Donald Trump ist im Prozess um Schweigegeld-Zahlungen für schuldig befunden worden, mit unklaren Folgen für die US-Präsidentschaftswahl im November. Die zwölf Geschworenen eines New Yorker Gerichts befanden den republikanischen Präsidentschaftsbewerber am Donnerstag in allen Anklagepunkten für schuldig. Trump ist damit der erste Präsident in der fast 250-jährigen Geschichte der USA, der wegen eines Verbrechens verurteilt wurde. Der 77-Jährige sprach von einer Schande und erklärte, das eigentliche Urteil werde bei der Wahl am 5. November vom Volk gefällt. Das Strafmass soll im Juli verkündet werden. Trump bleibt zunächst auf freiem Fuss und kann Berufung einlegen.

Trump nahm den Schuldspruch ohne Emotionen und mit geschlossenen Augen auf. «Das Urteil ist eine Schande», sagte er anschliessend. «Das war ein manipulierter Prozess durch einen korrupten Richter mit Interessenkonflikten.» Das Urteil der Geschworenen fiel nach zweitägigen Beratungen wie vom Gesetz vorgeschrieben einstimmig. Das Strafmass wird vom Richter festgelegt. Trump drohen theoretisch bis zu vier Jahre Haft. Dies wäre jedoch ungewöhnlich. Die Verkündung am 11. Juli wäre drei Tage vor dem Beginn des Parteikongresses der Republikaner, bei dem Trump formell zum Kandidaten seiner Partei nominiert werden soll. Selbst bei einer Haftstrafe könnte Trump weiter Wahlkampf treiben und bei einem Sieg den Amtseid ablegen.

Trump war vorgeworfen worden, vor der Wahl 2016 Geschäftsunterlagen im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an den Pornostar Stormy Daniels gefälscht zu haben. Sein persönlicher Anwalt Michael Cohen hatte Daniels das Geld gegeben, um eine Enthüllung über eine mutmassliche sexuelle Affäre 2006 zu verhindern. Trump hat eingeräumt, Cohen das Geld zurückgezahlt zu haben. Der Präsidentschaftsbewerber hat jedoch alle Vorwürfe zurückgewiesen und von einem politisch motivierten Verfahren gesprochen. Eine Affäre mit Daniels dementiert er. Die Anklage war von einer Anklagejury (grand jury) erhoben worden, vorangetrieben hatte sie der Staatsanwalt Alvin Bragg, ein Demokrat.

Das demokratische Wahlkampfteam von US-Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris erklärte, niemand stehe über dem Gesetz. Trump habe fälschlicherweise immer geglaubt, dass er nie mit Konsequenzen rechnen müsse, wenn er das Gesetz zu seinem persönlichen Vorteil bricht. «Es gibt nach wie vor nur eine Möglichkeit, Donald Trump aus dem Oval Office zu vertreiben: an der Wahlurne.» Die Aktien der Trump Media & Technology Group (TMTG), die das Online-Netzwerk Truth Social betreibt, gingen nach dem Schuldspruch zunächst auf Talfahrt. Sie brachen im nachbörslichen US-Handel um 14 Prozent ein. Analysten erklärten in ersten Reaktionen jedoch, die Folgen für die Aktienmärkte als Ganzes dürften gering sein.

Ob Trump die Verurteilung grundsätzlich bei seinem Bemühen um eine Wiederwahl im November schaden wird, war zunächst offen. In Umfragen liegt er zwar seit Wochen faktisch gleichauf mit Biden. Allerdings wies Trump in den als entscheidend geltenden Bundesstaaten zuletzt einen leichten Vorsprung auf. Einer Reuters/Ipsos-Umfrage vor einigen Tagen ergab die niedrigste Zustimmungsrate für Biden seit fast zwei Jahren. 40 Prozent der Befragten sagten, Trump habe bei seiner Präsidentschaft von 2017 bis 2021 eine bessere Wirtschaftspolitik gefahren als Biden. Auch bei der Einwanderung lag Trump mit 42 Prozent vor Biden mit 25 Prozent.

In ersten Reaktionen zeigten sich wohlhabende republikanische Spender vom Urteil unbeeindruckt. «Ich glaube, dass sich die Grossspender nach den Umfragen richten, nicht nach dem Urteil», sagte der Ölunternehmer Dan Eberhart. Der pro-republikanische Geschäftsmann Andy Sabin aus der Metallbranche, der bislang nicht für Trump gespendet hat, wurde deutlicher. Alle Spender, die er kenne, sei der Prozess egal, sagte er. «Egal, wie sehr sie Trump hassen, sie glauben, dass er verarscht wird.» Trump könne die Wahl auf jeden Fall gewinnen, fügte Sabin hinzu, «solange er seinen Mund hält».

(Reuters)