"Die Situation kann bewältigt werden. Sie ist unerfreulich, aber nicht fatal", sagte der russische Gouverneur der Krim, Sergej Axjonow, zu Journalisten. "Natürlich wurden Emotionen ausgelöst und es besteht ein gesunder Wunsch, Rache zu nehmen." Ein LKW war Samstagmorgen auf der Strassen- und Eisenbahnbrücke explodiert, sieben Treibstoff-Transportanhänger eines Güterzugs fingen Feuer, Teile der Fahrbahn stürzten ein. Drei Menschen starben nach russischen Angaben. Die Ursache und ob es sich um einen Unfall oder einen Angriff handelte, stand weiterhin nicht fest. In der Ukraine wurde der Vorfall gefeiert, Verantwortung wurde aber nicht übernommen.

Die 19 Kilometer lange Brücke führt über die Strasse von Kertsch, eine Meerenge zwischen dem Schwarzen und dem Asowschen Meer. Das Prestigeprojekt des russischen Präsidenten Wladimir Putin war 2018 vier Jahre nach Russlands völkerrechtswidriger Annexion der Krim eröffnet worden. Für Moskaus Kriegseinsatz in der Ukraine spielt die Brücke eine entscheidende Rolle, denn über sie wird vom russischen Festland ein erheblicher Teil des Nachschubs für die Soldaten auf der Krim und in der grösstenteils besetzten südukrainischen Region Cherson geliefert. Die Krim war in den vergangenen Monaten wiederholt Ziel ukrainischer Gegenangriffe. Unter anderem war dabei ein wichtiger Flugplatz getroffen worden.

Der Autoverkehr auf der Kertsch-Brücke war etwa zehn Stunden nach der Explosion eingeschränkt wieder angelaufen und auch dem Bahnverkehr wurde eine Freigabe erteilt. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums reichen die Treibstoffvorräte auf der Krim für einen Monat. Lebensmittel seien für mehr als zwei Monate ausreichend vorhanden. Die russischen Truppen in der Südukraine könnten zudem vollständig über bestehende Land- und Seewegsrouten versorgt werden. Putin ordnete verstärkte Sicherheitsvorkehrungen an. Politik-Experten wie James Nixey von der britischen Denkfabrik Chatham House zeigten sich jedoch skeptisch. Die Russen könnten die Brücke zwar reparieren. "Aber sie können sie nicht verteidigen, während sie einen Krieg verlieren", sagte er.

Tote in Saporischschja

In den vergangenen Wochen war es der Ukraine an mehreren Stellen gelungen, russische Soldaten zurückzudrängen und Ortschaften zurückzuerobern. Auch am Sonntag wurden neue Angriffe gemeldet. In der südostukrainischen Stadt Saporischschja wurden nach Angaben des Regionalgouverneurs mindestens zwölf Menschen bei einem Dutzend russischer Raketenangriffe in der Nacht getötet und 49 weitere ins Krankenhaus gebracht. Zu den Opfern zählten auch Kinder. Zahlreiche Gebäude seien zerstört oder beschädigt worden. "Unter den Trümmern sind vielleicht noch weitere Menschen." Rettungsarbeiten seien im Gange. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die die Angriffe befohlen und ausgeführt hätten.

Die Stadt Saporischschja befindet sich etwa 125 Kilometer entfernt von gleichnamigen, russisch-besetzten Atomkraftwerk, das in den vergangenen Monaten mehrfach unter Beschuss geriet. Russland und die Ukraine gaben sich dafür gegenseitig die Schuld. Die Angaben zur Lage auf den Schlachtfeldern lassen sich unabhängig kaum überprüfen.

(Reuters)