«Wenn es so bleibt, wie es steht, ist es, glaube ich, das, was die Märkte erwartet haben: eine schwarz-rote Regierung», sagte Achim Wambach, Präsident des ZEW, am Sonntagabend im Reuters-Interview.

Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim hatte vor der Wahl unter Börsianern einen wachsenden Konjunkturoptimismus gemessen - auch gespeist von der Hoffnung, dass es zu einer handlungsfähigen Regierung kommen würde. Es zeichne sich eine Zweidrittelmehrheit für Parteien der demokratischen Mitte im Parlament ab, sagte Wambach: «Das ist sozusagen eingepreist, aber es ist gut zu sehen, dass es - Stand jetzt - auch so gekommen ist.»

Letztlich hänge es vom Endergebnis ab, welche Parteien eine Koalition bilden müssten:«Die Gravität der Situation, in der sich Deutschland befindet und wie relevant eine stabile Regierung ist, das ist ja bei allen Parteien der Mitte angekommen.» Mit den entsprechenden parlamentarischen Mehrheiten könne eine Reform der Schuldenbremse angegangen oder auch ein Sondervermögen eingerichtet werden, meint Wambach. Eine Konstellation ohne die FDP und das BSW im Bundestag spreche dafür, dass es nicht nur zu einer stabilen, sondern auch zu einer handlungsfähigen Regierung kommen werde.

CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kündigte am Wahlabend an, «so schnell wie möglich» eine Regierung «mit einer guten parlamentarischen Mehrheit» bilden zu wollen: «Die Welt da draussen wartet nicht auf uns und sie wartet auch nicht auf langatmige Koalitionsgespräche und -verhandlungen.» Wambach sagte, die Parteien seien in der Tat gut beraten, nicht nur eine stabile Regierung zu bilden, sondern auch schnell zu handeln: Die Themen warteten nicht darauf, bis Koalitionsverhandlungen zu Ende geführt würden.

Die Probleme, die zum Zusammenbruch der Ampel-Regierung geführt hätten, seien nicht weg. Wirtschaftswachstum zu schaffen, die grüne Transformation sozialverträglich umzusetzen und die durch Russland heraufbeschworene sicherheitspolitische Herausforderung anzunehmen, sei «ein gewaltiges Paket» für die künftige Bundesregierung. Die Krise sei sozusagen «auf dem Tisch». Er habe den Eindruck, dass man nun bei Koalitionsverhandlungen wesentlich besser auf eine Lösung für diese Krisensituation vorbereitet sei, als dies beim Start der Ampel der Fall gewesen sei: «Ich bin schon optimistisch, dass die Parteien in den Koalitionsverhandlungen eine gemeinsame Lösung hinbekommen: Das ist Aufgabe der Politik, da etwas Gemeinsames hinzubekommen.»

Deutschland steckt in einer schweren Wirtschaftskrise: 2023 und 2024 ist das Bruttoinlandsprodukt um 0,3 Prozent und 0,2 Prozent geschrumpft. Kommt es zum dritten Rezessionsjahr in Folge, wäre dies die längste Flaute in der Geschichte der Bundesrepublik. Merz zeigte sich im Wahlkampf optimistisch, dass eine von ihm geführte Regierung die Krise überwinden werde.

(Reuters)