als allerwichtigster Tag in die Geschichte unseres Landes eingehen», sagte der 77-Jährige in einer Siegesrede auf seinem Luxus-Anwesen Mar-A-Lago in Florida. Er warf Biden Versagen bei der Einwanderungspolitik vor und bezeichnete ihn als «schlechtesten Präsidenten» aller Zeiten.

Biden konterte mit einer Erklärung, in der er Trump als Bedrohung für die Demokratie in den USA darstellte. «Die heutigen Ergebnisse stellen das amerikanische Volk vor eine klare Wahl: Werden wir weiter voranschreiten oder werden wir zulassen, dass Donald Trump uns in das Chaos, die Spaltung und die Dunkelheit zurückzieht, die seine Amtszeit prägten?»

Es war ein Ausblick auf den Schlagabtausch, den sich die beiden in den kommenden Monaten lieferten dürften. Doch bei aller Dominanz zeigten die Vorwahlen auch auf, wo potenzielle Schwächen der beiden Kontrahenten liegen. Ein nicht geringer Teil der republikanischen Wählerschaft wünscht sich etwa eine Rückkehr der Partei zu einer traditionelleren Ausrichtung, wie sie vorherrschte bevor Trump die Bühne eroberte. Auch bei Wählern mit höherem Bildungsabschluss und in urbanen Zentren hat Trump Schwierigkeiten. Er kann sich nicht erlauben, diese Wählergruppen dauerhaft zu vergraulen, denn spätestens im November wird er auf sie angewiesen sein.

Hinzu kommen seine zahlreichen juristischen Probleme. Bislang hat das seine Anhängerschaft jedoch nicht abgeschreckt. Trump sieht sich mit mehreren Klagen konfrontiert. Er hat die Vorwürfe zurückgewiesen und die Verfahren als politisch motivierte Hexenjagd kritisiert.

Zugutekommen könnte Trump seine Fixierung auf das Thema Einwanderung. Er hat einen deutlich schärferen Kurs angekündigt, um die illegale Einwanderung in den Griff zu bekommen. Wählerbefragungen des Datendienstleisters Edison Research in Kalifornien, North Carolina und Virginia zeigten, dass vielen Teilnehmern der republikanischen Vorwahlen das Thema besonders auf den Nägeln brennt. Viele machen sich auch Sorgen um die Wirtschaftslage.

Für Biden könnten sich daraus Probleme ergeben. Der «Super Tuesday» war für ihn zudem vor allem ein Test, wie die Stimmung in der eigenen Basis ist. Richtig glücklich sind viele Anhänger der Demokraten mit ihm als Kandidaten nicht. Den einen ist er mit 81 Jahren schlichtweg zu alt, andere sind enttäuscht, weil er sich ihrer Meinung nach nicht genug für Minderheiten oder den Klimaschutz eingesetzt hat. Ein nicht unerheblicher Teil kreidet Biden zudem an, im Gaza-Krieg zu sehr auf der Seite Israels zu stehen und zu wenig für die Palästinenser zu tun. Wie kürzlich bei der Vorwahl in Michigan verpassten am Dienstag auch ein Teil der Wähler in Minnesota Biden einen Denkzettel: 20 Prozent setzten laut Edison aus Protest ihr Kreuz nicht bei dem Präsidenten, sondern bei «unentschieden».

Dennoch scheinen die Weichen für ein Rückspiel im November zwischen Trump und Biden gestellt. Bereits 2020 traten sie gegeneinander an. Nur die Rollen sind diesmal vertauscht: Amtsinhaber ist nun Biden - und Trump der Herausforderer.

(Reuters)