Mittlerweile kennt ihn wirklich jeder: Elon Musk. Früher bekannt als Innovationsleader, Tech-Gigant, oder Branchenrevolutionär. Mittlerweile verbindet man ihn eher als Donald Trumps rechte Hand. Er soll die Beratungsgruppe für Regierungseffizienz unter dem neuen US-Präsidenten leiten.

Somit ist er nahe an den Schalthebeln der Macht - und erhofft sich davon sicherlich auch Vorteile für seine Unternehmen. Schliesslich konnte der ohnehin schon reichste Mensch der Welt seit Anfang der Wahl von Donald Trump im November dank der Kurssteigerung der Tesla-Aktie sein Vermögen auf über 400 Milliarden US-Dollar vergrössern. 

Doch der Personenkult um Elon Musk könnte seinen gewinnbringenden E-Autobauer allerdings bald teuer zu stehen kommen. Denn die Frage steht im Raum: Hat Musk der Marke einen massiven Imageschaden beschert - und wird er dies weiter tun?

Tesla-Besitzer wenden sich ab

Schon seine "Doppelfunktion" als Unternehmensführer und De-Facto-Regierungsmitglied ruf Kritik hervor. «Elon Musk wird ein Büro im Weissen Haus haben. Das ist falsch. Man hat hier langjährig geltende Regeln umgangen, die speziell dafür da sind, Interessenkonflikte zu verhindern», sagte etwa CNN-Starmoderator Richard Quest im Interview mit cash.ch am WEF in Davos. 

Mehr noch polarisiert Musk mit seinen Äusserungen und Gebaren, die ihn an den politisch äussersten rechten Rand rücken lassen. Nach Trumps Amtseinführung provozierte Elon Musk mit einer Geste, den viele als «Hitlergruss» interpretierten. Das Wort «Tesla-Scham» macht mittlerweile die Runde. Tesla-Fahrer verzieren ihre Autos mit der Aufschrift «I bought this before Elon went crazy», also :«Ich habe dies gekauft, bevor Elon verrückt wurde». 

Musks Verhalten hat offenbar frühe Folgen fürs Geschäft. Zahlen des US-Marktforschungsunternehmens Caliber veranschaulichen den deutlichen Rückgang potenzieller Kunden, wie Reuters berichtet. Die Kaufabsicht der Befragten sei von 70 Prozent im Sommer 2022 auf inzwischen weniger als 40 Prozent gesunken. Die Ergebnisse der Umfrage scheinen von den letzten Unternehmenszahlen bestätigt zu werden. So lieferte Tesla im vierten Quartal und im vergangenen Jahr, zum ersten Mal in der Firmengeschichte, weniger Fahrzeuge an die Kunden aus als geplant.

«Dass Musk selbst zum Rückgang der Zahlen beiträgt, ist sehr wahrscheinlich. Schliesslich – und auch das zeigen unsere Umfragen – haben 83 Prozent der Amerikaner die Marke Tesla untrennbar mit der Person Elon Musk verknüpft», sagte Caliber-CEO Shahar Silbershatz zu Reuters.

Michael Lohscheller, CEO des Elektroautoherstellers Polestar, werden diese Entwicklungen freuen. Wie er gegenüber Bloomberg nicht uneigenützig erzählte, schrecke die zunehmend aktive Rolle, die Elon Musk in der Weltpolitik spielt, viele Kunden von Tesla ab und schaffe eine Chance für Polestar. «Viele Leute schreiben uns, dass ihnen das alles nicht gefällt», so Lohscheller. «Es ist wichtig, genau zuzuhören, was sie sagen. Und ich kann Ihnen sagen, dass viele Leute sehr, sehr negativ gestimmt sind.»

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer zeiht eine Parallele zu einem grossen Investment von Musk: «Elon Musk schadet mit seiner Parteinahme Tesla so, wie er auch schon Twitter geschadet hat. Und Tesla kann sich wegen der Abhängigkeit zu Musk nicht wehren», so Dudenhöffer bei 20 Minuten. Eigentlich sollte X für Musk eine Lehre sein. Zahlreiche Werbetreibende haben sich von der Plattform verabschiedet. Musk liess am letzten Wochenende denn auch verlauten, dass er mit dem Geschäftsverlauf von X nicht zufrieden sei. 

Aktienkurs im Rückwärtsgang

Nach dem Anstieg vor und nach den Präsidentschaftswahlen weist der Tesla-Aktienkurs seit rund sechs Wochen eine rückläufige Tendenz auf. Seit dem Allzeithoch Mitte Dezember bei 479,86 Dollar haben die Aktien rund 17 Prozent eingebüsst. 7 Prozent beträgt der Kursrückgang seit Trumps Amtsantritt Anfang letzter Woche.

Kursentwicklung von Tesla.

Laut der These der britischen Bank Barclays diente Tesla bis anhin als eine Stellvertretung für eine Investition in Elon Musk als Person. Obwohl sie weiter grosses Wachstumspotenzial für Tesla sieht, warnt die Bank, dass sich die öffentliche Wahrnehmung des Unternehmens derzeit von den tatsächlichen finanziellen Ergebnissen entferne. 

Auch Morningstar schätzt die Unsicherheit für den E-Auto-Pionier derzeit eher hoch ein. Laut dem Analysehaus sei das Unternehmen mit einem breiten Spektrum an möglichen Ergebnissen konfrontiert wie der Nachfragerückgang am Automobilmarkt oder die wachsende Konkurrenz.

Für die optimistischsten Tesla-Analysten der Wall Street, Piper Sandler, sind dies wohl keine Hindernisse. Sie schreiben: «Der Aufschwung von Tesla wird letztlich von neuen Möglichkeiten abhängen, wie etwa dem humanoiden Roboter Optimismus, den CEO Elon Musk als das 'grösste Produkt aller Zeiten' bezeichnet hat.»

Das durchschnittliche Zwölf-Monats-Kursziel der Analysten liegt bei 337,99 Dollar, was einem 17-prozentigen Abwärtspotenzial zum derzeitigen Kursniveau entspricht. Von 58 Analysten, die bei Bloomberg erfasst sind, empfehlen deren 14 die Titel zum Verkauf, 16 vergeben ein «Hold»-Rating und 28 sprechen eine Kaufempfehlung aus.

Analysten erwarten im Schnitt einen Umsatzzuwachs von 8 Prozent auf 27,2 Milliarden Dollar im vierten Quartal. Der Gewinn pro Aktie wird auf 0,74 bis 0,76 Dollar geschätzt, ein Zuwachs von sieben Prozent. Tesla veröffentlicht die Viertquartalszahlen 2024 am Mittwoch nach US-Börsenschluss.

Aisha Gutknecht arbeitet seit Juli 2024 als Redaktorin für cash.ch.
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