Die neun von AWP befragten Analysten erwarten für 2024 ein organisches Wachstum von 7,2 Prozent und einen Umsatz von 5,46 Milliarden Franken - dies im Vergleich zum firmeneigenen Zielwert von 6 bis 8 Prozent und der Vorjahresperiode von 5,2 Milliarden Franken. Im ersten Halbjahr wurde ein Plus von 7,0 Prozent erreicht (bestehend aus Preisanpassungen +6,1 Prozent, Volumenwachstum +0,9 Prozent), wobei das zweite Halbjahr wegen des Weihnachtsgeschäftes deutlich wichtiger ist als das erste Semester.

In Europa wird das Wachstum mit 8 Prozent, in Nordamerika mit 4,8 Prozent im Rest der Welt mit 11,3 Prozent geschätzt. Damit liegen alle Regionen unter den Wachstumsraten des Vorjahres, wobei sich besonders Nordamerika abgekühlt hat (von 11 Prozent).

Grundsätzlich sind sich Marktbeobachter ziemlich einig, dass Lindt das herausfordernde Umfeld (Konsumenten und Rohstoffe) im letzten Jahr sehr gut gemeistert hat und damit seine Position als struktureller Gewinner in dieser Situation unterstrichen hat. Trotz eines Preisanstiegs von rund 30 Prozent über die letzten 3 bis 4 Jahre, schreibt die UBS in einem Kommentar, hätten sich die Volumen mehr oder weniger flach entwickelt, was eine geringe Preiselastizität der Lindt-Produkte impliziere.

Ein Problem, das Lindt als reiner Schokoladenkonzern stark betrifft, ist der massiv gestiegene Kakaopreis. Während im vierten Quartal für eine Tonne noch weniger als 3’000 Britische Pfund bezahlt werden mussten, sind es mittlerweile 8’800, das Hoch im vergangenen April lag gar bei über 10'000. 

Dank Hedges könne Lindt den Kostenanstieg zwar hinauszögern und durch Preiserhöhungen kompensieren, meint ZKB-Analyst Patrick Schwendimann in einer Vorschau. Bisher sei er davon ausgegangen, dass sich die Situation für 2026 entspannen werde. Falls die Futures auf dem aktuellen Niveau verharrten, werde es jedoch für 2026 nochmals zu einem Kostenschub kommen. Die Volumen- und die Margenentwicklung für 2025 und 2026 würden deshalb anspruchsvoller, so der Analyst.

Überperformance gegenüber Mitstreiter inmitten schwierigem Umfeld

Das Unternehmen bestätigte Ende Juli bei Vorlage der Halbjahreszahlen die Anfang Jahr aufgestellten Ziele für 2024. Demnach soll ein organisches Umsatzwachstum von 6 bis 8 Prozent erzielt und die operative Gewinnmarge um 20 bis 40 Basispunkte (auf 15,8 bis 16,0 Prozent) verbessert werden. Dies entspricht auch dem mittel- bis langfristigen Zielkorridor. 

Bei der Margenverbesserung werde man eher im oberen Bereich abschneiden, hiess es zudem damals neu. Lindt wird gemäss eigenen Angaben einen Sondergewinn (in der Höhe von etwa 30 Millionen Franken) verbuchen, der aus einem gewonnen Prozess (gegen ein Logistikunternehmen in den USA) stammt.

Dennoch: Die Papiere von Lindt & Sprüngli haben seit einiger Zeit Mühe. Für die Namenaktien (97'600 Fr.) beträgt das Minus auf 52-Wochenbasis gut 6,5 Prozent, für den PS gut 4,5 Prozent. Im Vergleich zu anderen Schokoladen- bzw. Nahrungsmittel-Titeln wie Barry Callebaut, Nestlé oder Emmi, die alle deutlich zweistellig verloren haben, ist die Performance damit aber relativ gut. Der Gesamtmarkt (SPI) hat über die letzten 12 Monate dividendenbereinigt ein Plus von rund 6 Prozent erreicht.

Fünf Experten empfehlen die Lindt-Titel zum Kaufen. Hingegen empfehlen fast doppelt viele die Valoren des Schokoladeproduzenten zum Halten (8) und Verkaufen (2). Diese geteilten Meinungen zeigen sich auch im Kursziel. Das tiefste liegt bei 90’000 Franken, während das höchste bei 125’000 Franken liegt. Im Durchschnitt erwarten die Finanzanalysten den Kurs bei 110’600 Franken - das entspricht einem Kurspotenzial von knapp 13 Prozent.

Rückkäufe und Insider-Transaktionen als Kurstreiber oder -hindernis?

Der Schokoladen-Hersteller hat Anfang August ein Aktien- und PS-Rückkaufprogramm über ein Volumen von 500 Millionen Franken begonnen. Es läuft je über eine separate Handelslinie an der SIX. Die zurückgekauften Papiere sollen später vernichtet werden. Aktuell sind laut Angaben auf der Homepage Papiere im Wert von knapp 150 Millionen Franken zurückgekauft.

Das Lindt-Management (inkl. Verwaltungsrat) hat letztes Jahr eigene Papiere im Wert von weit über 100 Millionen Franken verkauft, 2023 waren es weniger als 100 Millionen gewesen. Gemäss SIX-Homepage fand der letzte Verkauf allerdings Ende September statt, seither gab es nur noch Käufe (im Volumen von 4,5 Millionen Franken). Die hohen Verkäufe haben unter anderem auch damit zu tun, dass das Lindt-Management zu einem guten Teil mit eigenen Aktien (oder PS) entschädigt wird.

(AWP/cash)